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Irrgarten Der Liebe

Titel: Irrgarten Der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Otto Julius Bierbaum
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geschmeidig.
     
    Wo hat der Teufel den Faden her,
    Den Sackleinfaden, mit dem er näht?
    Er hat ihn gedreht aus den Seelen der Hämischen,
    Aus den Seelen der lauernden Nörgler hat er
    Den Faden gezwirnt;
    Drum ist er so grau
    Und zäh und knotig.
     
    Blickt aber die Sonne darauf, die gütige,
    Reißt er in Fasern grau aus und feucht,
    Und auf den Morgenwinden fliegen,
    Angeleuchtet vom jungen Tage,
    Ausgedröselt die Sackleinfetzen.
    Und der Teufel rauft sich die starren
    Haare und flucht: Nichtsnutzige Seelen!
    Nicht mal Säcke kann man mit ihnen
    Dauerhaft nähen. Hol sie der Kuckuck!
     
     

Die Nacht
     
    Nun will es Abend werden;
    Der rote Himmelsstrich,
    Den Eros mit dem Pfeilgefieder
    Gemalt zu haben schien, verblich.
     
    Es überbräunt sich leis der Wald;
    Die zarten Birkenstämmchen blinken
    Nur graulich silbern noch; es ließ
    Der Tag die goldene Krone sinken.
     
    Schnell hebt die neidische Nacht sie auf;
    Doch ihre kalten Hände eisen
    Das Gold zu Silber; durch das Schwarz
    Endlosen Raums hebts an, zu gleißen
     
    Da rauscht sie feuchteschwer heran.
     
    Von schwarzem Riesenschwangespann
    Wird durch das Luftmeer sie getragen.
    Sie lehnt in breitem Muschelwagen.
     
    Erst hält sie, still, am Horizont,
    Der purpurglüh sich ausgesonnt.
    Dann breitet seinen Fittich weit
    Der schwarze Schwan, schwimmflugbereit.
    Und ihre Arme hebt die Nacht ...
     
    Das All ist dunkelüberdacht.
     
    Nur noch das Schwanenfittichwehn,
    Das Brüsteaufundniedergehn
    Der stummen Riesin hört die Welt,
    Die müdebang den Atem hält.
     
     

Die Herberge
     
    (Für meinen lieben George Hofinger.)
     
    Du kaltes Haus voll müder Dunkelheit ...
    Spinnwebenüberschleiert schläft in dir die Zeit;
    Auf weichen Socken schleicht in dir der Tod;
    Stets um dich Dämmerung; das Morgenrot
    Trifft deine Schindeln nicht, die bleich wie Blei;
    In weiten Kreisen bangt das Leben dir vorbei.
     
    Ich aber ging hinein und saß in dir zu Gast ...
    Oh wie du mich so lieb und lind umfangen hast!
    Ich lehnte meinen Kopf an deine graue Wand,
    Mir streichelte das Kinn des Hausherrn harte Hand.
    Sein Auge lud mich ein zu weißer Lagerstatt,
    Da sank ich federntief, von weichem Wehe matt.
    Der Krankenwärter Tod sang in den Schlaf mich ein,
    Da ward das stille Glück, das ... stille ...
    Glück ward mein.
    Es hauchte um mich her ein Atem moderbang,
    Und eine Stimme dumpf aus Weltenweiten sang:
    »Hinüber Seele nun, spann deine Flügel weit,
    Schwimm schwanenfittichstill in blaue Ewigkeit.
    Hörst du den leisen Ton? Das ist der letzte Schlag
    Vom Turm der Erdennacht, nun goldet dir der Tag,
    Der nie sein Blut vergießt ins Abendrötenmeer ...«
    Da hob ich mich in Angst von meinem Pfühle schwer.
    Fort! Fort! Von hier hinaus! Hinaus ins helle Licht!
    Noch einmal sah ich in des Hausherrn bleich Gesicht.
    Das lächelte. Mir war: Dies Lächeln legte sich
    Ins Herz mir wie ein Wort, kalt:
Unabänderlich
!
    Ich schritt auf schwankem Fuß, ich taumelte hinaus,
    Ich wandte meinen Blick: Versunken war das Haus.
    Und eine Grube lag an seiner Stelle, tief ...
    Mir wars, als obs aus ihr leis meinen Name rief.
     
     

Abend und Nacht
     
    Die Sonne schickt den goldenen Scheidegruß,
    Des Lichtmeers letzten, leisen Wogenwurf
    Der müden Welt. Ein Schattenschleier schwebt
    Engmaschig über alles Leben her;
    Aus seinen Falten schüttelt er den Schlaf,
    Den Sorgenlöser, der Vergessen giebt.
    Langsam versinkt in stummes Glück die Welt.
    Die Vögel zirpen letztes Nestgeschwätz,
    Vom fernen Hofe bellt ein lauter Hund,
    Ein letzter Wind rauscht durch das hohe Gras.
    Dann alles still ... Den Atem hält die Welt.
     
    Nun übergraut den Himmel dichter Flor,
    Nun deckt sich alle Farbe müde zu,
    Nun weichen alle Formen in die Nacht.
     
    Und alles leer und schwarz, und alles hohl und kalt,
    Und endlos alles Raum, und alles, alles Flucht,
    In unermeßnes Nichts ein Schweben ohne Laut.
    Der Tod stellt seinen schwarzen Spiegel auf,
    Deß Bilder keines Lebenden Auge schaut.
    Doch wenn dein letzter Atem dir entfloh,
    Stellt eine dürre, kalte Hand dich leis
    Vor seinen Plan. Und siehe: du erkennst
    Zum erstenmale
dich
...
    Drum bebt dein Herz,
    Wenn sich in schwarze Nacht dein Blick verliert.
     
     

Mythologie
     
    Schwand der Frühlingstag, der frische Tummel-Junge,
    Floh zum grauen Meer hin über die blauen Berge;
    Hei, wie flatterten ihm die grünen Raschelkränze
    Hell im Haar, wie wehten die lichten Locken!
    Schau, da schwindet der Saum, der rote, gewirkt mit

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