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Irrflug

Irrflug

Titel: Irrflug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Westen. Was dies bedeutete, wusste sie längst, schließlich war sie schon x-mal in Konstanz gelandet. Sie brauchte deshalb auch keinen Blick auf die Anflugkarte zu werfen. Die Modalitäten besagten, dass sie den Flugplatz in einer Höhe von 3000 Fuß über Normalnull, was etwa tausend Meter sind, quer überfliegen musste, um dann sogleich eine Linkskurve zu beschreiben und sich in die so genannte Platzrunde einzufädeln. Die Orientierung war hier einfach. Der Flugplatz lag dicht an der weithin erkennbaren, weil von Bäumen gesäumten Zufahrt zur Insel Reichenau. Schon meilenweit waren bei einem Wetter wie heute die dortigen Gewächshäuser zu erkennen, die sich im Sonnenlicht spiegelten. Als sie den Flugplatz, eine Graspiste, überflogen hatte, legte Svea Heinemann ihre Cessna in eine Linkskurve, um nun dort, wo ein flaschenhalsartiger Ausläufer des Bodensees sich zum Untersee windet, für kurze Zeit die Stadt anzusteuern. Noch vor einer Straßenbrücke musste sie ihren Flieger erneut kräftig nach links ziehen – die Landeklappen auf 20 Grad ausgefahren, den Hebel für die Vergaservorwärmung gezogen, den Gashebel ebenfalls zurückgenommen. Der Motor wurde leiser, der Zeiger des Höhenmessers drehte sich entgegen des Uhrzeigersinns. Als die Cessna nun auf die Landebahn zeigte, westwärts, befand sich das Flugzeug noch in einer Höhe von 1600 Fuß – und damit 300 Fuß über Grund. Svea Heinemann behielt jetzt alle Instrumente im Auge: Geschwindigkeitsanzeige, Höhenmesser, Umdrehungszahl des Motors. Die flachen Gebäude des Gewerbegebiets, das nur durch eine Straße vom Zaun des Flugplatzes getrennt war, kamen näher. Svea Heinemann spürte leichten Seitenwand, steuerte nach und konzentrierte sich auf das kurze Stück Wiese, das mit rot-weißen Markierungen begrenzt war. Sie nahm das Gas vollends heraus und drückte die Taste für die Landeklappen bis zum Anschlag. Die Cessna schwebte jetzt wie ein Segelflugzeug dem Landepunkt entgegen. Die Pilotin sah, dass drüben auf den Parkflächen des Flugplatzes keine einzige Maschine stand. Sie ließ ihre Cessna dicht an die Piste heranschweben, zog das Höhenruder, um die Geschwindigkeit weiter zu reduzieren, auf 40 Knoten, um dann das Fahrwerk sanft den Grasboden berühren zu lassen. Kurz zuvor noch hatte es einen Piepston gegeben, die Überziehwarnung. Sie signalisiert dem Piloten, dass die Luftströmung nicht mehr an den Tragflächen anliegt, weil die Geschwindigkeit zu gering ist.
    Ein Rumpeln und Schütteln ging durch die Cessna, als sie über die ziemlich unebene Wiese dieses Flugplatzes rollte. Svea Heinemann, die eine kurze Jeanshose und eine ärmellose hellblaue Bluse trug, drückte den Hebel für die Vergaservorwärmung wieder zurück und brachte die Landeklappen in die Normalstellung. Wenig später war die Cessna ausgerollt. Die Pilotin griff zum Gashebel, drückte ihn, bis sich der Propeller wieder in den Luftmassen festklammern und das Flugzeug ziehen konnte. Mit den Füßen betätigte die junge Frau das Seitenruder, das gleichzeitig die Steuerung für das Bugrad war. Sie manövrierte die Cessna zu einer Abstellfläche links des Towers, wo Kurzbesucher parken durften. In einem engen Bogen drehte sie die Maschine vollständig um, so dass sie gleich wieder mit dem Cockpit zur Landebahn zeigte.
    Das Ausschalten des Motors war reine Routine. Svea Heinemann strich sich durchs lange blonde Haar und stieg aus. Als sie ihre langen Beine ins Freie baumeln ließ, spürte sie den warmen Sommerwind, der draußen auf dem See die Segelboote vor sich hertrieb und der sie im Landeanflug leicht versetzt hatte.
    Die junge Frau nahm nur eine kleine Handtasche mit, als sie aus der rot-weißen Maschine stieg und über den Grasboden zum Tower hinüberging, der am Ende einer Reihe von Flughallen stand. Schon auf dieser kurzen Wegstrecke kam der Pilotin die Hitze unerträglich vor. Daran konnte auch der leichte Wind nichts ändern. Sie öffnete die Tür zum Tower und empfand die Kühle, die ihr entgegenschlug, als angenehm. Der Flugleiter hatte die kesse Pilotin mit den Hotpants bereits kommen sehen. Er kannte sie seit Langem. Als sie jetzt die Treppe herauf kam, lächelte er ihr zu: „Hallo, willkommen am Bodensee.”
    Sie wirkte kühl, wie immer und warf ihr langes blondes Haar nach hinten.
    „Hi”, sagte sie, „bei euch gar nichts los, heut?”
    Der ältere Herr im blauen Overall und mit hochgekrempelten Ärmeln, blickte durch die schräg nach unten verlaufenden Fenster

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