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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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wort- und gestenreich.
    Wenn es Ihre Zeit erlaubt und Sie ihm im großen Stil helfen wollen, fordern Sie den Händler auf, seine schönsten Stücke zusammenzupacken und Ihnen zu folgen. Machen Sie ihm klar, dass Sie 25Prozent seines möglichen Gewinns als Provision einstreichen werden. Dann suchen Sie mit ihm Ihre Reisegruppe auf, und stellen Sie der den Burschen als ultimativen Basari Ihres Vertrauens vor. Da die meisten Ihrer Mitreisenden ja nicht über Ihre Fachkenntnisse im Umgang mit Händlern verfügen, sind sie entsprechend glücklich über Ihren Vorstoß.
    Ihr Mann wird das Geschäft seines Lebens machen, Sie werden zum Star Ihrer Reisegruppe. Und wenn Sie zum Abschied großzügig auf Ihre Provision verzichten, haben Sie einen Freund fürs Leben gefunden (geben Sie ihm trotzdem auf gar keinen Fall Ihre Mobilfunknummer), der sich fortan nicht mehr gen Osten verneigt, sondern gen Nordwesten, dorthin, wo Neckarsulm liegt – falls Sie aus diesem Ort stammen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Von Tussen und Tölen
Urlaub um die Ecke
    D er deutsche Dichter Matthias Claudius schrieb 1787 das schöne Gedicht «Urians Reise um die Welt». Es beginnt mit den Worten: «Wenn jemand eine Reise tut / So kann er was erzählen.» Das haben wir Deutsche uns zu Herzen genommen. Wir wollen keine Langweiler sein, wir wollen was berichten. Ein simpler Tapetenwechsel reicht uns nicht, zumal unsere Tapeten heutzutage auch nicht mehr so schlimm sind. Nein, wir wollen richtig was erleben, und das schaffen wir sogar im eigenen Land. Die meisten Reisen, die wir unternehmen, führen uns nicht an die Costa Brava, nicht nach Barbados oder an den Ballermann. Das ist nämlich nichts gegen Rügen, Sylt und Oberammergau. Besonders dann, wenn man auch noch die richtige Perspektive einnehmen kann.
    Entscheidend ist, dass man bei der geringsten Überwindung von Entfernungen fremdartige Eindrücke auch wirklich als solche erkennt. Automatisch kann das nicht jeder Mensch. Japaner beispielsweise fotografieren auf Reisen sicherheitshalber erst einmal alles. Sie sehen den Kölner Dom nicht, sie fotografieren ihn. Und wenn sie sich später das Foto nicht ansehen oder nicht mehr wissen, wo sie es gemacht haben, können sie kaum ein katholisches Bauwerk von einem hinduistischen Tempel unterscheiden. Da hätten sie auch zu Hause bleiben können. Man muss aber gar nicht so weit in die Ferne schweifen. Unsere Nachbarn zum Beispiel, die Holländer, sie tun nur so, als ob sie reisen würden. Sie nehmen lediglich einen Ortswechsel, nicht einmal einen Tapetenwechsel vor. Sie weigern sich kategorisch, neue Eindrücke zu sammeln. Nicht einmal ihre Wohnwagen lüften sie, damit sie auch während ihres Ortswechsels nur ja nicht auf ihre typische, güllegeschwängerte Luft verzichten müssen. Oder die Norweger: Die reisen mitunter auch ohne Wohnmobil durch die Landschaften, sie sind dafür aber pausenlos betrunken. Alle Schweden, Finnen, Russen und Polen übrigens auch. Doch wie soll man sehen können, wenn man permanent unter Drogen steht?
    Wir machen es richtig. Mit einem Reiseführer in der Hand bereist der gute Deutsche in geschlossenen Reisegruppen Deutschland und die Welt, sammelt Unmengen an Eindrücken und stellt sie später unter holiday-check.de ins Netz:
    «An der Rezeption sprach niemand Deutsch.»
    «Der Kellner ließ uns links liegen.»
    «Die Handtücher waren grau und nicht weiß.»
    «Die Zimmer wurden nur gereinigt, wenn wir Trinkgeld hingelegt haben.»
    «Ich habe mir den Urlaub anders vorgestellt.»
    Das ist natürlich das Risiko, wenn man richtig reist. Einem Holländer bleiben solche Erfahrungen erspart, so auch dem Norweger oder Japaner. Da ich ein Deutscher bin und viel und gern reise, weiß ich wiederum viel zu «erzählen».
    Heute will ich mal wieder eine Kurzreise starten, man könnte auch Tagesausflug dazu sagen. Das läuft in der Anfangsphase vollkommen problemlos ab: Badehose einpacken, Badelatschen anziehen und losfahren. Direkt bei mir um die Ecke befindet sich eine kleine Talsperre, da hätte man sehr gut Der Schatz im Silbersee drehen können. Ein dunkler Wald, eine kleine Lichtung und dahinter ein Dorf, in dem man die Statisten bekommen hätte. Der Rahmen für Winnetou und Old Shatterhand und ihre Schatzsuche im Wilden Westen wäre prächtig gewesen. Aber man hatte sich für die Plitvicer Seen im heutigen Kroatien entschieden, deswegen stehen an der Talsperre bei mir in der Nähe heute keine Läden mit Schatzkarten, Lederbändern und

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