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Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle

Titel: Is Nebensaison, da wird nicht mehr geputzt: Urlaub in der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikka Bender
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mich, ohne zu fragen, an einen Tisch mit noch fünf freien Plätzen. Weil ich fünf durch zwei teilen kann. Und ich werde tatsächlich geduldet!
    Satt suche ich den direkten Weg zum Deck 12, zur «Sailaway-Party». Alle sind gut drauf, alle tanzen den Clubtanz. Ich treffe Heidrun und Silke. Sie sind zum zwölften Mal auf einem AIDA-Schiff, also echte Wiederholungstäterinnen.
    «Wir können uns einen anderen Urlaub gar nicht mehr vorstellen», vertraut mir Silke an.
    Die wird von dem Reiseunternehmen für ihre Lobeshymnen bezahlt, denke ich, antworte aber: «Und stört euch denn nicht, dass man immer nur einen Tag vor Ort ist und dann schon wieder das nächste Ziel angesteuert wird?»
    «Überhaupt nicht», meint Heidrun. «Ein Tag reicht fast immer. Auf einer Karibikinsel ist nie besonders viel zu sehen. In Städten wie Rom oder Barcelona hat es dann auch gereicht», fügt sie hinzu. Was soll ich sagen? Diese beiden Frauen sind Überzeugungstäterinnen, Einspruch nicht gestattet.
    Ich lehne mich über die Reling und schaue in die Nacht, hinter mir die bunte und laute Welt auf Deck 12, vor und unter mir das schwarze und stille Meer. Genauso still stehle ich mich davon.
    Ausschlafen ist am nächsten Morgen nicht möglich, da die obligatorische Seenotrettungsübung abgehalten wird. Beim Zähneputzen frage ich mich, was denn passiert wäre, wenn das Schiff schon in der Nacht zuvor in Seenot geraten wäre. Ohne Seenotrettungsübung wären wir doch äußerst hilflos gewesen, oder?
    Einzufinden habe ich mich an meiner Sammelstelle auf Deck 6. Dort herrscht schon ein Treiben wie auf einem Karnevalszug mit Einheitskostüm, in diesem Fall besteht es aus der obligatorischen roten Schwimmweste. Und schon geht das Spektakel los. Der Deckoffizier brüllt in allerbestem Kommisston die einzelnen Kabinennummern. Er erwartet ein zackiges «Ja», «Hier» oder «Sir, yes Sir» . Kommt die Antwort nicht wie aus der Pistole geschossen, setzt es böse Blicke. Wenn sich alle gemeldet haben, also noch keiner über Bord gegangen ist, wird die Show vollkommen unspektakulär beendet. Ich hätte noch gern ein Rettungsboot erklärt bekommen und die Zusicherung erhalten, dass auch wirklich für jeden an Bord ein Platz in einem solchen Boot sozusagen reserviert ist. Ebenso hätte es mich sehr interessiert, von welchem Deck man im Notfall idealerweise ins Meer springen soll. Aber es gibt keine weiteren Informationen, stattdessen machen AIDA-Fotografen Bilder von uns Schwimmwestenträgern, die später ausgehängt und zum Verkauf angeboten werden.
    Da heute kein Landgang angesagt ist, ist heute Seetag, und Seetag ist Pooltag. So wie ich haben viele gedacht. Entsprechend sieht die Situation bei den Sonnenliegen aus. Entweder sind Menschen auf ihnen oder Handtücher oder Utta-Danella-Bücher. Ich könnte auch wieder in mein Innenkabinenbett gehen, aber da ist das Zimmermädchen zugange. Also packe ich ein fremdes Handtuch fein säuberlich beiseite, lege mich an seine Stelle in die Sonne und stelle mich sofort schlafend. Das ist nicht einfach. Die Liegen stehen dicht gedrängt in Reih und Glied. Ich kann zwanzig Menschen atmen hören und ihre Sonnencreme riechen. Dennoch: Die Kombination aus frischer Seeluft und anstrengender Seenotrettungsübung hat mich müde gemacht. Aus dem Schlafendstellen wird ein eindeutiges Schlafen, bis der Handtuchbesitzer um die Ecke biegt und mich abrupt aus wirren Träumen reißt.
    «Diese Liege ist mir, dass Sie’s wissen, und die daneben meiner Frau.»
    «Nein, das sehe ich nicht so», antworte ich. Sofort bin ich hellwach und kampfbereit.
    «Haben Sie nicht das Handtuch gesehen?»
    «Doch! Und das hab ich Ihnen auch ordentlich zusammengefaltet hier hingelegt.» Ich zeige auf den Boden.
    «Sie wissen genau, dass mein Handtuch auf der Liege lag. Es ist meine Liege.» Der Typ, der aussieht wie Helmut aus Halle in Westfalen, kocht langsam hoch.
    «Die Liege haben Sie nicht von zu Hause mitgebracht, Ihre Liege kann das also gar nicht sein. Sie war nicht belegt, als ich kam, und zumindest kurzfristig ist es meine Liege.» Ich kann auch rüde sein.
    Wäre Helmut aus Halle körperlich dazu in der Lage gewesen, er hätte mich – wie ich sein Handtuch – zusammengefaltet. Ist er aber nicht. Er verdrückt sich und lässt seine miese Laune vermutlich an seiner Ulla aus. Wenn Sie aber auf einer Liege liegen, nicht mehr schlafen können und das Buch in der Kabine vergessen haben und nicht holen können, weil der Feind im Revier

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