Irrwege
mit, Drugar?
Jetzt gleich? Dann sind wir sicher vor Xar…«
Drugar schüttelte entschieden den Kopf. »Es
besteht immer noch die Möglichkeit, daß die anderen am Leben sind. Wir müssen
das Tor öffnen und die Tytanen hereinlassen. Sie werden uns helfen, Xar
aufzuhalten.«
»Sie werden ihn töten«, sagte Aleatha dumpf.
»Uns werden sie auch töten, aber was macht das schon noch…«
»Das werden sie nicht«, fiel Drugar ihr streng
ins Wort. »Du mußt mir vertrauen. In der anderen Zitadelle habe ich einiges
erfahren. Es war alles ein Fehler, ein Mißverständnis. ›Wo ist die Zitadelle?‹
haben die Tytanen gefragt. Und wir hätten weiter nichts zu antworten brauchen
als: ›Hier. Hier ist die Zitadelle. Kommt herein!‹«
»Wirklich?« Aleatha blickte hoffnungsvoll zu ihm
auf, dann verdunkelte Argwohn ihre Augen. »Ich will das alles selbst sehen.
Bring mich hin.«
Drugar zog die Brauen zusammen. »Willst du, daß
dein Bruder stirbt?« Die Stimme des Zwergs klang barsch. »Wulst du, daß Roland
stirbt?«
»Roland«, wiederholte Aleatha und ließ den Kopf
sinken. »Ich liebe ihn. Ich liebe ihn wirklich. Ich weiß nicht, weshalb. Er
ist so – so…« Sie seufzte. »Er hat mir gesagt, ich soll weglaufen. Er hat sich
vor mich gestellt. Er hat mir das Leben gerettet…«
»Wir müssen jetzt gehen«, mahnte Drugar. »Wir
müssen gehen und uns vergewissern, was ihnen zugestoßen ist.«
»Aber wir dürfen den Garten nicht verlassen.« Aleathas
Stimme klang schrill. »Xar ist dort draußen und wartet auf uns. Ich weiß, er
ist…«
»Vielleicht ist er weg«, meinte Drugar. Er
setzte sich in Bewegung. »Wir werden sehen.«
Aleatha schaute ihm nach. Sie fürchtete sich,
ihm zu folgen, aber noch größer war ihre Angst, allein zurückgelassen zu
werden. Sie raffte ihre zerschlissenen Röcke und eilte hinter Drugar her.
Xar konnte nicht in den Irrgarten hinein. Die
Sartanrunen verwehrten ihm den Zutritt. Fluchend wanderte er auf und ab und
studierte das Spektrum der Möglichkeiten. Er konnte sich mit Feuer den Weg durch
die Hecken erzwingen, aber wenn er nun die ganze Anlage niederbrennen mußte, um
die beiden Nichtigen zu finden? Verkohlte Leichen waren ihm nicht mehr von Nutzen.
Geduld. Es hieß Geduld bewahren. Die Elfenfrau mußte über kurz oder lang wieder
herauskommen; Durst und Hunger waren seine Verbündeten. Die anderen drei
Nichtigen waren in dem zugemauerten Raum sicher verwahrt. Er hatte Zeit, hier
so lange zu warten wie nötig.
Xar erweiterte den Bereich seines Hörens und
lauschte. Schritte, leises Weinen, dann ein Rascheln und ein Wehlaut? War sie
gestürzt? Plötzlich eine zweite Stimme.
Xar lächelte. Er hatte richtig gerechnet. Der
Zwerg. Sie hatte ihn zu dem Zwerg geführt. Was sie redeten – lauter dummes
Zeug. Der Zwerg war betrunken, kein Zweifel. Xar lachte herzlich über die Idee,
den Tytanen die Stadttore zu öffnen.
Nichtige waren dümmer, als er gedacht hatte.
»Ich werde die Tore öffnen, du Gnom«, sagte Xar.
»Wenn du tot bist! Dann kannst du mit den Tytanen Bekanntschaft schließen!«
Die beiden näherten sich dem Ausgang des
Heckenlabyrinths. Sehr gut. Xar hatte nicht damit gerechnet, daß die Wartezeit
so kurz sein würde.
Er spazierte zu einem der nahen Häuser und
verbarg sich im Schatten. Von dort konnte er das Tor sehen, ohne selbst gesehen
zu werden. Sollten sie sich ruhig weit genug von ihrem Zufluchtsort entfernen,
damit sie ihm nicht wieder durch die Finger schlüpfen konnten.
»Ich werde die beiden gleich töten«, sagte er zu
sich selbst, »und vorläufig hier liegenlassen. Wenn auch die anderen tot sind,
komme ich wieder und vollziehe die Riten…«
Er konnte den schweren Schritt des Zwergs hören,
die auf dem Pfad hinter der Hecke näherkamen. Und Aleathas Trippeln, kaum
wahrzunehmen. Doch er hörte deutlich ihr aufgeregtes Flüstern.
»Drugar! Geh nicht hinaus! Bitte! Ich weiß, er
ist da. Ich weiß es!«
Xar zwang sich zur Ruhe und wurde belohnt. Das
schwarzbärtige Gesicht des Zwergs lugte um den Taxusbogen. Verschwand sofort
wieder und kam nach einer Weile erneut zum Vorschein.
Xar hütete sich, eine Bewegung zu machen; er war
eins mit den Schatten, in denen er sich verbarg.
Der Zwerg tat einen zögernden Schritt, die Hand
an der Axt in seinem Gürtel. Er blickte die Straße hinauf und hinunter.
Schließlich winkte er.
»Aleatha, du kannst jetzt kommen. Alles in
Ordnung. Fürst Xar ist nirgends zu
Weitere Kostenlose Bücher