Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle
Federschmuck, auch keine Imbissbuden. Nur ein Schild, auf dem zu lesen ist: «Baden verboten, Campen verboten, Feuer machen verboten, Hunde verboten, Kinder verboten, Atmen verboten. Willkommen im Naherholungsgebiet Voreifel.»
Von einem kleinen Parkplatz führt ein steiniger Pfad fünfzig Meter durch den Wald hinab zum See. Statt Staumauer gibt es hier eine große, aufgeschüttete Wiese. Leider wird der Einstieg ins Wasser erschwert durch messerscharfe Steine, Felsklötze und eine widerliche Eisenstange, deren Spitze je nach Wasserstand knapp über oder unterhalb der Wasseroberfläche liegt. Eine gemeine Idee von der Gemeinde, um fremde Schwimmer, also Deutsche aus Ostfriesland oder Mecklenburg-Vorpommern, fernzuhalten. Mittlerweile werden die aber von den Einheimischen gewarnt. Die Gemeinde sollte also dringend wieder eine Ratssitzung einberufen und sich etwas Neues überlegen. Die Bundeswehr muss sparen, vielleicht ist bei denen Nato-Draht im Angebot.
Ich liebe es, morgens gegen zehn meine Bahnen im See zu ziehen. Ein leichter Nebel wabert über dem Wasser, die Tannen stehen still und stumm, Kröten und Krähen klagen im Schilf, und auf der kleinen Lichtung am Südufer liegen fast immer ein paar Jugendliche in ihren Schlafsäcken, die der neue helle Tag garantiert auf dem falschen Bein erwischt.
Auch heute stimmt die Szenerie, alles wie gehabt. Ich steige aus dem Wasser, fluche über die spitzen Steine, gehe über die Wiese zu meinem Handtuch und will mir das Nass aus dem Gesicht wischen. Aber mein Handtuch ist schon nass, nahezu klatschnass, und es stinkt ekelerregend nach Hund. Genauer gesagt, nach nassem Hundefell und Hundeurin. Ich fluche und brülle «Scheiß Köter!» und suche den Schuldigen.
Der ist nicht weit. Auf der Wiese haben sich während meiner Schwimmübungen etwa zwölf Sonnenanbeter eingefunden, die aber nicht nur die Sonne anbeten, sondern auch ihre Tölen. Jetzt liegen sie scheinheilig auf ihren Decken und Strandmatten, eingeschmiert mit Öl, und die Vierbeiner daneben, nass glänzend. Ein eindeutiges Zeichen dafür, dass sie schon ihr Bad genossen haben. Jeder von den Hundebesitzern weiß, dass sich ihre haarigen Freunde auf meinem Handtuch zum lustigen Abstrullen getroffen haben. Doch keiner gibt’s zu. Schon ein leicht gehauchtes «Sorry» hätte mir gutgetan. Aber Hundefreunde halten wie Pech und Schwefel zusammen, vor allem wenn es gegen Nicht-Hundehalter geht. Sie warten regelrecht darauf, dass ich ausflippe, aber den Gefallen tue ich ihnen nicht. Ich trage mein Handtuch demonstrativ zur nächsten Mülltonne und entsorge es. Danach setze ich mich auf meine Badelatschen und lese den Spiegel . Den «Hohlspiegel» habe ich gerade geschafft, da bricht plötzlich Krieg aus. Hundekrieg.
Eine schwarz-weiße Promenadenmischung reizt einen degenerierten Königspudel, der wiederum Unterstützung von einem angriffslustigen Schäferhund bekommt. Das animiert auch die anderen Möchtegern-Helden. In Sekundenschnelle haben sich zwölf Kriegerbestien bei ihren Herrchen und Frauchen abgemeldet und hetzen wie besinnungslos über die Wiese. In das wilde Gekläffe mischen sich die ersten Unmutsäußerungen der Hundebesitzer.
«Susi! Komm zurück auf die Decke.»
«Bodo! Hab ich dir nicht gesagt, du sollst bei der Hitze nicht so rumrennen?»
«Leo! Es wird nicht gebissen, ist das klar?»
Als sich das Köter-Knäuel auf mich zu bewegt, setzt sich die Halterin eines solch haarigen Kämpfers, eine Tusse, die zwanzig Meter neben mir auf ihrer Strandmatte liegt und der Freikörperkultur frönt, in den Schneidersitz und will mich beruhigen: «Die wollen nur spielen.» Kurz überlege ich, ob ich mein Handtuch aus dem Mülleimer holen und es ihr unter die Nase reiben soll, selbstverständlich mit einem coolen Spruch auf den Lippen: «Ich möchte auch ein wenig spielen.» Aber gegen zwölf Hunde und deren Halter kann ich nicht gewinnen. Ich kann zwar schnell schwimmen und schnell laufen, aber überhaupt nicht schnell schlagen.
Mittlerweile kämpft auf der Wiese jeder gegen jeden, und die Streitlust geht langsam auch auf die Hundebesitzer über. Das freut mich, und ich bleibe sitzen. Wenn sich hier schon nicht Lex Barker und Pierre Brice um ihr Leben schlagen müssen, dann wenigstens dieses Schauspiel: Ein Dackel mit rauen Haaren hat bei einem Labrador den Dicken gemimt und holt sich seine verdiente Tracht Prügel ab. Das nervt Frauchen, welches prompt den Labradorbesitzer anfaucht: «Nimm deinen Hund an die
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