Irrsinn
zuzukehren. Dennoch sah er dabei völlig unbekümmert aus.
Nun übernahm er die Führung und brachte Billy auf die andere Seite des Streifenwagens, sodass dieser sich zwischen den beiden und dem Haus befand.
Sergeant Sobieski kam herbei. »Tag, Billy«, sagte er.
»Tag, Sergeant Sobieski. Wie geht’s?«
Einen Barkeeper nannte jedermann beim Namen. In manchen Fällen wurde erwartet, die Vertraulichkeit zu erwidern, in diesem Fall hingegen nicht.
»Gestern war Chili-Tag, und ich hab’s einfach vergessen«, sagte Sobieski.
»Ben macht das beste Chili«, sagte Billy.
»Ben ist der unangefochtene Chilikönig«, pflichtete ihm Sobieski bei.
Der Wagen zog die Sonne an wie ein Magnet, wodurch die ihn umgebende Luft glühend heiß wurde. Hätte man ihn angefasst, so hätte man sich wahrscheinlich die Finger verbrannt.
Da Napolitino als Erster angekommen war, übernahm er das Kommando: »Mr. Wiles, ist alles in Ordnung?«
»Klar. Mir geht’s gut. Es geht wahrscheinlich um den blöden Schnitzer, den ich gemacht hab.«
»Sie haben den Notruf gewählt«, sagte Napolitino.
»Ich wollte die Auskunft anrufen. Das hab ich Rosalyn Chan schon mitgeteilt.«
»Das haben Sie aber erst getan, als Sie sie zurückgerufen hat.«
»Ich hab so schnell aufgelegt, dass ich dachte, ich wäre noch nicht verbunden worden.«
»Mr. Wiles, setzt irgendjemand Sie gerade unter Druck?«
»Unter Druck? Nein, natürlich nicht! Sie meinen, jemand hat mir eine Pistole an den Kopf gehalten, als ich mit Rosalyn telefoniert hab? Puh. Das ist aber ’ne ziemlich ausgefallene Idee. Nichts für ungut, ich weiß schon, dass so etwas vorkommt, aber doch nicht bei mir!«
Nach diesem Sermon schärfte Billy sich ein, kürzere Antwo r ten zu geben. Längere klangen unter Umständen nach nervösem Geschwätz.
»Sie haben sich heute krank gemeldet?«, fragte Napolitino.
»Stimmt.« Billy zog eine Grimasse, allerdings nicht zu dram a tisch, und legte eine Hand an seinen Bauch. »Mit meinem Magen ist was nicht in Ordnung.«
Hoffentlich konnten sie seinen Atem riechen. Er roch ihn jedenfalls. Wenn sie ihn ebenfalls rochen, dann dachten sie bestimmt, seine angebliche Erkrankung sei ein lahmer Versuch zu kaschieren, dass er ein wenig über die Stränge geschlagen hatte.
»Wer wohnt sonst noch hier, Mr. Wiles?«
»Niemand. Bloß ich. Ich lebe allein.«
»Befindet sich momentan jemand im Haus?«
»Nein. Niemand.«
»Kein Freund, kein Verwandter?«
»Nein. Nicht mal ein Hund. Manchmal überlege ich mir, ob ich mir nicht einen Hund anschaffen sollte, aber dann tue ich’s doch nicht.«
Kein Skalpell war schärfer als Sergeant Napolitinos dunkle Augen. »Sir, wenn dort im Haus irgendjemand ist, der Sie unter Druck setzt …«
»Nein, nein«, sagte Billy beruhigend.
»Oder wenn dort eine Person, die Ihnen wichtig ist, von j e mandem bedroht wird, dann ist es in Ihrem eigenen Interesse, mir das zu sagen.«
»Natürlich. Das weiß ich schon. Wer wüsste das nicht?«
Die brodelnde Hitze, die der Streifenwagen ausstrahlte, mac h te Billy ganz schwummerig. Sein Gesicht fühlte sich regelrecht versengt an. Die beiden Beamten schienen von der glühenden Luft hingegen völlig unbeeindruckt zu sein.
»Unter Druck oder eingeschüchtert«, sagte Sobieski, »trifft man oft schlechte Entscheidungen, Billy.«
»Du lieber Himmel«, sagte Billy. »Da hab ich mir ja wirklich was eingebrockt. Dabei hab ich bloß aufgelegt, als ich mich verwählt hab, und versucht, es Rosalyn nachher zu erklären.«
»Was haben Sie eigentlich zu ihr gesagt?«, fragte Napolitino.
Billy war sich sicher, dass die beiden im Großen und Ganzen wussten, was er gesagt hatte. Er selbst erinnerte sich mit stechender Klarheit an jedes einzelne Wort. Dennoch hoffte er, die beiden überzeugen zu können, dass er zu betütert war, um sich richtig vorstellen zu können, wie er sich in die Klemme gebracht hatte.
»Egal, was ich zu ihr gesagt hab, es war offenbar so dämlich, dass sie gemeint hat, irgendjemand tritt mir gerade auf die Zehen. Mensch! Das ist echt peinlich.«
Er schüttelte den Kopf über seine Dämlichkeit, schaffte es, ein trockenes Lachen auszustoßen, und schüttelte dann noch einmal den Kopf.
Die beiden Beamten beobachteten ihn, ohne etwas zu erw i dern.
»Hier ist wirklich niemand außer mir. Seit Tagen hat mich niemand mehr besucht. Eigentlich ist hier überhaupt nie jemand außer mir. Ich bin normalerweise gern für mich, so bin ich eben.«
Das reichte. Er war
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