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Irsud

Irsud

Titel: Irsud Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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zwei luden sporadisch Ballen aus, die ein paar Handwagenschieber in die Lagerhäuser karrten.
    Hinter Aleytys brach der Gesang vorübergehend ab, und ein einzelner, volltönender Baß begann, ein langes Bittgebet zu intonieren, das sie entschieden ignorierte; sie ließ ihre Blicke wieder am Fluß entlanggleiten, bis sie aufmerksam zum östlichen Horizont starrte.
    Das Bittgebet wurde beendet. Ein plötzliches prasselndes Geräusch schloß ihre Hände zu Fäusten mit weißen Knöcheln. Sie schluckte und schluckte, und noch immer kehrte der saure Geschmack wieder. Ein Chor von Schreien von den Hiiri vibrierte zitternd durch ihren Körper. Sie spürte, wie sich die Hitze des Feuers bereits durch den schweren Umhang brannte, der, von den Bienenbroschen gehalten, über ihre Schultern herunterhing. Sie dachte an die braunen, nackten Gestalten, ganz winzige Leute, die man mit demselben Öl auf Hochglanz eingerieben hatte, das die Scheite durchtränkte … Aleytys stoppte diesen Gedanken, aber der Gestank verbrannten Fleisches wehte vorbei. Sie schluckte, aber der saure Geschmack wollte nicht vergehen. Blind, in kurzen Stößen atmend, starrte sie auf das unschuldige, liebliche Land in der Tiefe. Das Schreien hielt an, hohe Diskante zu dem tiefen Baßgesang des versammelten Chors priesterlicher Nayadim. Der Gestank schwebte in der windstillen Luft.
    Sie fühlte jemanden hinter sich und blickte sich schnell um. Einer aus der Gruppe der Fremden, die respektvoll hinter der Kipu standen, war zu ihr herübergekommen und musterte sie mit schwachem Interesse; ein dunkler, brauner Mann, nur wenig größer als sie, mit mattem, schwarzem Haar, das als ordentlich gestutzter Brombeerstrauch von seinem Kopf abstand. Er lächelte. Weiße Zähne blitzten. Nasenflügel flachten ab. Die gelbe Sonne warf rot-bernsteingelbe Schlaglichter von seiner sehr dunklen Haut.
    „Sie machen wirklich weiter.“
    Sie akzeptierte die Eröffnung, froh, sich von dem Entsetzlichen hinter sich abwenden zu können. „Ja.“ Sie lächelte fast über die Banalität ihrer Antwort. Die Fäuste öffneten sich, und sie konnte spüren, wie sie sich entkrampfte. „Du bist kein Nayid. Wer bist du?“
    „Rep der Ffynch-Gesellschaft“, sagte er knapp. „Sombala Isshi.“
    Sie bemerkte, daß er sich taktvoll zurückhielt, sie seinerseits zu befragen, obwohl seine Neugier deutlich zu erkennen war. „Ffynch-Gesellschaft?“
    Kühles Nachsinnen war in seinen Augen, als er sie mit fast beleidigender Gründlichkeit betrachtete, aber er hielt sich noch immer zurück, ihr irgendwelche Fragen zu stellen. „Haben Sie schon von den Gesellschaften gehört?“
    „Ein wenig.“
    „Die Ffynch-Gesellschaft ist in diesem Sektor tätig. Sehen Sie, dort.“ Er legte eine Hand leicht auf ihre Schulter. Sie konnte ihre Wärme durch den Brokatumhang hindurch fühlen. Wieder spürte sie einen flüchtigen Stich von Dankbarkeit. Sie blickte hinunter, in die Richtung seiner zeigenden Hand, bis sie auf das flache Dach des Mahazh starrte. Sie sah die Gleiter, die sich dort wie Flöhe auf dem Rücken eines haarlosen Hausschweines zusammendrängten. „Wir liefern die Gleiter und warten sie. Unter anderem.“
    „Ihr seid also Händler.“
    Er lächelte plötzlich breit, als hätte sie etwas gesagt, das ihn amüsierte. „Auf gewisse Art“, sagte er zurückhaltend. „Darf ich Sie etwas fragen?“
    Sie musterte ihn eine Weile; gleichzeitig fühlte sie das Flackern des Chaos drohend heranschweben. Sie verlangte danach, hinauszutasten und in ihm zu lesen, durch seine perfekte Fassade zu brechen, doch ging sie hastig und brutal gegen diesen Drang vor.
    „Was mußt du wissen?“
    „Etwas über Sie. Wenn ich kein Nayid bin, dann sind Sie dies auch nicht, Lady. Welche Rolle spielen Sie dort unten?“ Er schnellte eine langfingrige Hand mit übergroßen Knöcheln, die die schmalen Finger in knorrigen Wurzeln verwandelten, in Richtung des Mahazh. Er lächelte wieder sein bezauberndes Lächeln. „Für einen Händler hat jedes Wissen Wert.“
    Sie überlegte, was sie sagen sollte. Ein Kobold des Unheils kitzelte ihren Magen. „Ich bin die Amme der neuen Königin. Gewissermaßen“, sagte sie spröde. Als die Stimme der Priesterin erneut zu einer monotonen Anbetung erdröhnte, schaute sie unruhig weg und sah plötzlich eine schwere Rauchsäule neben einem der Hügel aufsteigen. „Was ist das?“
    Er war an der Reihe, in die Richtung zu sehen, die ihr zeigender Finger angab. „Ha! Die wilden

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