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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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Kanapee
    Und einer alten Wärterin,
    (Er strich dem Jüngferchen das Kinn)
    Im Austragsstüberl recht gemütlich,
    Und thu mir an Erinnrung gütlich.
    Still, meine gute Gabriele,
    Du liebe, letztgetreue Seele .....«
     
    Das alte Mädchen nickte leis
    Und beugte tief ihr Haupt dem Greis,
    Der seine Hände auf sie legte.
    Mir wars, als ob sichs sachte regte
    An ihrer Schulter zitterzart
    Wie Flügelschlag verborgener Art.
     
    Dann sah er scharf mir ins Gesicht:
    »Du, höre Sohn, verrat mich nicht!
    Daß sie mich nicht noch einmal stören,
    Mit Opferdünsten, Bittechören
    In ihrer
neuen
Qual und Not:
    Ich bin unauferstehlich tot

     
    Jetzt war sein Auge sturmesgrau,
    Und seine Worte klangen rauh,
    Und ich erschrak im Herzen tief,
    Und wußte, wer die Worte rief,
    Und wollte gehn und wandte mich;
    Da klang es wieder sänftiglich:
    »Bleib nur, mein Sohn, und sieh die Stadt,
    An der dein junges Herz schon satt;
    Bleib nur bei mir ganz ohne Scheu.
    Ich bin euch Deutschen heut noch treu,
    Wenn ihr auch derb mir zugesetzt
    Und furchtbar gründlich mich gehetzt
    Durch eure graue Philosophie.
    Die
wilde Jagd vergeß ich nie!«
     
    Er schob mich sanft zur Thür hinaus.
    Still war und hell die Luft da drauß.
    Hoch über uns die schwarze Leere,
    Zu Füßen tiefst die Sternenheere.
     
    »Wo ist der Turm denn festgesetzt?«
    »Mein Seel! Der Deutsche fragt noch jetzt!
    Könnt ihr denn nie das Fragen lassen?
    Du wirst den ganzen Blick verpassen.
    Paß auf! Schau dort: im rechten Eck,
    Siehst du den gelben Flammefleck?«
     
    Er deutet aus. Ich folge: »Wohl!«
    »Siehst du! Lateinisch heißt ihrs Sol;
    Die Sonne das. Es spritzt herum
    Wie Bienenschwarm mit Bienensumm
    Bunt eine Funkenglitzerherde;
    Das weiße Glitzchen nennt ihr Erde.
    Du sollst sie dir genau besehn,
    Wir wollen etwas näher gehn.«
    Und wie im Fahrstuhl sanken wir
    Gemächlich durch das Weltrevier,
    Von Surresumm allwegs begleitet,
    Bis unten sich die Erde breitet.
     
    Die Erde?
    Meine Blicke spähten
    Und sahen einen Fetzen Tuch,
    Den bunte Flicken übersäten.
     
    Und spöttisch sprach der Alte: »Such,
    Such deine Stadt, an der du satt,
    Was sie für eine Farbe hat
    In dieser bunten Narrenjacke.
    Denn wisse: Eine reine Schlacke
    Ist jeder Stern; der Menschen Hand
    Wirft über sie das Buntgewand
    Und meint, sie mache damit Staat
    Im großen Weltenhohenrat.
    Koketterie und Mummenschanz
    Ist dieser ganze Tummeltanz.
    Mir wenigstens wills also scheinen,
    Wenn ich einmal herunter seh
    Auf dieses bunte Zeug von meinem
    Blaßblaugeblümten Kanapee.«
     
    Er lachte, stieß mich in die Seite:
    »Was meinst du von dem Erdenkleide,
    Mein Staunekindchen? Schau nur, schau:
    Hier schwarz, hier grün, hier rot, hier grau,
    Hier weiß, hier gelb, hier blau, hier braun;
    Ist das nicht lustig anzuschaun?
    Nur bitt ich: Schau mir nicht hinein,
    Sonst fliegt davon der schöne Schein,
    Und eine Wahrheit liegt am Grund,
    Die für euch Menschen nicht gesund.«
     
    Ich hörte nicht des Alten Spruch.
    Ich sah aufs bunte Erdentuch.
    Oh blutig Rot, wie Flammenwut!
    Oh giftig gelbe Giereglut!
    Oh kaltes Weiß! Oh Gramesgrau!
    Oh Schwarz, wie steiniger Acker rauh!
    Das Blau verblaßt, das Grün verdrängt,
    Von bösen Farben eingeengt ...
     
    Da ward mein Blick mir müd und matt.
    Der Alte nur gelächelt hat
     
    Und schob mir unter seinen Arm
    Und führte mich in die Stube warm
    Und sah mir ernsthaft ins Gesicht:
    »Du höre, Sohn, verrat mich nicht!
    Ich sah dem Ding zu lange zu,
    Nun will ich endlich meine Ruh.
     
    Doch du, wenn du heruntersteigst,
    Daß du mir nun nicht Wehmut geigst,
    Weil du gesehn die Narrenjacke:
    Nein, Junge, hoch das Herz und packe
    Die Flinte fest und gehe kühn
    Ins Zeug fürs arme Blau und Grün;
    Und geht dirs bös in diesem Kampfe,
    So denke still im Pulverdampfe
    An Herrgottsruh und den Rentier
    Im blaugeblümten Kanapee.«
     
     

Pans Flucht
     
    (Herrn Felix Mottl zugeeignet.)
     
    Grün umbuscht und bunt umblüht,
    Mittagssonnenüberglüht,
    Inselheckensicher sitzt
    Pan und schnitzt.
     
    Schnitzt aus Fliederholze sich
    Eine Flöte meisterlich;
    Und er setzt sie an den Bart
    Fliederzart.
     
    Zierlich, sacht,
    Und er lacht:
    Blas ich damit auf dem See
    In der Nacht,
    Wird den wackern Dichtern weh
    In der Nacht.
     
    Blas ich damit süß am Tage,
    Ach!
    Weck ich ihnen Dichterklage,
    Ach!
    Wehe, weh mir armem Pan,
    Was ich thu ist mißgethan,
    Denn, dieweil ich schlief, indessen
    Haben sie es ganz vergessen,
    Wie sichs lacht.
     
    Leise

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