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IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

IRRE SEELEN - Thriller (German Edition)

Titel: IRRE SEELEN - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Masterton
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Auspufftöpfe, die ausgetauscht werden müssen, und drei Abgasuntersuchungen. Reifen sind nicht ganz so viele zu wechseln, aber man weiß ja nie. Die Leute fangen an, sich über ihre Reifen Gedanken zu machen, sobald die Straßen rutschig werden.«
    Er schniefte und fuhr dann fort: »Mein Cousin Waldo kann dir das Heck reparieren. Ihm gehört eine Karosseriewerkstatt drüben in Cudahy. Der macht dir einen Vorzugspreis.«
    »Wenn er so arbeitet wie der Cousin von dir, der mir die Schrottpresse repariert hat, dann verzichte ich dankend. Ich hab jetzt vermutlich die einzige Schrottpresse in ganz Amerika, die den Müll vergrößert.«
    Jack ging durch die Werkstatt ins Büro. Karen schrieb gerade Rechnungen, doch sie schaute auf, als er die Tür öffnete, und lächelte ihn an.
    »Hab nicht damit gerechnet, dass du heute reinkommst!«, erklärte sie ihm. »Wolltest du nicht nach Wauwatosa?«
    »Ich wollte dich sehen!«, antwortete er und schloss die Bürotür hinter sich.
    Karen arbeitete nun schon seit drei Jahren für ihn. Sie war 26 Jahre alt und hatte braunes, fülliges Haar. Auf ihre püppchenhafte Art wirkte sie mit ihrem Schmollmund und ihren künstlichen Wimpern sehr attraktiv. Meistens trug sie tief ausgeschnittene Strickwesten, keinen BH und enge Miniröcke. Wenn sie lief, wackelte sie mit dem Hintern. Die männliche Kundschaft von Reed Muffler & Tire fühlte sich stark zu ihr hingezogen, doch sie hatte nur Augen für Jack.
    Nicht dass sie miteinander rumgemacht hätten. Karen hatte gerade erst eine Verfügung gegen ihren zweiten Ehemann erwirkt, einen Truckerfahrer mit 140 Kilogramm Lebendgewicht namens Cecil, der ihr an zwei Stellen den Kiefer gebrochen hatte. Momentan gönnte sie sich eine »emotionale Auszeit«, wie sie es nannte, und kümmerte sich statt um Männer mit viel Hingabe um ihre Tochter aus erster Ehe, Sherry (eine Abkürzung für Sherrywine, die nichts mit dem alkoholischen Getränk zu tun hatte, wie sie stets eilig versicherte).
    Karen und Jack gingen gelegentlich kurz nach Feierabend auf ein Bier in die Kneipe gegenüber. Dann sprachen sie gefühlsduselig über alles, was geschah oder eben auch nicht und das, was niemals geschehen konnte.
    »Hast du dich wieder mit Maggie gezofft?«, erkundigte sie sich.
    »Na ja, nicht direkt.« Jack setzte sich an seinen Schreibtisch und fuhr sich über das Gesicht. Hinter ihm hing ein Kalender mit Nacktmodels, der in eher ungewöhnlicher Weise die Vorzüge eines Niederquerschnittsreifens vom Typ HRS-71 anpries.
    »Willst du einen Kaffee?«, erkundigte sich Karen. »Du siehst aus, als könntest du dringend einen gebrauchen.«
    Jack schüttelte den Kopf. »Ich brauche eher einen Jack Daniel’s und ein Bier zum Nachspülen.«
    »Na, so schlimm kann das Leben doch gar nicht sein«, entgegnete Karen und zog ihren pinken Cardigan aus Angorawolle ein Stück herunter, wodurch neben noch mehr Dekolleté auch eine vergoldete Halskette sichtbar wurde, auf deren Anhänger ihr Name stand.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Jack. »Vielleicht doch. Also stell dir mal vor, du hättest gerade etwas entdeckt, das genau das ist, was du immer gesucht hast, auch wenn dir das vorher gar nicht klar war. Aber du kannst es einfach nicht bekommen. Jedenfalls nicht, ohne alles andere in deinem Leben zu verlieren!«
    »Soll das jetzt ein Rätsel werden oder was?«, erkundigte sich Karen.
    »Na ja, so ungefähr!«, meinte Jack.
    Karen sah ihn lange an und kaute schweigend ihren Kaugummi. Dann sagte sie: »Willst du mir nicht einfach erzählen, was los ist?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich das kann!«, stellte Jack fest. Ihm war plötzlich ein Gedanke gekommen: Wenn er Karen eröffnete, dass er Reed Muffler & Tire verkaufen wollte, um einen Country Club zu eröffnen, würde er ihr die Sicherheit um ihren Arbeitsplatz unter den Füßen wegziehen wie einen billigen Teppich. Sie musste sich schließlich um Sherry kümmern. Auch die Jungs im Laden hatten ihre Familien, für die sie sorgen mussten. Wer würde Mike Karpasian anstellen? Schließlich war er bereits 75 Jahre alt, nuschelte extrem und sein Talent beschränkte sich auf das Anbringen von neuen Auspufftöpfen an Autos.
    Vielleicht verhielt sich Jack egoistischer, als er bislang gedacht hatte. Im Reader’s Digest hatte er etwas über die Wechseljahre bei Männern gelesen. Nach Jahren voller Verantwortung und Bescheidenheit neigten Männer mittleren Alters plötzlich zu einem Verhalten, das an pubertierende Teenager erinnerte.

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