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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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gibt. Beim nächsten Handel setzen Sie den Preis einfach um fünf Dirham höher.
    Vermutlich hat der Deal insgesamt drei Stunden gedauert. Sollten Sie jetzt denken: «Das ist ja lächerlich, für ein paar Euro habe ich drei Stunden meiner kostbaren Zeit vergeudet», dann haben Sie auf einem Basar nichts verloren, dann gehören Sie in ein deutsches Einkaufszentrum. Handeln ist ein sportlicher Wettbewerb. Sie befinden sich in einer denkbar schlechten Ausgangssituation. Es ist für Sie ein Auswärtsspiel. Sie kennen die Spielregeln nur ungenügend, Sie konnten Ihren Gegner niemals zuvor mit Hilfe einer Videoanalyse studieren, seine Taktik ist Ihnen völlig fremd, und er versucht Sie mit süßem Pfefferminztee zu betäuben. Wenn Sie es dennoch schaffen, auf dem Platz des Gegners mit unorthodoxen Methoden und mit einem für Europäer ungewöhnlich hohen Zeitaufwand Ihr Gegenüber zu verwirren und zu erschüttern, haben Sie eine erwartete Niederlage in einen Sieg verwandelt – und Sie haben ein paar Händler glücklich gemacht. Von morgens bis abends Touristen übers Ohr zu hauen ist nämlich langweilig.
    Auf einem kleinen Basar, zum Beispiel in Luxor am Nil, gelten grundsätzlich ähnliche Regeln wie auf einem großen Basar. Großer Unterschied: Die Warenauswahl ist beschränkter, und die Händler stürzen sich mit größter Energie auf ihre Opfer. Nach der Sichtung eines deutschen Touristen folgt der sofortige Angriff. Geht es in einem großen Basar um einen sportlichen Wettbewerb, so wird daraus in einem kleinen Basar schnell mal ein Überlebenskampf. Wenn Sie jedem Basari Folge leisten, seinen Laden betreten und mit ihm Tee trinken, haben Sie am Abend eine ausgewachsene Diabetes und keinen Cent mehr. Und wenn es ganz schlecht gelaufen ist, haben Sie Ihre Armbanduhr gegen einen Teppich eingetauscht, der aus nicht mehr als fünfzehn Knoten besteht.
    Meine bewährte Taktik in kleinen Basaren lautet wie folgt: Sie betreten keinen einzigen Laden, sondern agieren davor mit einer vollkommen unsinnigen, aber zugleich variablen Floskel, und zwar auf Englisch: «No need and no like.» Oder: «Much need, but no like.» Oder: «No need, but much like.» Sagt zum Beispiel ein Händler zu Ihnen auf Deutsch: «Ich habe phantastische Elefanten aus Elfenbein», antworten Sie: «Yes, much like, but very sorry, no need.» Oder strenger: «No need, no like!» Oder höflicher: «No like, but very much need.»
    Ihre Ansage wird Ihr Gegenüber im besten Fall verwirren, im schlimmsten Fall reichlich verstören, in jedem Fall aber auf Distanz halten. Mit einem solchen Touristen will sich kein Basari abgeben, das würde seinem Ruf schaden. Wenn Ihnen jetzt doch mal ein Gegenstand entgegengehalten wird, den Sie käuflich erwerben möchten, wenden Sie zuerst die Floskel-Methode an, danach gehen Sie so vor, wie ich es Ihnen geraten habe, sollten Sie einen großen Basar betreten. Achten Sie auch darauf, immer die passende Landeswährung in der Tasche zu haben. Mit Euro oder Dollar zu bezahlen ist ein Ding der Unmöglichkeit, es sei denn, der Händler plant eine Europareise. Dann bestimmen Sie aber den Umtauschkurs!
    Kommen wir zu einem ganz kleinen Basar, zum Beispiel in einem verlorenen Kaff im Jemen, am Rand der Großen Arabischen Wüste. Dort müssen Sie fast alles, was Sie auf großen und kleinen Basaren gelernt und gewinnbringend umgesetzt haben, außer Acht lassen. In einen ganz kleinen Basar kommt manchmal wochenlang kein Tourist. Die Händler sind entsprechend ausgehungert und vereinsamt und sehnen sich nach Zuneigung, Fürsorge und einem Miteinander. Folgen Sie also immer dem Lockruf des Basari. Trinken Sie in seinem Laden Tee, essen Sie Datteln, schauen Sie sich die Fotos seiner Kinder an, besprechen Sie mit ihm die politische Großwetterlag und fragen Sie ganz nebenbei nach dem Preis für den einen oder anderen Schatz in seinem Geschäft. Begehen Sie aber niemals den Fehler, ihm Ihre Mobilfunknummer zu geben. Denn dann wird er Sie noch monatelang nachts aus dem Schlaf klingeln, nur, um Ihre Stimme zu hören und um Ihnen zu sagen, dass er sehr einsam ist und sich nach Ihnen sehnt.
    Zurück zum Business: Nach Stunden des Zusammenseins müssen Sie eine Entscheidung treffen. Erhandeln Sie nach allen Regeln der Kunst einen preiswerten Gegenstand (siehe dazu großer Basar und kleiner Basar), und machen Sie mit seinem Handy ein Bild von Ihnen beiden, das er sich später ausdrucken und übers Bett hängen kann. Danach verabschieden Sie sich

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