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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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glitten kreischend mehrere Zoll über den Boden. „Nein. Ich verbiete es.“
    Die Kipu lächelte. Ihre langen Reptilienfinger klopften sanft auf die Tischplatte, ordentliche, gerade Nägel klapperten dabei leise gegen das harte Holz.
    „Er gehört mir.“ Asshrud richtete sich auf und wiederholte die Worte, versuchte Kraft in die schwankende Stimme zu legen. „Er gehört mir.“ Aber das Feuer spielte vergeblich gegen die Ruhe der Kipu. Asshrud sah in ihrer bebenden Qual lächerlich aus. Sie wußte, daß sie lächerlich aussah, aber die Qual war echt. Aleytys spürte eine leichte Übelkeit in der Magengrube und blickte von der Szene weg.
    Als sie vergessen in dem Hin und Her zwischen den beiden Nayids stand, verspürte sie plötzlich Mitleid mit Asshrud. Sie dachte an ihre eigene kummervolle Kindheit zurück und fühlte vage die Qual eines dicken, plumpen Kindes, das an einem Ort, wo alle anderen schlank und gutaussehend waren, zu abstoßendem Erwachsensein aufwuchs. Sich selbst zum Trotz verspürte Aleytys den Drang, zu besänftigen und zu beruhigen, aber der Dämpfer machte dies zunichte. Er ließ ihren Geist in Verwirrung davonwirbeln. Sie schloß die Augen, bis der Dämpfer ihr wieder gestattete, Aufmerksamkeit für die Szene vor sich zu erübrigen. Zum ersten Mal bemerkte sie den männlichen Nayid, der unsicher neben Asshrud stand.
    „… hat ihn mir geschenkt. Ihr wißt es.“ Asshrud tastete nach der Hand des Mannes, Tränen liefen über ihre dicklichen Wangen. Sie begann zu betteln. „Nehmt ihn nicht weg, Rab’Kipu. Bitte, nehmt ihn nicht weg … Mutter … Sie hat ihn mir geschenkt. Bitte … Lisshan gehört mir. Ich brauche ihn. Nein, tut es nicht …“ Sie brach ab und schluchzte erbärmlich, ärgerlich.
    „Könnt Ihr mir Eure Geschenkurkunde zeigen?“ Die Nüstern der Kipu blähten sich wieder auf, und ihre dünnen Lippen preßten sich fest zusammen. „Sie hat Euch seine Dienste verwenden lassen, um Euer Gewinsel zu beruhigen, wann immer es ihr auf die Nerven gegangen ist.“ Sie schmeckte die Worte jetzt nicht mehr ab, sie spuckte sie aus wie bittere Samenkörner.
    Asshrud schluckte und bemühte sich, ihren Schmerz unter Kontrolle zu bekommen. „Ihr könntet einen anderen nehmen“, platzte sie heraus.
    „Nein, diese Besessenheit für den Bettsklaven Eurer Mutter …“ Die Kipu zögerte, um nach dem geeigneten Wort zu suchen. „… ist ekelerregend. Und das Beispiel, das Ihr bietet …“ Sie ließ ihre Blicke über Asshruds Körper gleiten.
    „Dies sind schwierige Zeiten“, fuhr die Kipu mit eisiger Stimme fort. „Wir alle müssen das Unnötige opfern, Belit. Sabut!“
    „Rab’Kipu?“ Eine rote Wächterin, eine aus dem anonymen Gewirr an der Wand, trat forsch an den Tisch.
    „Nehmt Lisshan und bereitet ihn vor.“
    Sie schnellte einen Finger in Richtung des untersetzten Mannes, der zunehmend kränklich aussah. Er versuchte, sich hinter Asshruds Körpermasse zurückzuziehen, erkannte dann die Hoffnungslosigkeit jeden Widerstandes und ging wie betäubt mit der Wächterin davon.
    Asshruds Blicke folgten ihm aus dem Raum, ihr Gesicht war verzerrt von den Qualen, die in ihr am Werke waren. Sie wandte Aleytys einen leeren, funkelnden Blick zu. „Du … du … Ich werde es dir zurückzahlen!“
    „Ihr vergeßt Euch, Belit.“ Eine leichte, glatte Ölschicht der Befriedigung färbte diese Worte.
    Asshrud fuhr herum, stieß unbeholfen gegen den Tisch, aber sie schien dies nicht zu spüren, obwohl sich der Tisch um mehrere Zoll verschob. „Und Ihr … weshalb?“ Sie streckte zitternde Hände aus. „Weshalb stellt Ihr mich immer völlig bloß?“
    Die Kipu wich zurück und tippte ihre Fingerspitzen sorgfältig gegeneinander. „Belit“, sagte sie kalt. „Ich glaube, Ihr würdet Euch in Euren Gemächern mehr wie Ihr selbst fühlen.“
    Asshrud sah sie wieder an, ihr Gesicht voll ohnmächtigen Hasses, dann watschelte sie um den Tisch herum und stapfte langsam aus dem Raum.
    Aleytys sah ihr nach; erneut war das Mitleid in ihr stark entflammt. Nicht einmal ein würdiger Abgang, dachte sie. Was für eine grausame Sache … so häßlich zu sein, so beleidigend für das Auge, daß einem niemand die tiefsten seelischen Schmerzen als ernst abnahm.
    „Belit Gapp!“ Die scharfe Stimme unterbrach Aleytys’ Grübeln. Wo habe ich diesen Namen gehört … Sie schüttelte sich. Das Kind von Burashs Bruder. Sie hat ihren Vater verzehrt, als sie aus seinem Fleisch schlüpfte. Wie es die Alte bei mir

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