Irsud
„Kommt“, murmelte Nakivas.
Dankbar stolperte sie in den Regen hinaus. Sie hob den Kopf und ließ das kalte, saubere Wasser über Gesicht und Hände spülen, durch das Haar strömen. Nach einigen Augenblicken schüttelte sie sich und wandte sich an Nakivas. „Was nun?“
„Kommt.“
Vo r ihnen, im Schutze einer Aushöhlung, dort, wo der Hügel auf den ebenen Boden traf: Fünf Pferde warteten unruhig, die Schweife wischten hin und her, die Hufe kratzten über das herumliegende Gestein, vier waren gesattelt, eines mit einem Bündel beladen.
Schweigend saßen die vier Gefährten auf, Nakivas und Aamunkoitta mit einer einzigen glatten Bewegung, Aleytys vorsichtig, Burash bedächtig, mit zusammengepreßten Augen; Schweiß perlte über sein angespanntes Gesicht. Schließlich zog Nakivas ihn hoch und half ihm, sich im Sattel zurechtzusetzen. „Alles in Ordnung mit dir?“ Er runzelte die Stirn. „Glaubst du, daß du dich oben halten kannst?“
Burash rutschte im Sattel hin und her, die Augen noch immer geschlossen. Durch zusammengebissene Zähne murmelte er: „Und wenn es mich umbringt.“
Nakivas stieß ein kurzes, scharfes Auflachen aus, dann trieb er mit einem Schenkeldruck sein Pferd aus der Senke. Aleytys wartete auf Burash, gemeinsam folgten sie dem Hiiri. Wieder bildete Aamunkoitta die Nachhut; die Blicke ihrer hellen Augen huschten wachsam umher.
Trostlos, in Strömen, regnete es, und sie ritten endlos in die ewig gleiche Ebene hinaus. Ein schwaches Grauen im Osten verkündete den Sonnenaufgang, aber der Regen fiel weiterhin von einem Himmel, der in bleiernem, grauem Dunst verschwunden war. Aleytys blickte wiederholt zu Burash hinüber. Er klammerte sich schmerzhaft am Sattelknauf fest, glitt in diesen tranceähnlichen Zustand, der über bloße Müdigkeit hinausging, in völlige Erschöpfung. Sie erinnerte sich an jene erste Nacht, damals, als sie aus ihrer Heimat geflohen war, erinnerte sich an das Brennen, die knochentiefe Müdigkeit, die hartnäckige Weigerung, aufzugeben. Ihr Körper pochte vor Sympathie mit dem seinen. Sie trieb ihr Pferd an Nakivas Seite. „Können wir anhalten?“
„Der Seppanhei?“
„Ja. Er will nicht aufgeben, aber er ist vor lauter Erschöpfung in Trance.“ Sie runzelte die Stirn. „Gib mir ein paar Minuten, ich denke, ich kann das in Ordnung bringen.“
„Sogar das, Kunniakas?“
„Warum nicht.“
„Der Regen wird bald versiegen, und wir brauchen ohnehin Deckung.“ Er schaute über die Schulter zu dem Nayid zurück. „Könnte er noch eine halbe Stunde durchhalten?“
„Er wird reiten, bis er aus dem Sattel fällt.“
„Das wird dann genügen. Und du, Kunniakas? Wie reitest du jetzt?“
Sie lachte. „Steif, mein Freund. Aber die alten Kenntnisse kehren zurück, und morgen wird es besser gehen.“
Der Regen verwandelte sich in ein leichtes Nieseln, und Aleytys konnte sehen, was ihr die anderen Sinne bereits gezeigt hatten. Sie hatten die Ebene hinter sich gelassen und waren in ein sanft hügeliges, bewaldetes Land vorgedrungen. Nakivas ließ das Pferd sich zwischen den Bäumen hindurchschlängeln und stieg schließlich auf einer kleinen, grasbewachsenen Lichtung ab. „Wir rasten hier bis zum Einbruch der Dunkelheit“, sagte er knapp.
Aleytys rutschte aus dem Sattel und eilte an Burashs Seite. „Wie geht es dir?“ Besorgnis machte ihre Stimme schärfer, als sie beabsichtigt hatte.
Er schwankte bedrohlich im Sattel, öffnete gewaltsam die Augen, versuchte, sie anzulächeln.
„Laß mich helfen.“ Sie ergriff seine Hand und legte sie auf ihre Schulter. „Stütz dich auf mich. Laß dich einfach herunterfallen. Komm schon, die leichteste Sache der Welt. Und ich bin hier; du hast nichts zu fürchten.“
Er nickte und glitt auf sie zu, knurrte, als das Sattelleder über zarten Oberschenkeln entlangwischte. Aleytys packte die schwerfällige Last. Er konnte nicht stehen, konnte sich nur schwach bewegen. Sie ließ sich langsam nieder, bis sie mit ihm kniete, dann ließ sie ihn sich flach auf dem nassen, kalten Gras ausstrecken. „Schließ für einen Moment deine Augen, Naram.“
Die dünnen, zarten Membranen glitten über die Facettenaugen. Er zitterte vor Kälte, sein ganzer Körper schüttelte sich vor Kälte und Erschöpfung. Aleytys griff nach ihrem Fluß und ließ die Kraft durch ihre Hände in seinen Körper fließen. So, wie sie das Gift aus ihrem Körper gespült hatte, so wusch sie jetzt die Erschöpfung aus dem seinen und heilte die
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