Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
Vom Netzwerk:
Meinung nach auf einer solchen Tour mitnehmen sollen? Wir sind auf einer Jeep-Expedition und nicht auf einer Stadtrundfahrt! Und bei einem Reisegewinnspiel habt ihr die Tour ja ganz sicher auch nicht gewonnen!»
    Langsam wurde ich richtig sauer. Dieses verwöhnte Pack, dachte ich. Einmal bezahlen und danach nur noch Forderungen stellen. Klar, ich konnte die Kritik am Essen andeutungsweise verstehen. Aber was gab der lokale Markt her, das unsere Mägen auch verdauen konnten?
    Um das herauszufinden, setzte ich mich mit Altaf in den Küchenjeep und fuhr zurück nach Astor. Im Dorf sahen wir keine einzige Frau, nur Männer mit langen Bärten und uralten Gewehren. Bei einem Bauern bekamen wir Kartoffeln und eine Ziege, eine ziemlich alte und eine ziemlich teure. Das Tier band ich auf die Ladefläche des Küchenjeeps, später, zurück im Lager, mit einem langen Strick an das Gefährt. So konnte es noch ein bisschen frisches Gras fressen, bevor es ins offene Messer lief. Altaf bereitete die Ziege sehr geschmackvoll zu, serviert wurde sie mit Kartoffeln auf bunten Plastiktellern.
    «Und, Otto, bist du jetzt zufrieden?», fragte ich.
    «Du brauchst jetzt nicht so süffisant zu lächeln. Ich hatte nicht gefordert, dass ihr gleich eine ganze Ziege schlachten solltet.»
    Ottos Frau Gerlinde fügte noch hinzu: «Erst lässt du uns mit der Ziege herumspielen, dann stecht ihr sie grausam ab. Und jetzt sollen wir sagen, dass sie lecker schmeckt, das ist gemein von dir.»
    «Liebe Gerlinde, wenn ich eine Metzgerei gefunden hätte, dann lägen jetzt Bratwürste auf deinem Teller. Aber hier gibt es keine Metzgereien.» Das saß.
    Cordula und Anke, Freundinnen aus Wolfenbüttel, die bislang eher mit sich selbst beschäftigt waren und allergrößten Wert darauf legten, jeden Morgen wie aus dem Ei gepellt vor der Gruppe zu erscheinen, meldeten sich aber noch zu Wort: «Zu Hause essen wir ganz selten Fleisch, höchstens mal ein Putenschnitzel», meinte Anke, und Cordula bemerkte: «Wie auch immer, es muss ja niemand von der Ziege essen, wenn er nicht will.»
    «Dann aber bitte auch nicht mehr beschweren.» Die Bemerkung konnte ich mir nicht verkneifen.
    Haroon, Altaf, Rudolf, Gustav und ich haben das Tier unter uns aufgeteilt.
    Tags darauf stand ein Tagestrekking zum Fuß des Nanga Parbat auf dem Programm. Nach einer Stunde Wanderung bergauf durch einen lichten Birkenwald erreichten wir den Rama-See unterhalb des Sachen-Gletschers. In dem kristallklaren Wasser spiegelten sich die mächtigen Felswände der Umgebung. Auf der anderen Seite des Sees entdeckten wir ein paar Hirtenhütten, in der wilden Gerölllandschaft waren sie kaum zu erkennen. Sie duckten sich gegen den Hang und waren aus groben Felsstücken zusammengefügt, ohne Fenster, nur mit kleinen Türeingängen. Über den ärmlichen Behausungen gab es nur noch Fels, Eis und den Gipfel des Nanga Parbat. Auch wenn die Sonne schien, die Luft war kalt, an schattigen Plätzen um den See herum lag firniger Altschnee.
    Ich ließ die Gruppe dort oben zurück und lief zu unserem Lager. Dringend musste ich mich um unsere Weiterreise kümmern. Es war nicht anzunehmen, dass die Route, die uns aus dem Höllental von Astor herausführte, wieder befahrbar war. Ich hatte einen neuen Küchenjeep per Funk geordert, den wir bei unseren restlichen Jeeps treffen sollten. Und ein paar Träger, die angeblich bereit waren, uns das Equipment durch die Schlammlawinen zu tragen. Dazu hatte ich in Astor einen Dorfjeep ausfindig gemacht. Der Besitzer war bereit, meine Leute von der Wiese hinunter bis nach Muschkin zu bringen.
    Hatten diese sich schon permanent über die schrottreifen Jeeps aufgeregt, an denen jeden Abend geschraubt werden musste, dann hatten sie jetzt richtig Grund dazu. Der Fahrer des Dorfjeeps trug ein Gewehr, war gedopt, und sein Gefährt war kein Jeep, sondern ein Traktor mit Anhänger. Das sah so ein wenig nach Vatertagsausflug aus, aber ohne Bier und ohne Lachen.
    Als wir so aufbrachen, war in Muschkin auch tatsächlich die erste Etappe zu Ende. An diesem Tag lebte der Hang wieder. Gewaltige Sandmassen rutschten ununterbrochen ins Flussbett und stauten dort das Wasser, das mit lautem Getöse immer wieder die neuen Dämme brach. Ein apokalyptisches Bild.
    Voller Angst sprangen wir, wenn der Hang sich beruhigt hatte, durch die Sandberge. Am Pistenrand hockten die bestellten Träger, neun wild aussehende Gesellen. Haroon führte die Verhandlungen mit ihrem Anführer. Und sehr schnell war

Weitere Kostenlose Bücher