Isarblues: Der dritte Fall für Max Raintaler (German Edition)
einer meiner alten Bekannten da draußen
noch etwas Interessantes über Holzer und Nagel zu berichten. Eigentlich würde ihre
krankhafte Vorliebe für junge Mädchen längst reichen, um sie unter Druck zu setzen.
Aber je mehr ich über sie weiß, umso leichter kann ich die Mistkerle überführen.
11
Als Max sein Auto auf dem großen
Parkplatz vor dem S-Bahnhof in Unterföhring abstellte, war es Punkt eins. Eine vortreffliche
Gelegenheit, um als externer Gast in einer der großen Kantinen hier draußen preiswert
essen zu gehen. Die nächste lag gleich ums Eck.
Er trat
ein, griff sich ein Tablett und stellte sich in die Reihe der Hungrigen. Ein merkwürdiges
Völkchen, diese Medienleute, sinnierte er, während er sich in dem zweckmäßig eingerichteten
riesigen Saal umsah. Auf der einen Seite gab es dieselben geschniegelten Milchgesichter
im Anzug wie in jedem anderen Betrieb, bestimmt die Abteilungsleiter und sonstigen
kleinen Anführer. Dann waren da aber auch noch diese vielen jungen Leute in Jeans,
kurzen Hosen, T-Shirts und Flip-Flops. Das musste das arbeitende Fußvolk sein. Erstaunlich,
wie selbstbewusst die alle daherstolzierten. Als würde ihnen morgen der Sender gehören.
Wahrscheinlich meinten sie, wenn man für Stars arbeitete, wäre man selbst einer.
Immer wieder lustig, wie falsch sich Leute selbst einschätzen, dachte Max. Er bestellte
das Tagesgericht, Rinderroulade mit Blaukraut und Kartoffelknödel, bezahlte bei
der freundlichen Kassiererin und suchte sich einen Platz auf der Terrasse – und
hatte Glück. Ein Tisch im Schatten war noch frei.
»Hey, wenn
das nicht mein alter Kumpel Raintaler ist.«
Max hatte
gerade angefangen zu essen. Er hob kauend den Kopf und blickte freudig überrascht
in das bleiche nasengepiercte Gesicht von Leonhard Maurer, der seit etlichen Jahren
als Cutter für private Fernsehsender arbeitete. Wegen des guten Geldes, das dort
bezahlt wurde. Logisch. Außerdem machte ihm die Arbeit Spaß, und so ein Job beim
Fernsehen machte sich natürlich auch gut in der Vita und auf der Visitenkarte. Gerade
wenn es ums Anbaggern in der Disco oder im Biergarten ging. Und Lenny war ein großer
Baggerer vor dem Herrn. Schon immer.
»Hey Lenny,
altes Haus. Lange nicht gesehen. Setz dich doch.« Max zog einen der freien Stühle
unter seinem weißen Plastiktisch hervor. Na also, dachte er. Wusste ich doch, dass
ich nicht lange warten muss, bis sich jemand hier in der Kantine blicken lässt.
Außer Lenny arbeiteten nämlich noch drei weitere alte Freunde hier draußen, die
Max schon des Öfteren zur Mittagszeit besucht hatte.
»Stimmt,
Max. Lange nicht gesehen. Wie geht’s?«
»Danke,
gut. Bin pensioniert. Und dir?«
»Man lebt.
Pensioniert bist du also? Nix mehr Kripo?« Lenny stellte sein Tablett auf dem Tisch
ab und nahm Platz.
»Nein, Lenny.
Nix mehr Kripo. Aber ab und zu ermittle ich trotzdem noch. Privat.«
»Aha. Und
die Musik?«
»Ich trete
noch ab und zu auf.«
»Und Sex
auch nur noch ab und zu, Max. Oder was?«
»Genau.
Woher weißt du das?«
»Weil’s
mir genauso geht, Alter. Viagra ist teuer.« Lenny klopfte sich lauthals lachend
auf die Schenkel.
»Und was
treibt dich heute hierher ins Zentrum der privaten, deutschen Medienmacht?«, wollte
er wissen, nachdem er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte.
»Ich arbeite
gerade an einem Fall. Und wollte hier draußen ein paar Nachforschungen machen.«
»Das klingt
ja sehr konkret.« Lenny lachte erneut. Er war der Bassist in Max’ erster Band gewesen.
Damals, vor ungefähr 100 Jahren, als sie alle noch Haare bis zum Boden getragen
hatten und auf halbmeterhohen Plateausohlen dahergestolpert kamen. Inzwischen lief
er ganz ohne Haare herum. Stattdessen hatte er eine Baseballkappe mit der Aufschrift
›NY‹ auf dem Kopf. Und seine silberfarbenen Stiefeletten mit Plateausohlen hatte
er gegen knöchelhohe blaue Stoffturnschuhe mit flachen Sohlen eingetauscht. Wohl
als Erkennungszeichen des ausgeflippten Spätkreativen, der mit der spießigen Geschäfts-
und Arbeitswelt seiner Altersgenossen nichts am Hut hatte.
»Der gute,
alte Max«, fuhr er immer noch lachend fort. »Wortkarg wie immer. Ja, so was. Mann,
du warst der geilste Sänger, mit dem ich je auf einer Bühne stand. Habe ich dir
das eigentlich schon mal gesagt?«
»Hast du.«
»Wie ich
sehe, trägst du genau wie ich immer noch Jeans und T-Shirt. Sogar deine alten Cowboystiefel
hast du noch an. Bist offensichtlich auch nicht ins Spießerlager
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