Irrgarten Der Liebe
Kanapee
Und einer alten Wärterin,
(Er strich dem Jüngferchen das Kinn)
Im Austragsstüberl recht gemütlich,
Und thu mir an Erinnrung gütlich.
Still, meine gute Gabriele,
Du liebe, letztgetreue Seele .....«
Das alte Mädchen nickte leis
Und beugte tief ihr Haupt dem Greis,
Der seine Hände auf sie legte.
Mir wars, als ob sichs sachte regte
An ihrer Schulter zitterzart
Wie Flügelschlag verborgener Art.
Dann sah er scharf mir ins Gesicht:
»Du, höre Sohn, verrat mich nicht!
Daß sie mich nicht noch einmal stören,
Mit Opferdünsten, Bittechören
In ihrer
neuen
Qual und Not:
Ich bin unauferstehlich tot
!«
Jetzt war sein Auge sturmesgrau,
Und seine Worte klangen rauh,
Und ich erschrak im Herzen tief,
Und wußte, wer die Worte rief,
Und wollte gehn und wandte mich;
Da klang es wieder sänftiglich:
»Bleib nur, mein Sohn, und sieh die Stadt,
An der dein junges Herz schon satt;
Bleib nur bei mir ganz ohne Scheu.
Ich bin euch Deutschen heut noch treu,
Wenn ihr auch derb mir zugesetzt
Und furchtbar gründlich mich gehetzt
Durch eure graue Philosophie.
Die
wilde Jagd vergeß ich nie!«
Er schob mich sanft zur Thür hinaus.
Still war und hell die Luft da drauß.
Hoch über uns die schwarze Leere,
Zu Füßen tiefst die Sternenheere.
»Wo ist der Turm denn festgesetzt?«
»Mein Seel! Der Deutsche fragt noch jetzt!
Könnt ihr denn nie das Fragen lassen?
Du wirst den ganzen Blick verpassen.
Paß auf! Schau dort: im rechten Eck,
Siehst du den gelben Flammefleck?«
Er deutet aus. Ich folge: »Wohl!«
»Siehst du! Lateinisch heißt ihrs Sol;
Die Sonne das. Es spritzt herum
Wie Bienenschwarm mit Bienensumm
Bunt eine Funkenglitzerherde;
Das weiße Glitzchen nennt ihr Erde.
Du sollst sie dir genau besehn,
Wir wollen etwas näher gehn.«
Und wie im Fahrstuhl sanken wir
Gemächlich durch das Weltrevier,
Von Surresumm allwegs begleitet,
Bis unten sich die Erde breitet.
Die Erde?
Meine Blicke spähten
Und sahen einen Fetzen Tuch,
Den bunte Flicken übersäten.
Und spöttisch sprach der Alte: »Such,
Such deine Stadt, an der du satt,
Was sie für eine Farbe hat
In dieser bunten Narrenjacke.
Denn wisse: Eine reine Schlacke
Ist jeder Stern; der Menschen Hand
Wirft über sie das Buntgewand
Und meint, sie mache damit Staat
Im großen Weltenhohenrat.
Koketterie und Mummenschanz
Ist dieser ganze Tummeltanz.
Mir wenigstens wills also scheinen,
Wenn ich einmal herunter seh
Auf dieses bunte Zeug von meinem
Blaßblaugeblümten Kanapee.«
Er lachte, stieß mich in die Seite:
»Was meinst du von dem Erdenkleide,
Mein Staunekindchen? Schau nur, schau:
Hier schwarz, hier grün, hier rot, hier grau,
Hier weiß, hier gelb, hier blau, hier braun;
Ist das nicht lustig anzuschaun?
Nur bitt ich: Schau mir nicht hinein,
Sonst fliegt davon der schöne Schein,
Und eine Wahrheit liegt am Grund,
Die für euch Menschen nicht gesund.«
Ich hörte nicht des Alten Spruch.
Ich sah aufs bunte Erdentuch.
Oh blutig Rot, wie Flammenwut!
Oh giftig gelbe Giereglut!
Oh kaltes Weiß! Oh Gramesgrau!
Oh Schwarz, wie steiniger Acker rauh!
Das Blau verblaßt, das Grün verdrängt,
Von bösen Farben eingeengt ...
Da ward mein Blick mir müd und matt.
Der Alte nur gelächelt hat
Und schob mir unter seinen Arm
Und führte mich in die Stube warm
Und sah mir ernsthaft ins Gesicht:
»Du höre, Sohn, verrat mich nicht!
Ich sah dem Ding zu lange zu,
Nun will ich endlich meine Ruh.
Doch du, wenn du heruntersteigst,
Daß du mir nun nicht Wehmut geigst,
Weil du gesehn die Narrenjacke:
Nein, Junge, hoch das Herz und packe
Die Flinte fest und gehe kühn
Ins Zeug fürs arme Blau und Grün;
Und geht dirs bös in diesem Kampfe,
So denke still im Pulverdampfe
An Herrgottsruh und den Rentier
Im blaugeblümten Kanapee.«
Pans Flucht
(Herrn Felix Mottl zugeeignet.)
Grün umbuscht und bunt umblüht,
Mittagssonnenüberglüht,
Inselheckensicher sitzt
Pan und schnitzt.
Schnitzt aus Fliederholze sich
Eine Flöte meisterlich;
Und er setzt sie an den Bart
Fliederzart.
Zierlich, sacht,
Und er lacht:
Blas ich damit auf dem See
In der Nacht,
Wird den wackern Dichtern weh
In der Nacht.
Blas ich damit süß am Tage,
Ach!
Weck ich ihnen Dichterklage,
Ach!
Wehe, weh mir armem Pan,
Was ich thu ist mißgethan,
Denn, dieweil ich schlief, indessen
Haben sie es ganz vergessen,
Wie sichs lacht.
Leise
Weitere Kostenlose Bücher