Irrsinn
offenbar den Wäschekorb. Zerknitterte T-Shirts, Hemden, Hosen und schmutzige Unterw ä sche waren zu einem unordentlichen Haufen aufgetürmt.
Eine Durchsuchung von Schlafzimmer und Kleiderschrank förderte weitere beunruhigende Objekte zutage. Unter dem Bett lag ein Dutzend pornographische Videos, auf deren Hülle nackte Frauen in Handschellen und Ketten dargestellt waren. Manche hatte man geknebelt, anderen den Mund verbunden. Zusamme n gekauert hockten sie da und wurden von sadistischen Männern bedroht.
Das waren keine selbst gedrehten Videos. Sie waren profess i onell verpackt und stammten wohl aus irgendeinem Pornoshop oder waren übers Internet erworben worden.
Billy legte sie dahin zurück, wo er sie gefunden hatte, und überlegte, ob er genug entdeckt hatte, um die Polizei verständ i gen zu können.
Nein. Weder die Schaufensterpuppen noch die Pornofilme bewiesen, dass Steve Zillis je einem Menschen aus Fleisch und Blut etwas angetan hatte. Sie ließen lediglich auf eine ebenso kranke wie lebhafte Fantasie schließen.
Unterdessen lag in Billys Haus hinter dem Sofa eine säube r lich verpackte Leiche, die auf ihren Abtransport wartete.
Wenn Billy zu einem Verdächtigen im Mordfall Giselle Win s low wurde oder wenn man Lanny Olsens Leiche fand und Billy damit in Verbindung brachte, dann würde man ihn zumindest beschatten. Das hieß, dass er seine Bewegungsfreiheit einbüßte.
Falls man Cottles Leiche fand, nahm man ihn ohnehin gleich fest.
Niemand würde sich davon überzeugen lassen, dass Barbara sich in Gefahr befand. Billys Warnungen würde man einfach nicht ernst nehmen. Wenn man als Hauptverdächtiger eines Mordes fungierte, dann wollte die Polizei nur das hören, was sie von einem erwartete, und das war ein Geständnis.
Er wusste, wie das lief. Das wusste er sogar ganz genau.
Um seine Unschuld zu beweisen, falls ihm das überhaupt gelang, brauchte er im günstigsten Fall vierundzwanzig oder achtundvierzig Stunden, vielleicht aber auch eine Woche, einen Monat, ein Jahr. In dieser Zeit wäre Barbara schutzlos gewesen.
Er war zu tief in die Sache hineingezogen worden. Niemand konnte ihn retten außer er selbst.
Wenn es ihm gelang, das in einem Glas mit Formaldehyd verwahrte Gesicht und andere grausige Erinnerungsstücke aufzuspüren, dann konnte er Zillis bei der Polizei anzeigen. Sonst würde die sich nicht überzeugen lassen.
Wie die meisten kalifornischen Häuser hatte auch dieses keinen Keller, aber einen Dachboden. In die Decke des Flurs war eine Falltür eingesetzt, von der als Griff ein Seil herabba u melte.
Als Billy die Tür herunterzog, kam eine Faltleiter zum Vo r schein.
Hinter seinem Rücken hörte er ein Geräusch. Im Geiste sah er schon, wie eine Schaufensterpuppe mit Zähnen in den Auge n höhlen die Hände nach ihm ausstreckte.
Er wirbelte herum und griff dabei nach dem in seinem Gürtel steckenden Revolver. Nichts. Er war allein. Wahrscheinlich hatte er nur ein Ächzen gehört, mit dem das alte Haus auf den hartnäckigen Zug der Schwerkraft reagierte.
Als er die Leiter erklommen hatte, entdeckte er am Rahmen der Falltür einen Lichtschalter. Zwei nackte, vom Staub g e dämpfte Glühbirnen an den Dachsparren erhellten einen Raum, der bis auf den Geruch von Holzfäule völlig leer war.
Offenbar war der Irre gerissen genug, um die ihn belastenden Souvenirs woanders zu verwahren.
Billy hatte den Eindruck, dass Zillis das Haus zwar gemietet hatte, aber nicht im eigentlichen Sinne darin lebte. Angesichts der minimalen Möblierung und des völligen Fehlens dekorativer Gegenstände wirkte es wie eine Bahnstation. Steve Zillis hatte hier keine Wurzeln, er befand sich lediglich auf der Durchreise.
In der Kneipe arbeitete er erst seit fünf Monaten. Wo war er in den fünfeinhalb Jahren gewesen, die vergangen waren, seit während seiner Studienzeit in Denver, Colorado, eine seiner Kommilitoninnen namens Judith Kesselman verschwunden war?
Im Internet war sein Name nur bei diesem einen Vermisste n fall aufgetaucht, im Zusammenhang mit irgendwelchen Morden jedoch nicht. Hätte man bei Google nach Billy gesucht, so hätte dieser keine derart weiße Weste gehabt.
Was man brauchte, war eine Liste der Orte, in denen Steve Zillis sich eine Weile aufgehalten hatte. Dann konnte man im Kontext dieser Namen gezielt nach Mordfällen und vermissten Personen suchen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen.
Die erfolgreichsten Serienmörder waren Vagabunden, die auf ihren Streifzügen große
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