Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle
immer noch gern mit Pfeil und Bogen und Steinaxt, aber sie sind nicht mehr scharf auf das Herz der Touristen. Es ist davon auszugehen, dass sie keinen Ärger mit der indonesischen Regierung haben wollen. Und vermutlich glauben sie auch, dass Touristen über keine nennenswerte Kraft verfügen, die man von ihnen annehmen könnte.
In das Baliem-Hochtal kann man zu Fuß gelangen, aber das würde viele Tage dauern. So schweben wir von Jayapura aus, dem heutigen Port Numbay, einer Stadt an der Nordküste West-Papuas, mit einem kleinen Flieger ins Tal; wir sind die einzigen Gäste an Bord. Besorgt frage ich mich: Regnet es, oder gießt es?
Es regnet nur. Das sehe ich, während unsere Maschine direkt vor das kleine Flughafengebäude rollt. Wir lassen uns unsere Seesäcke geben und gehen zu unserem Hotel, genau fünfzig Meter. Es ist somit ein klassisches Flughafenhotel. Mechthild, Jana, Ludger und Gotthard staunen nicht schlecht, eine solche Herberge haben sie nicht erwartet, ganz aus Wellblech und Brettern gebaut, innen wie außen. Bei Holidaycheck.de würde die Weiterempfehlungsquote für diese Unterkunft gegen null tendieren. Mittlerweile gibt es ein besseres Hotel im Tal, aber alle Teilnehmer hatten sich vorher dafür entschieden, «landestypisch» untergebracht zu werden. Luxusherbergen sind weltweit austauschbar, sie sind kalt und unpersönlich, oft fehlt ihnen jeglicher Charme. Unser Hotel hat Charme, einen ganz eigenen. Alle Zimmer sind vollkommen dunkel, ohne ein einziges Fenster, die Möblierung besteht aus nichts weiter als einem Bettgestell und einem Waschbecken, in dem grünes Wasser steht. Das ist wirklich in allen Räumen so, es ist also Standard. Gut, dass wir Schlafsäcke dabeihaben. Die Seesäcke werfen wir auf unsere Betten, danach machen wir uns fertig zur ersten Schlammschlacht. Und bevor wir so richtig damit starten, treffen wir gleich hinter dem Hotel auf Einheimische.
Schaut man sich die Dani an, was die im Regen tragen, dann gibt es unter ihnen die Gummistiefel- und Plastikregenmantelfraktion, die Badelatschen- und Badehosenfraktion und immer noch die original Penisköcherfraktion. Der Penisköcher wurde angeblich als Bollwerk gegen Ungeziefer erfunden. Das ist nachvollziehbar, denn in diesem immerfeuchten Klima gedeihen Ratten, Würmer und Moskitos bestens. Da erscheint ein ausgehöhlter langer Kürbis als Penisschutz ausgesprochen sinnvoll, wenn man sonst keinerlei Kleidung trägt. Unabhängig davon machen sich Dani-Männer und Dani-Frauen mit Vorliebe schön. Neben der Koteka, so wird das Penisfutteral genannt, tragen die Herren oftmals auch den prächtigen Zahn eines Ebers, der durch die Nasenscheidewand gehauen wird. Und im Haar stecken Federn des Paradiesvogels. Da die Frauen auf den Köcher verzichten müssen, verzieren sie ihre Haut vorzugsweise mit rotem Lehm und Schweinefett, um den Hals legen sie Muschel- oder Knochenketten. Aber immerhin können sie mit einem Schamschutz aufwarten, Yokul genannt, und sie haben stets ein großes Einkaufsnetz dabei. Darin liegen Süßkartoffeln genauso wie Schweine und Kinder.
Einig sind sich die drei Outfit-Fraktionen hinsichtlich des Einsatzes von Regenschirmen, wobei der Knirps das Nachsehen hat, weil er zu klein ist und nicht als Wanderstock dienen kann, wenn es mal nicht regnet. Penisköcher und Badehosen wollen Jana und Mechthild an ihren Männern nicht sehen, deswegen haben sie sich für Gummistiefel und Regenmantel entschieden. Da meine Frau weit weg ist, hatte ich mit dem Penisköcher geliebäugelt. Aber mich letztlich schweren Herzens dagegen entschieden. Durch die Fotos, die man dann unweigerlich von mir machen würde, könnten mir zu Hause Nachteile erwachsen. Badelatschen müssen aber sein.
Wir laufen durch Felder und Wiesen, und nach einer Weile sehen wir aus wie Schweine, die nichts lieber mögen, als sich im Dreck herumzuwälzen. Immer wieder treffen wir unterwegs Dani. Sie sind zurückhaltend, aber freundlich. Sie nehmen Blickkontakt auf und reichen uns mit einem «Nayak» auf den Lippen die Hand. Ich kenne auf der Welt keine sensibleren Händeschüttler als die Dani. Da sind sie Weltklasse. «Nayak» kann man auch zum Abschied sagen, und zwischendurch fällt uns nicht so viel ein. Es gibt da eine kleine Sprachbarriere. Aber Schauen und Staunen machen auch Spaß, und zwar beiden Parteien. Da niemand es eilig hat, schauen wir uns sogar lange an. Ludger macht währenddessen Fotos. Dani sind muskulös gebaut und mit einem kräftigen
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