Irsud
müssen.“ Sie drehte den Kopf und schaute träge im Garten umher. Jenseits des Baches erhob sich der Mahazh wie ein großer, grauer Bienenstock, verdeckte ein Stück des Himmels. Noch während sie hinsah, glitt von dem flachen Dach aus eine ovale Form in die Luft. Sie stieß Burash in die Rippen. „Was ist das?“
Er blickte auf, seine Blicke folgten ihrem zeigenden Finger. „Gleiter.“
Gemeinsam sahen sie zu, wie die Scheibe zwischen zwei Wolkenbänken zu einem schwarzen Tupfer schrumpfte. „Siehst du jetzt, wie unmöglich es ist? Wie weit könntest du kommen, bevor die Kipu dich fände?“ Burash kickte Sand hoch. „Es gibt keinen Ausweg, Leyta.“
Sie blinzelte zum Dach hinauf, ein nachdenkliches Glitzern in den Augen. Dann zuckte sie ungeduldig mit den Schultern und wandte sich wieder Burash zu. „Gibt es einen sehr, sehr intimen Ort, an dem wir uns treffen können?“
5
Aleytys zog den Gobelin beiseite und stand vor der Wächterin.
„Parakhuzerim?“ Die Wächterin war eine Steinmauer aus Gleichgültigkeit, die den Türbogen blockierte, ihre ornamentreiche Lanze gegen den Rist gestemmt, in einer langen Diagonale schräg über den Körper gelegt. Das einzelne Wort – Eiträgerin –, das in seinen Implikationen erschreckend war, traf Aleytys wie ein harter Schlag, und nur die leichte Frage-Anhebung zum Schluß beeinträchtigte seine schwere, direkte Zurückweisung.
Aleytys würgte die plötzliche Woge von Zorn und durch den Dämpfer verursachter Verwirrung hinunter, warf den Kopf zurück und konzentrierte ihren blaugrünen Blick auf die glitzernden, schwarzen Facetten, die durch sie hindurchsahen, als wäre sie ein Geist, dessen Existenz die Wächterin sich anzuerkennen weigerte. „Ich muß die Kipu sehen“, sagte sie scharf.
Die Nayid verzog die dünnen Lippen zu einem mißbilligenden Klumpen blaupurpurnen Fleisches. Ihre Fühler zuckten hin und her. „Warum?“
„Da gibt es etwas, was ich von ihr brauche. Sie ist die einzige, die es mir besorgen kann.“
„Was?“
Angetrieben von Zorn und zunehmender Enttäuschung zuckte Aleytys’ Geist vor, um die Wächterin zu berühren, da die unbewußte Konditionierung eines ganzen Lebens ihr bewußtes Wissen um die Vergeblichkeit des Versuchs überwältigte. Verbissen kämpfte sie darum, die Kontrolle wiederzugewinnen, während die Gestalt der schlaksigen, pferdegesichtigen Nayid verwischte, da ihr wilder Kampf gegen den Dämpfer alles bis auf den Aufruhr in ihrem Schädel überdeckte.
Nach einigen Herzschlägen blinzelte sie langsam. Mit unsicherer Stimme, die Worte langsam und schwerfällig formuliert, wiederholte sie: „Ich will die Kipu sehen.“
„Nicht zu dieser Zeit.“ Die Wächterin streckte die Hand aus, um den Gobelin zwischen sie beide zu ziehen. „Die Kipu hält am Morgen keine öffentliche Audienz.“
Aleytys stieß ihre Hand hoch, um die Hand der Nayid aufzuhalten. „Nein. Ich muß die Kipu sehen.“
Mit ihrem schwachen, strengen Stirnrunzeln betrachtete die Wächterin Aleytys. Die Sekunden vergingen. Schließlich nickte sie, das schwächste Zucken ihres Schädels, wirbelte herum und schritt den Korridor entlang davon, wobei ihre Stiefel rasch über die glatten, blaugrünen Fliesen klickten. Aleytys atmete erleichtert auf, das Herz klopfte vor Anstrengung. Sie lief hinter der Nayid her, ihre nackten Füße setzten dem frischen militärischen Pochen ein fleischiges Schlappen entgegen.
Der Korridor endete abrupt vor einem Türbogen ohne Vorhang. Während sich ihr Magen unter den Vorläufern der Panik zusammenzog, rannte Aleytys weiter und kam gerade noch rechtzeitig durch die Türöffnung, um einen polierten schwarzen Stiefel hinter der Mittelwandung des Treppenhauses nach oben verschwinden zu sehen.
Die Treppe kroch als weißer Wurmgang rundherum nach oben, die Gipsdecke eine einzige Handspanne über den rötlichen Knollen an den stummeligen Fühlern der Nayid. Nach einem halben Dutzend Kehren, Stufen hinauftaumelnd, die für doppelt so lange Beine wie die ihren vorgesehen waren, zitterte Aleytys vor Ermüdung; ihr linkes Bein verkrampfte sich um die halb verheilte Wunde herum.
Als sie endlich auf die scharlachroten Fliesen des Ganges im zweiten Stock hinausstolperte, hinkte sie schwer und keuchte wie ein kurzatmiges Pferd. Sie lehnte sich an die Wand und starrte finster auf die sich entfernende Nayid, die mechanisch davonschritt, den geraden, dürren Körper kosmisch gleichgültig wiegend.
Aleytys rieb sich
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