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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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gar nichts glauben. Gar nichts”, Rottler begann jetzt beinahe hysterisch zu schreien, „gar nichts werden Sie mir glauben, mir, einem Betrüger und Schwindler, einem Ganoven, der ich in Ihren Augen bin, ein mieser Steuerhinterzieher, der sich der Beihilfe zum Millionenschwindel schuldig gemacht hat.” Er unterbrach, ohne die Mikrofontaste loszulassen. Dann fragte er plötzlich: „Haben Sie eigentlich den Giftzwerg eingelocht?”
    Häberle wartete einen Augenblick. „Das ist Sache der Steuerfahndung”, erklärte er ruhig. „Wir haben aber inzwischen die Frau Schneider festnehmen lassen, weil wir davon überzeugt sind, dass sie den Herrn Mosbrucker erschossen hat.”
    Die Antwort ließ auf sich warten. „Lassen Sie doch Ihr salbungsvolles Geschwätz. Sie sind doch davon überzeugt, dass ich es war”, schrie er plötzlich wie von Sinnen.
    Häberle wartete. Als er gerade den Knopf drücken wollte, meldete sich die Stimme erneut: „Häberle, es ist aus. Mir bleibt keine andere Wahl.”
     

37
    Ein Aufschrei ging durch die Menschenmenge, die in respektablem Abstand zum Münster in der angrenzenden Fußgängerzone Hirschstraße stand. Die Polizei hatte im Bereich des Wöhrl-Centers die Straße mit rot-weißen Bändern abgesperrt und mehrere junge Beamte postiert. Noch immer kreiste ein Streifenwagen um das Münster und forderte mit Lautsprecher-Durchsagen die Menschen auf, den Bereich rund um die Kirche zu verlassen.
    Der Aufschrei hatte dem Sportflugzeug gegolten, das plötzlich an Höhe verlor und direkt, von rechts kommend, auf die Spitze des Turmes zusteuerte. Erst im letzten Moment, so schien es, legte es der Pilot in eine steile Rechtskurve und drehte ab. Der Motor heulte auf.
     
    Rottler, der Pilot, schwitzte. Melanie Steinke, seine Begleiterin, hielt sich bei jeder Steilkurve an einem Wulst des Armaturenbretts fest oder sie umklammerte den Sitz. Sie versuchte ein Lächeln, doch es war ihr nicht mehr danach. Das Flugzeug legte sich wieder waagrecht in die Luft und überflog, keine 200 Meter mehr über der Stadt, die Donau nach Neu-Ulm hinüber.
    Melanie Steinke beobachtete ihren Geliebten, der nervös und hektisch den Luftraum im Auge behielt. Ihm lief der Schweiß in Strömen von der Stirn. Seine Augen, die hinter einer Sonnenbrille verborgen waren, blitzten gefährlich. Er atmete schnell und hektisch und schien wie verwandelt zu sein.
    Melanie Steinke hatte die Gespräche der vergangenen Minuten mit Entsetzen verfolgt. Alles war so schnell gegangen. Sie hatte den Eindruck, als habe sich mit einem Schlag die Welt verändert, als sei ein Paradies in sich zusammengestürzt. Jetzt, da er den Funkverkehr beendet hatte, wagte sie, ihn anzusprechen: „Olaf”, brach sie ihr langes Schweigen, „sag’ mir, was hast du mit der Sache auf der Hahnweide zu tun?”
    „Ach”, machte er und winkte ab. Er würdigte sie keines Seitenblickes. Stattdessen legte er die Maschine abrupt in eine enge Linkskurve. Die rechte Tragfläche, das bekam seine Begleiterin sogleich zu spüren, hob sich zum Himmel, der Motor dröhnte und Rottler blickte durch das linke Seitenfenster auf den Münsterplatz hinüber. An ihm entlang gruppierten sich unzählige Einsatzfahrzeuge, teilweise mit rotierendem Blaulicht. In den angrenzenden Gassen und Straßen, die alle abgesperrt schienen, drängten sich Menschenmassen.
    Die Cessna drehte sich scharf nach links, Rottler nahm das Gas weg, setzte Landeklappen und ließ die Maschine auf die näher kommende Spitze des Münsters zurauschen. „Bist du des Wahnsinns?”, entfuhr es seiner Begleiterin, die ihn reflexartig an der rechten Schulter packte und schüttelte. Doch Rottler lächelte nur. Sein Gesicht glänzte schweißnass. „Bist du des Wahnsinns?”, schrie Melanie Steinke nochmal, „lass das, ich will hier raus, lass das, verdammt noch mal.”
     
    Häberle und die Führungskräfte der Ulmer Polizeidirektion waren inzwischen mit dem tragbaren Flugfunkgerät aus dem Gebäude geeilt. Vor dem Torbogen, der den Zugang in den dreieckigen Innenhof begrenzte, stand ein Mercedes-Streifenwagen. Von hier aus bot sich über das schneeweiße Stadthaus hinweg, das den Münsterplatz in dieser Ecke begrenzte, ein Blick zu dem filigranen Turm, der sich vor dem tiefblauen Himmel abhob. Häberle legte das Funkgerät auf dem Rücksitz des Polizeifahrzeugs ab und sah mit zusammengekniffenen Augen nach oben, als sich das Motorengeräusch der Cessna näherte. Den Kriminalisten stockte der Atem.
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