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Irrfahrt durch die Düsterzone

Irrfahrt durch die Düsterzone

Titel: Irrfahrt durch die Düsterzone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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die vor und hinter ihm herrschte.
    Vor sich sah Necron etwas Schönes.
    Also rechnete er automatisch damit, daß ein Extrem darauf wartete, den Wanderer hereinzulegen. Er schloß für wenige Momente seine Augen – das Gespann verfiel auf einen Schrei hin in schnellen Trab, aus dem bald ein Galopp wurde – und dachte an den Zauber der klaren Sicht. Er hatte ihn von Quida gekauft, und er hatte einen horrenden Preis dafür gezahlt.
    Von irgendwoher kam eine Kraft, die ihn packte, seine Nerven und Adern mit einem berstenden Drang erfüllte. Er öffnete die Augen. Ihm war, als schösse ein gleißender Strahl aus jedem Augapfel, würde sich durch die Dunkelheit bohren und jeden Gegenstand, der in seinem Bereich lauerte, mit erschreckender Deutlichkeit zeigen. Necron stimmte ein lautloses Lachen an. Jenseits des lichterfüllten Streifens mit all seinen farbenfrohen Erscheinungen wartete das Fadentier.
    Er kannte die Fadentiere. Sie waren an ihren Geburtsort gefesselt, aber nicht ihre Glieder. Ihre Glieder waren Hunderte von Fäden, die sich wie Schlangen nach allen Richtungen fortbewegten und alles an sich rissen, was sie ertasteten.
    Genau hinter dem Weg, der auf die Brücke zuführte, auf der Brücke selbst und auch im See lauerte das riesige Fadentier. Es lauerte lautlos und noch unbeweglich. Noch einmal starrte Necron in die Richtung, sah die langen Fäden und zog am Zügel. Die Leitpferde zogen nach rechts, auf einen der Weichen Felsen zu. Fast sofort änderte sich das Geräusch der Hufe und Räder. Die Fracht im Schrein, in dem ovalen Aufbau, war mehr als nur kostbar – es handelte sich um Körper in verschiedenen Zustandsformen. Zur einen Hälfte waren es Körper von Abstrusen. Sie waren menschenähnlich. Die andere Hälfte seiner Fracht waren Tiere. Auch zwei Menschen aus Gorgan befanden sich in den Fächern, aus denen Kälte sickerte. Aber auch eine Vielzahl anderer Waren, eine jede ausgesucht wertvoll und entsprechend teuer, lagerte in den verschlossenen Vorratsbehältern des Schreins. Waffen und Gewürze gab es dort, magisches Gerät fehlte ebenso wenig wie versiegelte Krüge voll mit feurigem Wein. Die magischen Handelswaren setzte Necron, wenn es die Lage erforderte, zu seinem Schutz ein. Er dachte nicht daran, mit dem Fadentier zu kämpfen, denn mit einiger Sicherheit würde er dabei den Kürzeren ziehen.
    »Die genaue Kenntnis der Gefahren schützt vor unliebsamen Überraschungen«, sagte er sich laut und lenkte die Pferde zwischen zwei der dunkelblau schimmernden Felsen hindurch.
    Die Spitzen der Steine kippten hin und her. Knirschend bewegten sich die feinen Adern andersfarbigen Gesteins. Obwohl sich die Gestalt der weichen Felsmassen unaufhörlich veränderte, blieb die Oberfläche des Felsens hart und undurchdringlich. Man sagte, daß in den Steinen die Seelen von Gefangenen der Düsterzone steckten, die nach einem Spalt im Stein suchten, um zu entkommen und sich auf Wanderer stürzen zu können.
    Dumpf hämmerten die Hufe auf weichen Boden. Zwischen kleinen Pilzen und weichen Schwämmen verrottete das Laub der Gewächse.
    Necron wußte von diesem Weg, aber er kannte ihn nicht. Also ließ er seine Pferde langsamer werden und suchte in seiner Erinnerung nach einem einfachen Zauber, der ihn am Seeufer entlang zum Treffpunkt brachte. Der Treffpunkt selbst war eine winzige Zone, in der Sicherheit herrschte.
    Einige Schattenvögel flogen über dem Gefährt hin und her. Sie witterten das Fleisch der bewegungslosen Tiere, die Necron auch als Brutkörper anbieten wollte. Aber immer wieder schlug Necron mit der langstieligen Peitsche nach den Dunkelheitsgespenstern, die durch den Nebel flogen. Der Ausläufer des taghellen Streifens zog sich von den Steinen zurück und huschte über den See.
    Wegweiser des Wahnsinns oder Fingerzeige zum Tod nannten die Düsterleute diese Zeichen ihrer Welt. Am Tage konnte es oft dunkler sein als in der Nacht, nachts suchten überraschende Helligkeiten das Land heim. Pflanzen veränderten sich von Tag zu Tag, und immer wieder erschienen Tiere oder Bestien, die selbst Necron nicht kannte. Viele Trugbilder lösten einander ab. Meist war es unmöglich, zwischen Illusion und tödlicher Wirklichkeit zu unterscheiden.
    Es war nicht so, daß Necron übersinnliche Fähigkeiten besaß. Aber er war klug und lernte schnell. Er hatte sich entschlossen, sein Leben in der Düsterzone zu führen. Also versuchte er, jede Einzelheit richtig zu deuten. Bald erkannte er einige Gesetzmäßigkeiten

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