Irrfahrt durch die Düsterzone
schwarzen Staub hoch. Angstvoll wieherten die Tiere, und Necron fluchte laut. Der Schrein schwankte hin und her, die Gurte und die ledernen Federn knirschten grauenvoll. Dumpf schlugen Teile der Ladung gegeneinander und gegen die Wandungen der Vorschläge. Die Brutkörper wurden umhergeschleudert. Vor sich sah Necron nun die Wirklichkeit.
Einst war ein Himmelsstein eingeschlagen und hatte einen großen, flachen Krater hinterlassen. Pflanzen hatten sich des heißen Bodens bemächtigt und waren entartet. Und jetzt breitete sich eine einzige, riesige Pflanze im Krater aus und lag flach über dem rotglühenden Boden. An der Stelle, wo das Gespann jäh abgebogen war, hoben sich die Äste und Ranken wie die Schlangenarme des Fadentieres und züngelten durch die Luft. Auch dort, wo Necron jetzt entlangfuhr, kam wildes, gieriges Leben in die Gewächse. Ab und zu warf der Alleshändler einen raschen Blick dorthin. Zwischen den schwarzen und braunen Strünken und Dornen entdeckte Necron weiße Skelette und Teile von Skeletten. Er riß immer wieder an der Bremse, und schließlich wurde die Fahrt des Schreines ruhiger.
In weitem Abstand umfuhr Necron den Krater.
»Wären wir geradeaus gefahren…«, begann er im Selbstgespräch und schauderte. Die Pferde würden geradeaus gelaufen sein. Der Wagen selbst würde in einem riesigen Sprung mitten unter den gierigen Stengeln auseinandergebrochen sein. Und dann wären sie alle von den Ranken erwürgt und ausgesogen worden. Auch die Brutkörper und natürlich auch der mehr als sechs Fuß große Körper Necrons.
Er ärgerte sich über sich selbst.
Gleichzeitig, mit seiner Stimme ruhig auf die Tiere einredend, sagte er sich, daß er wieder einmal gelernt hatte. Niemals wieder würde er ein ungewohntes Bild als gegeben hinnehmen; stets mußte er sich zweimal, besser dreimal vergewissern.
Er beruhigte sich erst, als ihm der Geruch des Treibenden Landes entgegenschlug.
Seit dem letzten Händedruck Miesels hatte Necron nur Selbstgespräche geführt. Nicht, daß es ihn sonderlich störte – er war es gewohnt. Nicht gewohnt allerdings war er den Umstand, daß er über eine so weite Strecke hinweg keinen einzigen Düsterling getroffen hatte.
Er zog an den Zügeln, sprang vom Bock und ging zwischen den Pferden hindurch bis zu den beiden Leittieren. Er klopfte die Hälse der Tiere, teilte hartes Brot und winzige Honigkristalle aus, die sie mit weichen Mäulern aus seinen Händen fraßen, redete leise mit den Pferden. Es folgte für seine Tiere und ihn ein schwieriger Abschnitt.
Dann löste er die Schnallen, von denen die Kufen gehalten wurden. Breite, aus Holz und Metall gefertigte Bretter, an den Spitzen aufgebogen, enthielten sie an der Oberfläche Rasten für die Felgen. Sorgfältig befestigte Necron an jedem Rad eine solche Kufe und vergewisserte sich, daß sie fest genug saßen.
Dann packte er die Zügel der beiden ersten Tiere. Er überlegte, ließ sie wieder los und holte die Peitsche und die gespannte Armbrust von hinten.
»Und jetzt warten wir auf die Mondscholle!« sagte er und zog die Tiere mit sich. Sie näherten sich dem Rand des wirbelnden Sumpfes. Ein großes Gebiet mit fünf runden Ausbuchtungen bestand aus zähflüssigem Sumpf, auf dem einzelne feste Gebiete trieben. Ein Strudel erzeugte eine recht gleichmäßige Bewegung an der Oberfläche des Sumpfes. Die Schollen bestanden aus abgestorbenen Pflanzen und mitgerissenen Erdmassen, die sich im Lauf unendlich langer Zeiten zu einer festen Masse verbacken hatten, von Myriaden feiner und feinster Wurzelhärchen zusammengehalten. Einige der Schollen hatte Necron markiert. Er wußte, welche von ihnen eine Bahn nahmen, die ihn ans andere Ufer des Treibenden Landes brachten.
Die Mondscholle, ein besonders großes Stück mit klarem Wasser und genügend Futter für seine Pferde, brauchte drei Tage dazu. In dieser Zeit driftete die Scholle hin und her, drehte sich und erreichte das gegenüberliegende Ufer des Wirbelsumpfes. Ein Landstück glich dem anderen wie ein Zwilling seinem Bruder – Necron hatte nicht nur die Mondscholle, sondern auch drei andere Stücke festen Landes deutlich markiert. Seine Zeichen waren nur für ihn erkennbar.
Der Sumpf stank nicht weniger als die Schafböcke von Miesel, dem Fledderer.
Aber es war ein anderer Gestank. Die Tiere rochen stechend scharf nach Schweiß und den Ausdünstungen ihrer Drüsen. Der Sumpf hingegen roch nach fauligem Wasser, nach stinkenden Pflanzen und den Ausdünstungen der
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