Irrwege
doch, nach
seiner schmerzlichen Miene zu urteilen, auf einen schlecht gewählten Platz. Er
griff unter sich, brachte einen Kiefernzapfen zum Vorschein und warf ihn weg.
Als er Haplos strafenden Blick auffing, lächelte er gequält und bemühte sich
auszusehen, als wäre alles in schönster Ordnung, doch verschämt glitt seine
Hand wieder unter seinen knochigen Hintern und entfernte einen zweiten
Übeltäter.
Haplo machte die Augen zu und begann den Heilungsprozeß.
Langsam verebbte der Schmerz in seinem Knie, die brennenden Krallenspuren in
seinem Gesicht schlössen sich. Doch der Schlaf wollte nicht kommen. Ewige
Schlaflosigkeit, wie Hugh Mordhand es ausgedrückt hatte.
Die anderen Patryn stellten Wachen auf, löschten
das Feuer. Dunkelheit senkte sich herab, durchbrochen nur von den matt
glimmenden Runen auf der Haut seiner Landsleute. Jeder Augenblick im Labyrinth
barg Gefahren.
Marit kehrte nicht zu ihren Gefährten zurück,
sie blieb auch nicht bei den anderen Patryn, sondern wählte sich einen
Schlafplatz ungefähr in der Mitte.
Hugh Mordhand zog an seiner kalten Pfeife.
Alfred begann zu schnarchen. Der Hund jagte im Traum irgendein Wild.
Und gerade als Haplo überzeugt war, nicht
einschlafen zu können, schlief er ein.
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Kapitel 37
Die Zitadelle,
Pryan
Xar hatte einen Entschluß gefaßt. Seine Pläne
waren gemacht, jetzt ging er daran, sie in die Tat umzusetzen. Mit Marit hatte
er abgesprochen, dafür zu sorgen, daß die Patryn im Labyrinth sich Haplos
annahmen und ihn festhielten, bis Sang-drax eintraf.
Sang-drax… Xar war zu dem Schluß gekommen, daß
die Frage der Loyalität der Drachenschlange ihn vorläufig nicht tangierte.
Gründliches Nachdenken hatte ihn überzeugt, daß Sang-drax’ hauptsächliche
Triebfeder Haß war – die Drachenschlange haßte Haplo, wollte Rache. Sang-drax
würde nicht ruhen, bis er Haplo gefunden und vernichtet hatte. Damit war nicht
so bald zu rechnen. Selbst für jemanden wie die Drachenschlange war der Weg
durch das Labyrinth nicht ohne Gefahren. Und wenn Sang-drax Haplo dann in den
Schlingen hatte, gedachte Xar, zur Stelle zu sein, um darauf zu achten, daß
seine kostbare Beute nicht zu sehr beschädigt wurde.
Xars dringendstes Problem war die Termination
der Nichtigen. In Anbetracht der magischen Fähigkeiten des Fürsten hätte die
Ermordung von zwei Elfen, zwei Menschen und einem Zwerg (keiner davon
übermäßig intelligent) kein Problem sein dürfen. Der Fürst des Nexus
hätte sie alle miteinander zu Staub zermalmen können, mit einem Wink seiner
Hand und zwei, drei gesprochenen Worten. Schwierigkeiten bereitete ihm denn
auch nicht die Art ihres Todes, sondern ihr Zustand nach demselben.
Er nahm sich Zeit, die Nichtigen zu studieren,
und gelangte zu der Erkenntnis, daß sie es auch tot nie und nimmer mit den Tytanen
aufnehmen konnten. Der Elfenmann war groß, aber dünn, mit zerbrechlichen Knochen.
Der Mensch wirkte auf den ersten Blick vielversprechender – hochgewachsen, mit
stabilen Knochen und Muskeln. Bedauerlicherweise schien er an den Qualen
unerwiderter Liebe zu leiden und hatte seinen Körper verkommen lassen. Die
Menschenfrau war stämmig, aber handfest. Der Zwerg, obwohl von kleiner Statur,
verfügte über die Körperkraft seiner Rasse und war noch der beste von einem
erbärmlichen Haufen. Die Elfenfrau – hoffnungslos.
Deshalb kam es darauf an, daß die Nichtigen im
Tod brauchbarer waren als im Leben. Ihre Leichen mußten in guter Verfassung
sein, leistungsfähig und stark. Und noch wichtiger, mit einer Kampfkraft und
Ausdauer begabt, über die sie in ihrem jetzigen Zustand nicht verfügten. Gift
war das beste Mittel, sie umzubringen, aber ein spezielles Gift, das den Körper
tötete und ihn zugleich kräftigte. Eine höchst faszinierende Dichotomie.
Xar nahm als Grundlage eine Flasche gewöhnliches
Wasser. Mit den Möglichkeiten der Runenmagie änderte er dessen chemische
Zusammensetzung. Nach einiger Zeit war er überzeugt, das Gewünschte zu haben;
er hatte ein Elixier geschaffen, das tödlich wirkte – nicht sofort, erst nach
einer kurzen Frist, während der eine rasche Vermehrung von Muskel- und
Knochengewebe stattfand, ein Prozeß, den die Nekromantie noch verstärkte.
Das Gift hatte einen Nachteil: Die Leichen
verbrauchten sich schneller als bei gewöhnlichen Wiedergängern. Doch Xar hatte
ohnehin keine weitere Verwendung für diese Nichtigen, sie sollten ihm lediglich
die
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