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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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der Decke oben
     
    Braun Gebälke tief und schwer;
    Nirgends eine Thüre;
    Niemand da; all-alles leer;
    Niemand, der mich führe.
     
    Ist das ein Gespensterhaus?
    Ward mir ängstlich enge.
    Ungemütlich! Schnell hinaus!
    Hebt sich das Gehänge:
     
    Eine Thüre thut sich auf
    Wie von Geisterhänden,
    Eine Treppe führt hinauf
    Zwischen bunten Wänden.
     
    Rot und grün und gelb und blau,
    Alle Farben sangen;
    Rittersmann und Rittersfrau
    Reigenketten schwangen.
     
    Eine Falkenjagd dabei;
    Vom Dekamerone
    Manche gute Märe frei;
    Amor auf dem Throne.
     
    Neben ihm ein junges Kind
    In der Schönheit Kleide;
    Gottseidank, ich bin nicht blind
    Solcher Augenweide.
     
    Nacktheit ist mir kein Verdruß,
    Danke dem Geschicke,
    Daß ich nicht erröten muß
    Vor der Schönheit Blicke.
     
    Also: An dem Throne stand
    Neben Amors Gnaden
    Nackt ein Fräulein, und das wand
    Einen roten Faden
     
    Linde sich wie einen Ring
    Um den linken kleinen
    Finger. Ach, das süße Ding!
    Ihrer Augen Scheinen
     
    Ging mir so lebendig tief
    In mein bestes Leben,
    Daß ich einen Namen rief,
    Der mir Glück gegeben.
     
    Sieh! da hebt ein Teppich sich,
    Und es kommt gegangen,
    Die in goldene Ketten mich
    Lange schon gefangen.
     
    Doch mir wars, ich sähe sie
    Heut zum erstenmale;
    Sank verliebt vor ihr aufs Knie
    In dem bunten Saale.
     
    Ach, wie schön sie vor mir stand
    In der gelben Seide;
    Lange küßt ich ihre Hand,
    Und wir lachten beide.
     
    Sprach ich: Alles fällt von mir,
    Was an mir gehangen,
    Seit ich heute her zu dir
    Wie im Traum gegangen.
     
    Komm aus einer grauen Welt
    Voller Spinneweben,
    Und nun seh ich lusterhellt
    In ein buntes Leben.
     
    Sprach sie: Denke nicht zurück
    An die grauen Tage,
    Küß von meinem Mund das Glück,
    Das ich in mir trage.
     
    Denn für dich wards mir geschenkt
    Von der hohen Güte,
    Die zu mir dich hergelenkt.
    Dein ist meine Blüte.
     
    Und es sank um uns die Nacht,
    Duftgewobene Flöre,
    Aus den alten Bildern sacht
    Sangen süße Chöre.
     
    Wie zwei Kinder schliefen wir
    In das Land der Träume,
    Hand in Hand durchliefen wir
    Alle Weltenräume.
     
    Wanderten von Stern zu Stern,
    Sahn in alle Weiten,
    Sahen selber Gott den Herrn
    Durch die Himmel schreiten.
     
    Wanderten von Kuß zu Kuß
    Mitten durchs Gebrause
    Allen Seins. Zum guten Schluß
    Waren wir zuhause.
     
    Wie wir morgens aufgewacht,
    Hand in Hand geschlungen,
    Hat sie hell mich angelacht
    Und ein Lied gesungen:
     
    »Ich weiß im tiefen Walde, ja Walde,
    Ein ururaltes Schloß,
    Dahin, da will ich reiten
    Auf einem weißen Roß.
     
    Komm, spring du in den Sattel, ja Sattel,
    Und heb mich hinter dich,
    Allein will ich nicht reiten,
    Im Walde fürcht ich mich.
     
    Das Schloß ist mein und deine, ja deine,
    Und es ist garnicht weit,
    Zwei Stunden hinter Mitternacht,
    Wo die Schleiereule schreit.
     
    Ach Gott, wo ist der Schimmel? Ja, Schimmel?
    Der ist am Anger drauß.
    So laß den Schimmel weiden,
    Und wir, wir bleib'n zuhaus.«
     
    Und die Sonne übergoß
    Sie mit goldenem Schimmer,
    Schöner als das alte Schloß
    Schien mir da mein Zimmer.
     
    Ich verstand des Traumes Hand
    Und sein weises Führen,
    Daß ich, was ich hatte, fand
    Hinter fremden Thüren.
     
     

Herbstvisite
     
    Ein Gespräch.
     
    Ich:
     
    –: Die ersten Trauben und Nüsse dabei –;
    Meine Thüre ist offen, komm herein, wer es sei:
    Will niemanden heut von der Schwelle weisen;
    Soll Trauben zerdrücken und Nüsse zerbeißen.
     
    Der mit der Sense (im Eintreten).
     
    » Das nenn ich höflich. Ich bin so frei.«
     
    –: Willkommen, Gevatter! und setz dich her!
     
    Anmutig scheinst du mir zwar nicht sehr,
    Doch hoff ich von deinen Knochenbacken,
    Sie werden mir helfen, die Nüsse zu knacken.
    Du siehst ja aus wie das ewige Gähnen.
     
    »Ich renommiere gern mit den Zähnen.
    Eine kleine Schwäche und Eitelkeit ...
    Doch à propos: Bist du so weit?«
     
    –: So weit? Wie weit?
     
    »Dich einzuhenkeln
    In meinen Arm ...«
     
    –: An dürren Schenkeln
    Mocht ich mir nie gerne meine reiben.
    Auch hab ich noch große Lust, hier zu bleiben
    Bei Trauben und Nüssen und sonst guten Sachen,
    Die mir das Leben vergnüglich machen,
    Zum Beispiel ...
     
    »Gestatte, daß ich verzichte;
    Ich kenne sie schon, die Schleckergerichte:
    Die Liebe, die Schönheit, die Kunst und so weiter.
    Eigentlich hielt ich dich für gescheiter.
    Das alles, du weißt es so gut wie ich,
    Ist bloß Zuckerglasur und äußerlich;
    Inwendig, der Kern: puh, bitter und

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