Isabelle
Die Rückbank hatte eine breite heruntergeklappte Armstütze in der Mitte, alles war weich, federnd und behaglich warm. Es wurde eine luxuriöse Reise, aber sie fühlte sich so unglücklich wie Eva, die aus dem Paradies verjagt wurde, weil sie den falschen Apfel gegessen hatte.
Das Gesicht von Inspecteur Conincx verhieß nichts Gutes, als sie in sein Büro zurückkehrten. »Ich habe das Gefühl, dass man mich an der Nase herumgeführt hat«, sagte er verärgert. »Ich habe aufgrund von Informationen meiner niederländischen Kollegen und nach Absprache mit meinen französischen Kollegen einen Mann verhaftet, und jetzt stehe ich da wie ein Depp.«
»Was ist passiert?«, fragte Kleiweg.
Conincx schnaubte. »Es ging doch darum, dass De Canter aus dem Verkehr gezogen werden sollte, um zu verhindern, dass er Didier Lafont in Frankreich warnt? Oder war es andersherum? Jedenfalls hat es nichts genützt. Das bedeutet, dass ich nichts gegen De Canter in der Hand habe und ihn wieder laufen lassen muss. Didier Lafont ist über alle Berge.«
Kleiweg entfuhr ein für ihn uncharakteristischer Kraftausdruck.
»Aber sie haben ihn doch observiert?«, fragte Max.
»Das schon.« Conincx spreizte seine Hände. »Ich habe die Gendarmen in Nuits Saint Georges angerufen, weil die Police Judiciaire nicht mehr verraten wollte, als dass der Mann verschwunden ist und ein Haftbefehl gegen ihn ausgestellt wurde. Die Gendarmerie hat wenigstens ehrlich zugegeben, dass ihnen Didier Lafont durch die Lappen gegangen ist.« Er seufzte. »Seine Frau sagt, Didier sei heute Morgen zusammen mit zwei Herren aufgebrochen. Nicht in seinem eigenen Auto, aber das kam ihr nicht ungewöhnlich vor. Sie behauptet, Didier ginge häufiger ganz unerwartet mit Geschäftsfreunden auf Reisen.«
»Hat sie das Auto gesehen?«
»Sie meint, sie hätten es vielleicht an der Kellerei abgestellt, aber sie hätte nicht darauf geachtet.« Er schwieg und schaute Max an.
Max zuckte mit den Schultern. »Solange man das Weingut nicht gerade lückenlos umzingelt, gibt es ein Dutzend verschiedene Möglichkeiten, dort unbemerkt hinauszukommen. Aber normale Geschäftsfreunde wären an die Haustür gekommen.«
»Ist das alles, was die Franzosen wissen?«, fragte Kleiweg.
»Vorläufig schon«, antwortete Conincx. »Sie wissen nicht, ob Lafont aus eigenem Antrieb heraus weggefahren ist oder ob die beiden Herren ihn abgeholt haben. Die Police Judiciaire hat eine Haussuchung durchgeführt, aber die Gendarmen haben keine Ahnung, ob sie dabei etwas gefunden haben.«
Für einen kurzen Moment sagte niemand etwas.
»Er hat gemerkt, dass er observiert wurde«, sagte Max deprimiert. »Entweder ist Didier gewarnt worden oder die Leute aus Marseille haben Wind davon bekommen. In diesem Fall muss man mit allem Möglichen rechnen, aber Didier werden wir wahrscheinlich nicht mehr wiedersehen.«
»Die französische Polizei ist nicht blöd, die haben das sicher begriffen«, meinte Kleiweg. »Ich glaube, dass sie den Leuten aus Marseille auf den Fersen sind.«
»Gegen die sie allerdings ohne Didier nichts in der Hand haben«, gab Conincx zu bedenken. »Und das weiß Millessandri auch. Hat Sjef De Canter noch irgendwas rausgerückt?«
»Er behauptet, von dem Mord nichts zu wissen, aber meiner Meinung nach hat er eine wahnsinnige Angst vor dem Mann aus Marseille.« Max blickte Kleiweg an. »Ich denke, wir haben jetzt eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie sich alles abgespielt hat.«
Kleiweg nickte und fing an, an seinen Fingern abzuzählen: »Der französische Notar muss Nachforschungen nach den Erben anstellen, so lautet das Gesetz. Er weiß, dass es Verbindungen in die Niederlande gibt, deshalb delegiert er diese Nachforschungen an Julius Bocken, hier in Antwerpen. Bocken fragt Didier Lafont, was er tun soll , und Didier antwortet, er habe jemanden für die Re cherchen in den Niederlanden an der Hand. De Canter hat früher schon Aufträge für Didier erledigt. De Canter stößt in den Niederlanden auf einen lebenden Erben, Alex Lafont.«
»Das war gute Arbeit«, sagte Conincx.
»Er hatte alle Informationen«, sagte Max.
»Wie dem auch sei, De Canter gibt seine Ergebnisse ausschließlich an Didier weiter, weil ihm nur allzu deut lich bewusst ist, dass Didier seinen Miterben liebend ger ne loswerden möchte. Julius Bocken erfährt von der Exis tenz Alex Lafonts erst, als der bereits tot ist. Das sind die Fakten, der Rest ist Spekulation. Irgendwelche Telefon gespräche auf Band, das
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