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Irrwege

Titel: Irrwege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Weis , Tracy Hickman
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die beiden Fremden, die nicht Patryn beherrschten, sich in
Gesellschaft ihrer Weggefährten wohler fühlten.
    Marit kehrte zurück und gesellte sich schweigend
zu ihnen. Sie hielt den Blick auf ihr Abendessen gesenkt – ein Gemisch aus
getrocknetem Fleisch und Früchten, eingewickelt und gegart in Weinblättern. Der
Hund bekam seinen Anteil von Haplos Portion, ließ sich auf die Seite fallen
und war mit einem müden Schnaufer fest eingeschlafen. »Was geht hier vor?« Hugh
Mordhand hielt die Stimme gesenkt. »Die Leute mögen uns das Leben gerettet
haben, doch von überschwenglicher Freundlichkeit sind sie nicht gerade eben.
Sind wir ihre Gefangenen? Müssen wir bei ihnen bleiben?«
    Haplo lächelte. »Nichts dergleichen. Sie wissen
nichts mit uns anzufangen, wir sind ihnen ein Rätsel. Etwas wie euch beide
haben sie ihr Lebtag nicht zu Gesicht bekommen. Nein, wir sind nicht ihre
Gefangenen. Wir können jederzeit unserer Wege gehen, und sie würden kein Wort
sagen. Doch im Labyrinth lauern tausend Gefahren, wie du gemerkt haben wirst.
Wir müssen ausruhen, unsere Wunden heilen, unsere Kräfte erneuern. Sie werden
uns zu ihrem Dorf bringen…«
    »Woher weißt du, daß man ihnen trauen kann?«
    »Weil es Angehörige meines Volkes sind«,
antwortete Haplo im Brustton der Überzeugung.
    Hugh Mordhand lachte auf. »Der kleine Bastard
Gram war ein Angehöriger meines Volkes. Genau wie sein famoser Herr
Vater.«
    »Bei uns ist das anders«, meinte Haplo. »Es
liegt an diesem Getto, diesem Gefängnis. Seit Generationen, seit wir hierher
verbannt wurden, waren wir gezwungen zusammenzuhalten, um überleben zu können.
Von dem Augenblick, da wir geboren werden, ist unser Leben in jemandes Hut –
Mutter, Vater oder gänzlich Fremder. Es kommt nicht darauf an. Und so geht es
weiter, unser ganzes Leben hindurch. Kein Patryn würde je einen anderen
verletzen oder töten oder…«
    »Seinen Fürsten verraten?« warf Marit schneidend
ein.
    Sie schleuderte den Rest ihrer Mahlzeit zu
Boden, sprang auf – der Hund schreckte aus seinem Schlummer hoch – und ging
mit zornigen Schritten davon.
    Haplo wollte sie zurückrufen, zögerte und
schwieg. Was konnte er sagen?
    Die anderen Patryn hörten auf zu reden und
schauten ihr nach, fragten sich, was vorgefallen war, wohin sie ging. Marit hob
einen Wasserschlauch auf, als hätte sie die Absicht, ihn am Bach zu füllen. Es
gab weder Sterne noch einen Mond im Labyrinth, aber der Widerschein des
Lagerfeuers auf den Blättern und der Wasseroberfläche spendete gerade soviel
Helligkeit, daß man sehen konnte. Sie achtete darauf, den Bereich des Lichts
nichts zu verlassen – es wäre unverzeihlicher Leichtsinn gewesen.
    Die anderen Patryn kehrten zu ihrer Mahlzeit und
ihren Gesprächen zurück. Nur Kari folgte Marit mit den Augen, dann richtete
sie den kühlen, nachdenklichen Blick auf Haplo.
    Er schalt sich selbst einen Narren. Wo hatte er
sich hinverstiegen? Sein Volk – einzigartig, unvergleichlich. Fast schon die
Anmaßung eines Sartan. Nun ja, des verstorbenen Samah zumindest. Gewiß nicht
Alfreds – ein Angehöriger dieser Spezies, dem es schwerfiel, sich dem
erbärmlichsten Wurm überlegen zu fühlen.
    »Und was wolltest du mit deinem Vortrag sagen?«
fragte Hugh in die unbehagliche Stille hinein.
    »Nichts«, murmelte Haplo. »Unwichtig.«
Vielleicht war es gar nicht so abwegig, sich wegen dieser Patryn Sorgen zu
machen. Wir wurden geschickt, um euch zu finden. Die Tigermänner waren
auch geschickt worden, um sie aufzuspüren. Und Haplo war nicht aufrichtig zu
seinen Landsleuten gewesen, belog sie, brachte den Erzfeind unerkannt in ihr
Reich.
    Ein Patryn, der Marit tags begleitet hatte, kam
zum Bach und machte Miene, sich neben ihr niederzulassen. Sie zeigte ihm die
kalte Schulter und wandte das Gesicht ab. Achselzuckend ging er wieder.
    Haplo stand unter Schmerzen auf und humpelte zum
Bach hinunter. Marit saß am Ufer, die Schultern hochgezogen, die Knie angewinkelt
und das Kinn darauf gestützt. Beim Geräusch seiner Schritte blickte sie stirnrunzelnd
auf, um jeden Störenfried abzuweisen. Als sie sah, daß er es war, löste ihre
Anspannung sich etwas, und sie schickte ihn nicht weg, wie er fast befürchtet
hatte.
    »Ich habe Durst«, sagte er einfallslos.
    Er beugte sich nieder, schöpfte Wasser mit der
hohlen Hand und trank, dann setzte er sich neben sie. Marit sah ihn nicht an,
sondern starrte in den Bach, der klar, kalt und

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