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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Cholesterin. Was er brauchte, war die Rationalität von Konsum und Kommerz, um die Irrationalität auszugleichen, der er ausgesetzt gewesen war. Außerdem brauchte er einen öffentlichen Ort, an dem er nicht überfallen werden konnte.
    Er stellte den Wagen direkt vor dem Restaurant ab, unter einer derart wattstarken Lampe, dass man bei ihrem Schein in einer Zeitung sogar das Kleingedruckte hätte lesen können.
    Aus dem Handschuhfach nahm er in Folie eingepackte Feuch t tücher und säuberte sich damit gründlich die Hände.
    Eigentlich waren die Tücher dazu gedacht, sich nach dem Verzehr eines Hamburgers mit Pommes zu reinigen, nicht um nach dem Umgang mit einer Leiche die Hände zu sterilisieren. Egal, Billy konnte es sich in seiner Lage nicht leisten, pingelig zu sein.
    Die linke Hand, aus der er den Nagel gezogen hatte, fühlte sich heiß und ein wenig steif an. Er dehnte sie langsam und vorsichtig.
    Wegen des Mittels, das er eingenommen hatte, verspürte er keine Schmerzen. Womöglich war das gar nicht gut. Falls sich irgendetwas in der Hand entwickelte, ohne dass er es wahrnahm, hatte er sie womöglich gerade dann nicht vollständig zur Verfügung, wenn es darauf ankam.
    Mit warmem Cola spülte er noch einmal zwei Antibiotik a tabletten hinunter. Selbst wenn sie nicht besonders stark waren, würden sie einer Entzündung entgegenwirken.
    Mit der richtigen Dosis Koffein konnte er seinen Schlafmangel wohl einigermaßen kompensieren, aber zu viel davon machte ihn wahrscheinlich nervös und veranlasste ihn zu voreiligen Handlungen. Er nahm trotzdem noch eine Koffeintablette.
    Seit er den Schoko- und den Erdnussriegel gegessen hatte, hatte er allerhand Kalorien verbraucht. Er futterte wieder je einen.
    Während er kaute, dachte er über Steve Zillis, seinen Haup t verdächtigen, nach. Seinen einzigen Verdächtigen, genauer gesagt.
    Die Zillis belastenden Indizien schienen überwältigend zu sein. Auf frischer Tat hatte er ihn allerdings noch nicht ertappt.
    Das bedeutete nicht, dass die Argumentation auf schwachen Füßen stand. Über fünfzig Prozent aller Schuldsprüche basierten auf einem überzeugenden Netz von Indizien, und bei wesentlich weniger als einem Prozent davon handelte es sich um Justizir r tümer.
    Mörder hinterließen nun einmal nicht unbedingt direkt zu ihnen führende Spuren am Tatort. Selbst im Zeitalter des DNA-Abgleichs konnte jeder Verbrecher, der einen Fernseher besaß, in den einschlägigen Sendungen genügend Tipps finden, um sich nicht versehentlich zu belasten.
    Allerdings hatte alles von Antibiotika bis Zydeco eine Keh r seite, und Billy wusste nur zu gut, dass Indizienbeweise nicht ungefährlich waren.
    Dann rief er sich ins Gedächtnis, dass das Problem damals nicht die Indizien gewesen waren. Das Problem hatte darin bestanden, dass John Palmer, der jetzt Sheriff war, als ehrgeiz i ger junger Lieutenant nach einer raschen Beförderung zum Captain gegiert hatte.
    So schrecklich die Geschehnisse in der Nacht, in der Billy sich zum Waisen gemacht hat, auch waren, sie waren offenkundig und leicht zu erkennen.
     

57

    Aus einem erotischen Traum wird der vierzehnjährige Billy Wiles von lauten Stimmen aufgeweckt. Er hört wütendes Gebrüll.
    Zuerst ist er verwirrt. Er hat den Eindruck, aus einem schönen Traum in einen anderen geraten zu sein, der weniger angenehm ist.
    Er zieht sich ein Kissen über den Kopf und vergräbt das G e sicht in einem zweiten, während er versucht, sich in die seidenweiche Fantasie zurückzuzwingen.
    Die Wirklichkeit dringt ein. Unerbittlich.
    Die Stimmen sind die seiner Eltern. Sie steigen so laut vom Erdgeschoss her auf, dass der Boden dazwischen sie kaum dämpft.
    Unsere Mythen sind reich an Zauberern und Zauberinnen – wir lesen von Meeresnymphen, deren Gesang Seeleute auf scharfkantige Klippen lockt, von Circe, die Männer in Schweine verwandelt, und von Flötenspielern, die Kinder ins Verderben führen. Dies alles sind Metaphern für den finsteren, geheimen Drang zur Selbstzerstörung, der uns seit jenem ersten Bissen vom ersten Apfel verfolgt.
    Billy ist sein eigener Flötenspieler, indem er sich von den schrillen Stimmen seiner Eltern aus dem Bett locken lässt.
    Streit ist bei ihm zu Hause zwar nicht häufig, aber auch nicht gerade selten. Normalerweise sind die Auseinandersetzungen heftig, aber ruhig und kurz. Wenn Bitterkeit zurückbleibt, so drückt sie sich in mürrischem Schweigen aus, das mit der Zeit heilt. Zumindest scheint es so.
    Billy hat

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