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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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dass er bedauerlicherweise falsch informiert wurde: In Wirklichkeit hat man den Häftling nach St. Helena gebracht. In St. Helena schickt man den Anwalt dann wieder zurück nach Napa.
    Während ein Verdächtiger unterwegs ist, kann das ihn tran s portierende Fahrzeug natürlich ab und zu irgendwelche Pannen haben. Dadurch werden aus einer einstündigen Fahrt leicht drei oder vier Stunden, je nachdem, wie lange die Reparatur dauert.
    In den zweieinhalb Tagen, in denen Billy hin- und hergesch o ben wird, lernt er allerhand öde Büros, Vernehmungsräume und Zellen kennen. Zu essen bekommt er nur unregelmäßig. Emot i onal steht er immer auf der Kippe und hat ständig Angst, aber die schlimmsten Augenblicke erlebt er im Streifenwagen unterwegs.
    Billy sitzt hinten, vom Fahrer durch eine durchsichtige Schutzwand abgetrennt. Seine Hände stecken in Handschellen, die mit einer Kette an einem Ring im Boden befestigt sind.
    Der Fahrer sagt nie ein einziges Wort. Dafür sitzt John Palmer neben dem Verdächtigen auf dem Rücksitz, trotz aller Vo r schriften, die das untersagen.
    Der Lieutenant ist ein imposanter Mann, und der Verdächtige ist ein vierzehnjähriger Junge. In einem derart engen Raum wirkt schon der Größenunterschied auf Billy einschüchternd.
    Außerdem ist Palmer ein wahrer Experte, was Psychoterror angeht. Sein Redefluss und seine Fragen werden nur von anklagendem Schweigen unterbrochen. Durch berechnende Blicke, sorgfältig gewählte Worte und ominöse Stimmung s wechsel schleift er den Widerstand des Jungen so gekonnt wie ein Schwingschleifer ein Stück Holz.
    Am schlimmsten sind die Berührungen.
    Manchmal sitzt Palmer näher bei Billy als sonst. Gelegentlich sitzt er so nah, wie man als Junge nur einem Mädchen kommen wollte, und drückt den linken Oberschenkel an Billys rechten.
    Mit offenkundig falscher Zuneigung fährt er Billy durchs Haar. Er legt dem Jungen seine große Hand auf die Schulter, dann aufs Knie, den Oberschenkel.
    »Die beiden umzubringen ist kein Verbrechen, wenn du einen guten Grund dafür hattest, Billy. Wenn dein Vater jahrelang an dir herumgefummelt hat und deine Mutter wusste davon, dann kann dir niemand einen Vorwurf machen.«
    »Mein Vater hat mich aber nie so angefasst. Wieso behaupten Sie das ständig?«
    »Ich behaupte gar nichts, Billy, ich stelle nur Fragen. Du brauchst dich für nichts zu schämen, wenn er so was mit dir getan hat, seit du klein warst. Das macht dich zum Opfer, verstehst du das nicht? Selbst wenn es dir gefallen hat …«
    »Es hätte mir nicht gefallen.«
    »Selbst wenn es dir nicht gefallen hat, gibt es keinen Grund, sich zu schämen.« Die Hand auf der Schulter. »Du bist trotzdem ein Opfer.«
    »Das bin ich nicht. Ich war es nie. Sagen Sie so was nicht.«
    »Manche Männer tun wehrlosen Jungen schreckliche Dinge an, und manche Jungen mögen das irgendwann.« Die Hand auf dem Oberschenkel. »Aber der Junge wird dadurch kein bisschen schuldig. Er ist trotzdem ganz unschuldig.«
    Fast wünscht sich Billy, Palmer möge ihn schlagen. Die B e rührungen, die sanften Berührungen, und die Anspielungen sind schlimmer als ein Schlag, denn es hat den Anschein, dass die Faust ohnehin kommen wird, wenn die Berührungen keinen Erfolg haben.
    Bei mehr als einer Gelegenheit ist Billy um ein Haar zu einem Geständnis bereit, nur um dem unerträglichen Rhythmus von Lieutenant John Palmers Stimme zu entkommen und um nicht mehr berührt zu werden.
    Er fragt sich allmählich, warum … Warum hat er, nachdem er dem Leiden seiner Mutter ein Ende gemacht hat, die Polizei gerufen, statt sich selbst den Revolverlauf in den Mund zu stecken?
    Gerettet wird Billy schließlich durch die gute Arbeit des Gerichtsmediziners und der Leute von der Spurensicherung. Auch Palmers Kollegen, die ihm zuerst freie Hand gelassen haben, sind nachdenklich geworden. Alle Indizien weisen auf den Vater hin, auf den Sohn hingegen keine.
    Die einzigen Fingerabdrücke auf dem Revolver stammen von Billy, doch ein deutlicher Abdruck von Fingern und Handballen auf dem polierten Stahl des Schraubenschlüssels stammt von seinem Vater.
    Der Mörder hat die Waffe mit der linken Hand geschwungen. Im Gegensatz zu seinem Vater ist Billy Rechtshänder.
    Billys Kleider tragen zwar ein paar Blutspuren, aber nicht besonders viele. Der linke Ärmel seines Vaters hingegen ist mit Blut getränkt.
    Mit ihren Krallen hat seine Mutter versucht, ihren Mann abzuwehren. Unter ihren Fingernägeln hat man sein Blut und

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