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Irrsinn

Irrsinn

Titel: Irrsinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Strecken zwischen ihren Taten zurüc k legten. Wenn mehrere kleine Mordserien Hunderte von Meilen voneinander entfernt auftraten und dadurch in den Zuständi g keitsbereich verschiedener Behörden fielen, wurden sie nicht so leicht im Zusammenhang gesehen. Vergleichbar war das mit einem Landschaftsmuster, das nur von einem Flugzeug aus erkennbar war, von einem Betrachter vor Ort hingegen kaum.
    Ein von Ort zu Ort ziehender Barkeeper, der gute Drinks mixte, kontaktfreudig war und vor den Gästen seinen Charme spielen ließ, konnte überall Arbeit bekommen. Wenn er sich bei den richtigen Lokalen bewarb, verlangte man wahrscheinlich nur selten einen förmlichen Lebenslauf von ihm, nur seinen Sozialversicherungsausweis, den Führerschein und eine Bestät i gung der Behörde, die im jeweiligen Staat für den Alkoholausschank zuständig war. Jackie O’Hara war ein typisches Beispiel für die Besitzer so lcher Lokale. Statt mit den früheren Arbeitgebern eines Bewerbers zu telefonieren, traf er seine Entscheidungen aus dem Bauch heraus.
    Als Billy das Haus verließ, schaltete er alle Lichter aus. Er sperrte die Hintertür ab und steckte den Ersatzschlüssel ein, weil er wahrscheinlich wiederkommen würde.
     

46

    Die sinkende Sonne warf ein blutiges Licht auf das dreid i me n sionale Kunstwerk, das gegenüber der Kneipe seiner Vollendung entgegenging.
    Als Billy auf dem Weg nach Hause, wo er die Leiche Cottles abholen wollte, daran vorbeikam, weckte das schillernde Schauspiel seine Aufmerksamkeit. Es faszinierte ihn sogar so sehr, dass er an den Straßenrand fuhr und anhielt.
    Vor dem großen gelb-violetten Zelt, in dem die am Projekt beteiligten Künstler und Kunsthandwerker regelmäßig zum Mittagessen, zu Arbeitsbesprechungen und zum Empfang verschiedener bekannter Namen aus der Kunstszene und der akademischen Welt zusammenkamen, hatten sie sich nun versammelt, um das vergängliche Werk der Natur zu bewu n dern.
    Neben dem Zelt stand ein riesiges, ebenfalls gelb-violettes Wohnmobil. Das auf einem Busfahrgestell aufgebaute Mons t rum, auf dem der Name Valis prangte, bot viel Chrom und Stahl, in dem die Sonne ein imaginäres Feuer entfachen konnte. Die getönten Fenster glühten wie matte, rauchige Bronze.
    Weder das festliche Zelt noch das Wohnmobil, das einem Rockstar alle Ehre gemacht hätte, hatten Billy zum Anhalten gebracht. Auch der Glamour der Künstler und Kunsthandwerker war es nicht.
    Zuerst glaubte er, seine Reaktion sei in erster Linie von dem dramatischen rot-goldenen Leuchten hervorgerufen worden. Irgendwie hatte er jedoch das Gefühl, dass das noch nicht alles war.
    Das riesige Kunstwerk war mit einem mattgrauen Lack übe r zogen, in dessen Oberfläche sich die Sonnenglut spiegelte. Das gleißende Lodern und die von der Oberfläche aufsteigende Hitze schufen vereint den Eindruck, dass das Objekt in Flammen stand.
    Wie eine Generalprobe für das Schicksal der Konstruktion sah die Szene aus, denn das Relief sollte ja nach seiner Vollendung tatsächlich in Brand gesteckt werden.
    Die flüchtigen Verhältnisse von Licht und Luft schufen eine gespenstische Vorahnung des kommenden Feuers. Selbst dessen Ergebnis, die Asche, war als grauer Schatten unter den falschen Flammen erkennbar.
    Während die Intensität des Schauspiels sich im schwindenden Sonnenlicht noch steigerte, erkannte Billy den eigentlichen Grund für die hypnotische Kraft der Szenerie. Was ihn so faszinierte, war die in der stilisierten Maschinerie gefangene Gestalt des Mannes, der darum kämpfte, zwischen den riesigen Rädern, den kantigen Stangen und den hämmernden Kolben zu überleben.
    In den Wochen, in denen das Objekt aufgebaut und bearbeitet worden war, hatte es immer so ausgesehen, als wäre der Mann im Innern der Maschine gefangen. Der Absicht des Künstlers entsprechend, präsentierte er sich als Opfer von Kräften, die stärker waren als er selbst.
    Nun jedoch schien der Mann wie durch einen Gnadenakt der untergehenden Sonne nicht zu brennen wie die mechanischen Formen, von denen er umgeben war. Er leuchtete zwar, aber auf ganz besondere Weise, kraftvoll und stabil. Statt von den Flammen verschlungen zu werden, hielt er ihnen stand.
    Nichts an der phantasmagorischen Maschine hatte irgendeinen mechanischen Sinn. Das Ganze war lediglich eine Collage maschineller Symbole, die keinem funktionalen Zweck dienten.
    Wenn eine Maschine ohne produktive Funktion aber keinen praktischen Sinn hatte, dann konnte sie nicht einmal als Gefän g nis

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