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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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zielorientiert finden? Das wird bestens funktionieren. Sie bekommen herrlichen Plunder angedreht, und der ganze Basar lacht sich tot.
Ihre blonde Frau oder Freundin eintauschen, vielleicht gegen einen teuren Berberteppich? Wird auch gut klappen, aber die Preise für deutsche blonde Frauen sind drastisch eingebrochen, seitdem auch russische Blondinen auf dem Markt sind.
Nur schauen und handeln und Tee trinken und vielleicht kaufen? Wenn das Ihr Plan ist, dann ist er hervorragend und – bei richtiger Umsetzung – auch vielversprechend.
    Nun zur richtigen Umsetzung: Die ersten fünfzig Meter schlendern Sie durch den Basar. Sie blicken freundlich und hilflos und lassen sich von jedem Händler anreden, auf Deutsch natürlich. So zu tun, als seien Sie keine Deutsche oder kein Deutscher, macht keinen Sinn. Alles an Ihnen sieht deutsch aus, vom Haarschnitt über Ihre Nase bis hin zu Ihrer Hüfttasche und Ihren Sportsandalen. In Windeseile wird sich in den schummrigen Gassen herumsprechen, dass gerade ein unbedarfter deutscher Tourist den Basar betreten hat. Das ist gut so. Je dümmlicher Sie wirken, desto mehr wird man Sie unterschätzen und in die Schublade «leichte Beute» packen. Lassen Sie sich nun nach und nach in verschiedene Läden zerren, und verhandeln Sie stundenlang über Waren, die Sie nie im Leben Ihr Eigen nennen möchten. Suchen Sie sich zum Beispiel eine völlig geschmacklose und undichte Kupferkanne aus, zeigen Sie sich äußerst interessiert, und fragen Sie, was diese kostet. Der Händler wird Ihnen einen Phantasiepreis nennen, zum Beispiel 1000 Marokkanische Dirham, das sind umgerechnet ungefähr 100 Euro. Sie denken nach, schauen sich das Objekt der Begierde genau an. Nach gefühlten dreißig Minuten blicken Sie den Händler mit Ihrem entwaffnendsten Lächeln an und sagen: «Mein Freund, diese Kanne ist wunderschön und garantiert antik, so, wie Sie gesagt haben, und sie passt perfekt auf meinen Kaminsims. Deswegen biete ich Ihnen einen Preis, den Sie unmöglich ablehnen können. Ich gebe Ihnen 30 Dirham – das ist mein letztes Wort!»
    Der Schnurrbart des Händlers wird in Sekundenschnelle grau. Sein Gesichtsausdruck wird in diesem Moment dafür sorgen, dass der gesamte Suq in Sekundenschnelle weiß: «Der deutsche Tourist ist nicht für dumm zu verkaufen. Der ist verrückt, denn er will den Spieß umdrehen und uns übers Ohr hauen, Achtung!»
    Jetzt wird der Basari natürlich jammern und zetern und klagen: «Bitte, bitte, kommen Sie mir im Preis etwas entgegen, Sie sind heute mein erster Kunde.» Erwidern Sie daraufhin: «Das tut mir wahnsinnig leid, dass Ihre Geschäfte augenblicklich nicht gut laufen, aber 30 Dirham ist die Kanne wert, mehr nicht.» Dabei schauen Sie auf Ihre Uhr und verabschieden sich höflich. Wenn der Händler jetzt hinter Ihnen herläuft und brüllt: «Okay, 30 Dirham, hier ist die Kanne», haben Sie wohl einen Fehler gemacht. Sie kommen nun nicht umhin, die Kanne zu kaufen. Lässt er Sie in Ruhe, hat dieses Verkaufsgespräch auf jeden Fall Ihr Selbstbewusstsein gestärkt.
    Nach weiteren fünfzehn Scheingeschäften sollten Sie zum Basarprofi mutiert sein. Doch wenn Sie danach tatsächlich etwas entdecken, was Sie schön finden, zum Beispiel handgefertigte Ledersandalen, müssen Sie Ihre Taktik ändern. Vollkommen unbeteiligt nehmen Sie dann die Schuhe in die Hand, riechen daran, verziehen die Nase, schenken dem Händler einen griesgrämigen Blick und verlassen wortlos den Laden. Jetzt wird er definitiv hinter Ihnen herrennen und betteln: «Wie viel sind Sie bereit zu bezahlen?» An diesem Punkt sollte das Verkaufsgespräch wie folgt ablaufen. Sie sagen: «Nennen Sie mir Ihren besten Preis.» Er antwortet: «Mein bester Preis sind 150 Dirham.» Sie klopfen ihm nun jovial auf die Schulter, nicht ohne einen abgedroschenen Spruch auf den Lippen: «Ich will nicht Ihren Laden kaufen, nur die Latschen! Ich biete Ihnen 10 Dirham.»
    Der Basari wird aufheulen und ein Gesicht ziehen, als wäre er nahe daran, Selbstmord zu begehen. Sie kommen ihm entgegen und sagen: «Gut, 15 Dirham sind mein letztes Wort.» Meist gehen Sie aus solchen Situationen als Sieger heraus und werden neuer Besitzer handgefertigter marokkanischer Ledersandalen. Lässt sich der Händler partout nicht erweichen, wissen Sie immerhin, dass Sie beim zweiten Kaufversuch mit dem Preis ein wenig höher gehen müssen. Das Wunderbare an großen Basaren ist ja, dass es die angebotenen Waren in Dutzenden von Läden

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