Isabelle
einer Stunde bin ich wieder draußen.«
Kleiweg warf Max einen mitleidigen Blick zu. »Wie kann ein Mensch nur so dumm sein?«
Max sagte ins Blaue hinein: »Der einzige Weg, wie er hier wieder rauskommt, ist mit Handschellen an den Handgelenken in einem niederländischen Gefangenentransporter. Er wird ordnungsgemäß ausgeliefert und wandert bei uns in den Knast wegen Mordes.«
»Ich weiß nichts von einem Mord.«
Die Antwort war so abgedroschen, dass wohl jeder Polizist überall auf der Welt nur noch ein müdes Lächeln dafür übrig haben konnte. »Das Problem ist, dass du durchaus davon weißt«, sagte Kleiweg.
»Es gibt noch eine kleine Chance, den Schaden zu begrenzen, sodass du nur eine Anklage wegen Mittäterschaft oder Planung eines Mordes kriegst«, ergänzte Max, »aber dein Problem ist, dass wir im Handumdrehen eine Mordanklage daraus machen können. Mord an Ben Visser alias Alex Hinstra, geborener Alex Lafont. Du hast in den ganzen Niederlanden Spuren hinterlassen. Im Krankenhaus in Culemborg, bei der alten Mevrouw Mertens, beim Waisenhaus in Hengelo, bei Hinstra in Leeuwarden …«
»Ich habe für einen Rechtsanwalt Nachforschungen wegen einer Erbschaftsangelegenheit angestellt«, fauchte De Canter.
Max schüttelte den Kopf. »Rechtsanwalt Julius Bocken hat noch nie von dir gehört. Du hast in direktem Auftrag für Didier Lafont gearbeitet, der den anderen Erben loswerden wollte. Siehst du, wie sonnenklar das für die niederländischen Justizbehörden ist? Wir haben überall Zeugen. Du hast vor dem Altersheim in Leeuwarden gewartet, bis Alex alias Ben Visser dort am Geburtstag seines Adoptivvaters auftauchte. Du bist ihm einfach gefolgt und hast ihn beobachtet, bis in diesem Hotel an der Linge die Chancen günstig standen. Du wurdest sogar auf dem Parkplatz vor der Autobahnraststätte gesehen, bevor du von dort aus Ben Visser zu dem Hotel gefolgt bist.«
»Kein Mensch kann mich dort gesehen haben, weil ich nämlich gar nicht da war!«
Kleiweg reichte zum Recorder und drückte auf die Pausentaste. Er beugte sich zu De Canter und sagte leise: »Das weißt du und das wissen wir vielleicht auch, aber wir können genauso gut falsch spielen wie du. Der Mörder war dort. Wir brauchen den Fall nur mit einer Verhaftung abzuschließen, und da nehme ich dich genauso gern wie den Profi, der den Abzug gedrückt hat. Ehe du dich versiehst, wirst du über den Tisch gezogen. Das ist keine Kunst.«
Kleiweg ließ den Recorder weiterlaufen und lehnte sich zurück.
Max sah, wie sich auf De Canters Oberlippe kleine Schweißperlchen bildeten. Demonstrativ schaute er auf die Uhr. »In diesem Moment wird Didier Lafont von der französischen Polizei verhaftet«, sagte er. »Wie lange, meinst du, wird dein guter Freund brauchen, um zu erklären, dass er dich nur mit den Nachforschungen beauftragt hat und der Rest auf deine Kappe geht? Er hat dich bezahlt, aber es gibt nichts Schriftliches darüber. Und so was sagt er sogar am Telefon.« Max lächelte. »Er kannte noch nicht einmal den Namen des Mörders. Aber du kanntest ihn.«
De Canter war verwirrt. »Am Telefon?«
»Glaubst du, wir können keine Telefone anzapfen?«
»Alles nur sinnloses Gerede«, sagte Kleiweg. »Es geht darum, dass Didier alles auf dich abwälzen wird. Du wanderst in den Knast, Didier kommt ungeschoren davon. Das haben wir schon öfter erlebt.«
De Canter wurde wütend. »Didier lügt, dass sich die Balken biegen!«
Ein Schweigen trat ein.
»Jetzt kommen wir der Sache doch schon ein Stückchen näher«, sagte Kleiweg. »Du weißt also, wer Didier ist, und du hast schon öfter Geschäfte mit ihm gemacht.«
»Fall doch tot um, Mann.«
»Noch eine Kleinigkeit«, sagte Max. »Eine Viertelstunde, nachdem du ihn angerufen hattest – und dabei hat er mehr als genug auf das Band gequatscht, um dich hinter Gitter zu bringen –, rief dein guter Freund Didier hinter deinem Rücken auch noch seinen Bekannten in Marseille an. Kannst du dir denken, warum?«
De Canter starrte ihn an. Der Schweiß auf seiner Oberlippe schien zu gefrieren.
»Er hat gefragt, ob sie ein Problem für ihn lösen könnten«, erklärte Max. »Ich glaube, er meinte dich. Millessandri, sagt dir der Name was?«
»Vielleicht bist du im Amsterdamer Knast sogar sicherer aufgehoben«, fügte Kleiweg hinzu. Er warf Max einen Blick zu. »Ich denke, ich weiß, wen sie damit beauftragen werden.«
Max nickte. »Der kennt den Weg.«
Sie sahen, wie De Canter allmählich weich wurde.
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