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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Boss! Ich hab’ befolgt, was du angeordnet hast. Aus reiner Angst, dass du mich rausschmeißt! Ich hab’ für dich die Konten angelegt, in Samedan, nur für dich! War’s so? Ja, war’s so?” Rottlers Stimme hatte plötzlich etwas Triumphales. „Und für dich”, fuhr er fort, „für dich geh’ ich nicht in den Knast. Niemals. Hast du kapiert?”
    Steinke zögerte. Seine Augen folgten dem schmalen Asphaltband der Bundesstraße 10, das sich in weiten Bögen dem Geländeverlauf anpasste – in Richtung Ulm.
    Er holte noch einmal tief Luft, dann drückte er den Mikrofonknopf, schweißgebadet, zitternd, erschöpft. Mit gebrochener Stimme sagte er: „Es war so”, es folgte eine kurze Pause, dann wiederholte er, als müsse er es bestätigen: „Ja, es war so.” Dann ließ er den Mikrofonknopf los, drückte die schweißnasse Stirn gegen die vibrierende Seitenscheibe und spürte, wie sein Körper energielos geworden war. Er blickte apathisch auf die weiten Getreidefelder hinab, die schnell an ihnen vorbeizogen. Er versuchte, für einen Augenblick an nichts zu denken. Auch nicht an seine Zukunft. Sein Lebenswerk war innerhalb weniger Tage zerstört worden.
     

36
    Die Männer im Lehrsaal der Ulmer Polizeidirektion hatten dem Funkgespräch stumm und zeitweilig atemlos gelauscht. Häberle brach als erster das Schweigen: „Na also, dann ist die Gefahr wohl gebannt.” Er griff zum Mikrofon des Flugfunkgeräts. „Hier spricht Häberle. Herr Rottler, melden Sie sich.”
    Sofort ertönte dessen triumphierende Stimme: „Sie sehen, ich bin absolut clean.”
    „Dann haben Sie erreicht, was Sie wollten”, stellte Häberle gelassen fest und lehnte sich auf dem unbequemen Stuhl zurück, „dann steht ja, nehm’ ich an, Ihrer Landung nichts mehr im Wege.”
    „Gemach, gemach, Herr Kommissar”, kam die spontane Antwort. „Sie haben das Wichtigste vergessen. Sie werden mir jetzt zusichern, dass ich unbehelligt, verstehen Sie, unbehelligt abfliegen kann.”
    Häberle kniff die Augen zusammen und blickte nacheinander seine Kollegen an. „Haben Sie überhaupt noch genügend Sprit?”
    Rottler höhnte: „Halten Sie mich für so einen Stümper? Außerdem liegt’s einzig und allein an Ihnen, eine Katastrophe zu verhindern.”
    „Was haben Sie denn jetzt noch zu befürchten?”, fragte der Kommissar, wohl wissend, dass da noch eine andere, viel größere Sache im Raum stand, die er aber unter diesen Bedingungen tunlichst nicht ansprechen wollte.
    Dafür tat es Rottler: „Sie wollen mir doch diesen Mord anhängen, stimmt’s?”
    Häberle holte tief Luft. Jetzt konnte es gefährlich werden.
    Rottler schien ungeduldig zu werden: „Hab’ ich Recht, Häberle?”, tönte die Stimme laut. Die Männer im Raum blieben regungslos an ihren Plätzen. Keiner von ihnen wollte jetzt in Häberles Haut stecken.
    Der Kommissar starrte die weiße Wand an und drückte den Mikrofonknopf. „Wir ermitteln in dieser Sache noch.”
    „Ha, ermitteln! Für Sie steht doch fest, dass nur ich es war, der die Frau auf der Hahnweide totgeschlagen hat. Geben Sie’s doch zu, verdammt und sagen Sie doch wenigstens, was Sie denken!”
    Häberle spürte, wie er wieder stärker zu schwitzen begann. „Wir überprüfen verschiedene Spuren”, versuchte er Zeit zu gewinnen, „bisher alles Routine. Nichts, wovor Sie sich fürchten müssten.”
    Rottlers Stimme klang plötzlich noch gefährlicher: „Wenn ich Ihnen sage, wie’s wirklich war, werden Sie mir nicht glauben – keinen Ton werden Sie mir glauben. Und doch ist es so gewesen, wie ich es Ihnen sage.”
    Der Kriminalist verengte die Augenbrauen. Jetzt galt es, Ruhe zu bewahren und jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Er erwiderte: „Dann sagen Sie es! Wir sind bereit, allen Hinweisen nachzugehen. Selbstverständlich.”
    Eine kurze Pause trat ein. Rottler trumpfte wieder auf: „Hätten Ihre Spurensicherer nicht so stümperhaft und dilettantisch gearbeitet, hättet ihr das rauskriegen müssen. Um ehrlich zu sein, ich bin enttäuscht. Aber für euch stand ja sofort fest, dass es da einen Täter geben muss. Einen Mörder, natürlich – einen Mörder!” Die Stimme nahm erneut einen gefährlichen Unterton an.
    „Dann landen Sie jetzt und erzählen Sie mir, wie’s war. In aller Ruhe.” Häberle versuchte so einfühlsam wie möglich zu wirken.
    Doch sein Gesprächspartner blieb hart und machte keinerlei Anstalten, darauf einzugehen: „Quatschen Sie doch nicht rum, Herr Kommissar! Sie werden mir

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