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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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unsere Erlösung.
    In den Augen der jungen Frau stand namenloser Schrecken, in ihrem Gesicht das erbarmenswerte Erkennen ihres Schicksals.
    Billy war nicht in der Lage gewesen, sie zu retten. Aber wenn der Irre das Spiel nach seinen eigenen Regeln gespielt hatte, dann war sie zumindest nicht gefoltert worden.
    Als Billys Blick von ihrem Gesicht auf den Hintergrund des Bildes glitt, erkannte er sein Schlafzimmer. Sie war in seinem Haus gefangen gehalten worden. Dort war sie auch ums Leben gekommen …
     

55

    In Lannys Badezimmer auf dem Rand der Wanne sitzend, hielt Billy das Foto der jungen, rothaarigen Frau in der Hand und versuchte, die Chronologie ihrer Ermordung zu ergrü n den.
    Wann hatte der Irre ihn eigentlich angerufen? Das musste gegen halb ein Uhr mittags gewesen, nachdem die beiden Polizisten abgefahren waren und Billy die Leiche Cottles in die Plane eingewickelt hatte, um sie später wegzuschaffen. Bei diesem Anruf war ein Tonband abgelaufen, das zwei Alternat i ven bot: eine rothaarige Frau wurde entweder langsam zu Tode gefoltert oder ohne Umschweife erschossen beziehungsweise erstochen.
    Schon zu diesem Zeitpunkt musste der Mörder die Frau in seiner Gewalt gehabt haben. Bestimmt hatte sie sich anhören müssen, wie das Tonband am Telefon abgespielt wurde.
    Um ein Uhr war Billy nach Napa gefahren. Anschließend hatte der Mörder das Opfer in Billys Haus geschafft, das Foto da von der Frau gemacht und sie dann unverzüglich umgebracht.
    Als der Irre den säuberlich eingewickelten Ralph Cottle hinter dem Sofa entdeckt hatte, war offenbar sein kranker Spieltrieb erwacht. Er hatte die beiden Leichen ausgetauscht.
    Unwissentlich hatte Billy dann die tote Frau in den Vulka n schlot geworfen und ihren Angehörigen dadurch das bisschen Trost versagt, sie wenigstens zu Grabe tragen zu können.
    Der Leichentausch passte genau zu Zillis, zu seinem pubert ä ren Humor und zu der Lässigkeit, mit der er manchmal ziemlich fiese Witze riss.
    Steve war erst um sechs zur Arbeit gefahren. Vorher hatte er sich austoben können.
    Aber momentan war er tatsächlich in der Kneipe. Er hatte Cottle also nicht aufs Sofa setzen und die Nagelpistole abfeuern können.
    Billy warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Dreiundzwanzig Uhr einundvierzig.
    Er zwang sich, noch einmal das Foto der Frau zu betrachten, weil er vorhatte, es zusammen mit den anderen verräterischen Gegenständen in eine Tüte zu stecken und in den Vulkanschlot zu werfen. Er wollte sich an sie erinnern, ja er fühlte sich sogar verpflichtet, sich ihr Gesicht für immer einzuprägen.
    Wenn diese Frau dabei gewesen war, als der Irre ihm am Telefon die Botschaft vorgespielt hatte, wenn sie gefesselt und geknebelt dagelegen und gelauscht hatte, dann hatte sie vie l leicht auch Billys Antwort gehört: Leg die Schlampe um.
    Diese Worte hatten ihr die Folter erspart, doch nun folterten sie Billy.
    Er brachte es nicht über sich, das Foto wegzuwerfen. Doch es zu behalten war nicht klug, sondern gefährlich. Dennoch faltete er es sorgfältig so zusammen, dass ihr Gesicht glatt blieb, und steckte es in seine Geldbörse.
    Wachsam ging er hinaus zu seinem Wagen. Er glaubte, spüren zu können, ob der Irre noch in der Nähe war und ihn beobacht e te. Die Nacht fühlte sich sicher und rein an.
    Er steckte den durchbohrten Latexhandschuh in den Abfallb e hälter im Wagen und streifte sich einen neuen über. Dann nahm er sein Handy vom Ladegerät und nahm es mit.
    Ins Haus zurückgekehrt, besorgte er sich in der Küche einen Müllsack und ging dann durch sämtliche Zimmer, um alle Indizien einzusammeln – das Foto von Giselle Winslow, das er nicht behalten wollte, die Mickymaushände, den Nagel …
    Als er fertig war, stellte er den Müllsack an die Hintertür.
    Er nahm ein sauberes Glas aus dem Schrank. Aus der auf dem Tisch stehenden Flasche goss er sich etwas warmes Cola ein.
    Durch die Bewegung waren die Schmerzen in seiner Hand schlimmer geworden. Er nahm jeweils eine Tablette Schmer z mittel und Antibiotikum.
    Anschließend machte er sich daran, alle Hinweise darauf zu beseitigen, dass Lanny sich betrunken hatte. Die Polizei sollte im Haus nichts Ungewöhnliches vorfinden.
    Wenn Lanny lange genug nicht auftauchte, würden seine Kollegen hierherkommen, um erst zu klopfen und durch die Fenster zu schauen. Dann kamen sie herein. Wenn sie sahen, dass Lanny massenhaft Rum in sich hineingeschüttet hatte, vermuteten sie wahrscheinlich, er sei depressiv gewesen und habe sich

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