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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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er sich mit höchst irdischen Problemen auseinandersetzen musste.
    Ralph Cottle, dessen Glieder durch die Totenstarre in ungün s tigen Winkeln vom Körper abstanden, hatte er in eine Decke gewickelt, weil keine Plastikplane zu finden gewesen war. Zusammengehalten wurde das Ganze durch Lannys gesamte Krawattensammlung, bestehend aus drei Teilen. Das Paket über den Rasen den Hang hinaufzuzerren, war nicht gerade leicht.
    Cottle hatte gesagt, er wolle für niemand den Helden spielen. Dann war er den Tod eines Feiglings gestorben.
    Trotz seiner schäbigen Existenz hatte er weiterleben wollen, weil er sich – Was gibt es sonst auf der Welt? – nicht hatte vorstellen können, dass es etwas anderes gab, wonach es sich zu streben lohnte.
    In dem Augenblick, in dem ihm das Messer zwischen die Rippen gefahren war und sein Herz angehalten hatte, da hatte er wohl erkannt, dass man sich zwar dem Leben entziehen konnte, aber nicht dem Tod.
    Billy empfand echtes Mitgefühl selbst für diesen Menschen, dessen Verzweiflung tiefer gewesen war als seine und der es weniger gut geschafft hatte, damit umzugehen.
    Als sich die weiche Decke so im Gestrüpp und in den Ranken verfing, dass Billy die Leiche nicht mehr ziehen konnte, hob er sie auf und legte sie sich über die Schulter, ohne Ekel zu empfinden. Er taumelte unter der Bürde, brach jedoch nicht zusammen.
    Einige Minuten vorher war er schon einmal hergekommen, um den Deckel zum zweiten Mal abzuschrauben und wegzuschi e ben. Der offene Schlot wartete.
    Cottle war der Meinung gewesen, jeder Mensch bewohne eine andere Wirklichkeit, weshalb seine und die von Billy verschi e den seien. Egal, ob das nun stimmte oder nicht, an diesem Punkt liefen die beiden Wirklichkeiten zusammen.
    Der verschnürte Körper stürzte hinab. Er schlug auf und sauste taumelnd weiter ins Dunkel. Leer verschwand er in der Leere.
    Als Stille eintrat und erkennen ließ, dass der Skeptiker bei dem guten Sohn und der unbekannten Frau seine ewige Ruhe gefunden hatte, schob Billy den Deckel an Ort und Stelle. Mit der Taschenlampe richtete er ihn auf die Löcher im Rahmen aus und schraubte ihn wieder an.
    Hoffentlich sah er diesen Ort nie wieder. Allerdings ahnte er, dass er keine andere Wahl haben würde, als noch einmal zurückzukehren.
    Während er davonfuhr, wusste er nicht recht, wohin. Irgen d wann musste er Steve Zillis zur Rede stellen, aber nicht sofort, noch nicht. Zuerst musste er sich darauf vorbereiten.
    In einem anderen Zeitalter waren die Männer am Vorabend einer Schlacht in die Kirche gegangen, um sich spirituell, intellektuell und emotional darauf vorzubereiten. Weihrauch hatte sie dort erwartet, Kerzenlicht und die Demut, die der Schatten des Erlösers ihnen einflößte.
    In jenen Tagen war jede Kirche Tag und Nacht offen gewesen, um bedingungslos Zuflucht zu gewähren.
    Die Zeiten hatten sich geändert. Manche Kirchen waren zwar immer noch rund um die Uhr geöffnet, doch die meisten nur zu den angegebenen Stunden. Sie schlossen ihre Tore lange vor Mitternacht.
    In einigen Fällen wurde nicht ständig Zuflucht gewährt, um Heizung und Strom zu sparen. Das Budget war letztlich vie l leicht doch wichtiger als die Mission.
    Andere Kirchen wurden von Vandalen mit Spraydosen hei m gesucht und von Ungläubigen, die zum Spott kamen, um dort zu kopulieren und ihre Kondome zu hinterlassen.
    Wenn in früheren Zeiten der Hass regiert hatte, war man solchen Erscheinungen mit Entschlossenheit, Belehrung und einer Kultivierung der Reue entgegengetreten. Inzwischen herrschte unter den Klerikern der Konsens, dass Schlösser und Alarmanlagen besser funktionierten als die früheren, weicheren Gegenmittel.
    Statt von Kirche zu Kirche zu fahren, an den Türen zu rütteln und nur nach vorheriger Anmeldung Zuflucht zu finden, begab sich Billy an den Ort, an den es die meisten modernen Männer Amerikas zog, wenn sie nach Mitternacht meditieren mussten – zu einem Truck-Stop.
    Weil durch die Gegend keine großen Autobahnen führten, war die verfügbare Raststätte – am State Highway 29 – ziemlich bescheiden, verglichen mit ähnlichen Einrichtungen, die sich auf der Fläche eines kleinen Ortes ausbreiteten. Immerhin gab es mehrere Reihen taghell erleuchteter Zapfsäulen, einen Supe r markt, kostenlose Duschen, Internetzugang und ein rund um die Uhr geöffnetes Lokal mit dem üblichen Menü an Gebratenem, Frittiertem und Gegrilltem sowie Kaffee, bei dem es einem die Haare aufstellte.
    Billy wollte weder Kaffee noch

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