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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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klar, dass er unsere Notlage bestens einschätzen konnte.
    «Was will er pro Mann?», fragte ich Haroon.
    «Umgerechnet fast 15 Dollar. Er lässt nicht mit sich handeln, und er will Vorkasse.»
    Das war ein unverschämt hoher Preis, aber ich wusste auch, dass es schon ungleich größere und bedeutendere Expeditionen im Hindukusch und Karakorum gegeben hatte, bei denen die Träger einfach abgehauen waren, wenn sich die Gehaltsverhandlungen zu lange hinzogen. Ich ließ es auf keine weitere Diskussion ankommen.
    Schließlich, am frühen Nachmittag, gelangten wir zu unseren Jeeps. Die Fahrer hatten sich nur von Aprikosen ernährt, entsprechend war die Stimmung. Immerhin: Der neue Küchenjeep stand mit Fahrer bereit. Jussuf hatte offensichtlich eine kräftige Abreibung bekommen, er hockte schweigend neben seinem Jeep im Staub. Als hätten wir nicht schon genug Ärger gehabt, türmte sich über uns eine gewaltige Gewitterwolke. Was auch kommen würde, wir mussten los.
    Kein Gegenverkehr, was bei diesen engen Pisten sehr angenehm war. Nur hatte das Hochwasser die kleine Holzbrücke über den Astor-Fluss, die wir vorgestern noch problemlos überqueren konnten, weggerissen. Zwölf Touristen, fünf Fahrer, ein Koch, ein Guide und ein Expeditionsleiter standen vor dem Wasser, und keiner hatte einen Plan. Bis ich einen entwickelte. Es war unsinnig, auf eine neue Brücke zu warten. Wegen der steilen Böschungen konnten die Jeeps nicht durchs Flussbett fahren, selbst nicht bei niedrigstem Wasserstand. Aber wir konnten zu Fuß rüber und auf der anderen Seite neue Jeeps anfunken. Noch schauten Felsbrocken aus dem schäumenden Wasser, aber jeder konnte sehen, dass der Wasserspiegel minütlich stieg. Schmelzwasser und das lokale Gewitter oberhalb von uns, dem wir selbst entkommen waren, sorgten offenbar dafür. Nachdem keine bessere Idee geäußert wurde, fragte ich: «Sollen wir versuchen, zu Fuß durch den Fluss zu kommen? Traut sich jemand als Erster?»
    Ich blickte in zwölf unentschlossene Gesichter, aber schließlich gab sich Rudolf einen Ruck. «Also, ich versuche es. Mehr als schiefgehen kann es nicht. Aber dann fischt ihr mich raus, klar? Gustav, kommst du mit?»
    Natürlich konnte Gustav nicht nein sagen, und überraschenderweise nickten auch Otto und Gerlinde. Die vier schafften es mit größter Kraftanstrengung, von Felsblock zu Felsblock springend das andere Ufer zu erreichen. Angekommen jubelten sie und machten uns Zeichen, ihnen zu folgen. Aber es war zu spät. Der Wasserstand stieg rasant, die Felsbrocken wurden weggerissen und mit der schäumenden Flut zu Tal gespült. Es wäre lebensgefährlich gewesen, jetzt noch jemanden ins Wasser zu schicken.
    Wieder einmal bauten wir auf der Piste die Küche auf und bereiteten auf dem Kerosinkocher Tee zu. Zelte konnten wir wegen des Sturms, der das «Tal des Grauens» durchfegte, nicht aufstellen. Das abenteuerlustige Quartett auf der anderen Seite tat uns ehrlich leid. Verständigen konnten wir uns nicht, der Fluss war zu laut. Sie hatten keine Schlafsäcke, keine Verpflegung, nichts. Altaf konnte gut werfen und war im Käsedosenweitwurf absolute Weltklasse. Per Luftpost gab’s auch noch den nötigen Dosenöffner und zwei Aluflaschen mit braunem Flusswasser.
    Der Sturm wurde am Abend so stark, dass uns vier Isomatten in den Abgrund flogen. Verzweiflung auf der ganzen Linie. Ein Segen, dass Altaf in einem alten Ölkanister selbstgebrannten Aprikosenschnaps aufbewahrte, der tat jetzt Wunder.
    Am nächsten Morgen bot sich uns ein skurriles Bild. Kreuz und quer auf der staubigen Piste lagen Schlafsäcke. Dazwischen verschiedenste Utensilien, vom Kulturbeutel bis zum Kochtopf. Der Astor-Fluss war jetzt nur noch ein Rinnsal, der Weg hinüber ein Kinderspiel. Das Wiedersehen mit den vier Musketieren fiel freudig aus. Otto und Gerlinde hatten meinen Respekt, von den beiden Bayern hatte ich nichts anderes erwartet.
    Einige junge Burschen waren mit einem Traktor erschienen und luden Holzplanken für eine Notbrücke ab. Sie nahmen mich mit ins nächste Dorf, und von dort konnte ich in Gilgit fünf neue Jeeps ordern, sehr zu Lasten meiner Handkasse. Aber ich durfte keine Kosten scheuen und musste meinen Touristen schnellstmöglich einen Tapetenwechsel verschaffen. Doch das war selbst in Gilgit nicht einfach.
    Im «Hunza Tourist House» hatte ich Glück. Kurz vor Ausbruch einer Meuterei konnten wir hier nach einstündiger Fahrt auf dem Karakorum-Highway saubere Zimmer mit Betten

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