Isarbrodeln
schließen, wenn er nicht sofort seine Salami bekäme. Plus eine Entschuldigung. Als Giovanni ihm beides mit dem Hinweis darauf, dass Max selbst schuld wäre, wenn er nicht anständig bestellen könne, trotzig verweigerte, warf der wutentbrannt seine salamilose Pizza an die hintere Wand des kleinen Verkaufsraums. Daraufhin entstand zuerst ein Riesentumult, gespickt mit den fantasievollsten Beschimpfungen auf beiden Seiten. Wobei das Italienische dem Bayrischen in nichts nachstand. Und dann geschah es. Während einer kurzen Gefechtspause lief Giovanni zu seinem Ofen, holte fünf unbelegte warme Pizzen heraus, stapelte sie auf dem Verkaufstresen übereinander, knallte noch eine ganze Salami am Stück daneben hin und forderte Max lautstark auf, sich seine bescheuerte Pizza doch gefälligst selbst zu machen. Der sah den tobenden Pizzabäcker zuerst mit offenstehendem Mund an. Dann konnte er einfach nicht mehr anders. Er musste lachen. Immer lauter. Giovanni stimmte nach einer Weile ein. Dann zauberte er von irgendwo eine Flasche Grappa hervor und sie tranken, bis sie leer war. Seitdem waren Max und sein Kollege Franz damals beinahe täglich bei Giovanni vorbeigekommen, um sich eine Pizza Salami zu holen. Und all ihren anderen Kollegen hatten sie den kleinen Pizzastand auch empfohlen. Das Weitere ergab sich zwingend. Giovannis Umsatz stieg und Max und er wurden dicke Freunde.
Etliches hatten sie seitdem miteinander erlebt. Nicht nur beim FC Kneipenluft und beim gemeinsamen Ausgehen. Auch in zahlreichen gemeinsamen Urlauben oder beim Bergwandern. Und wenn Max irgendwo in und um München seine Auftritte als Country- und Bluessänger hatte, war sein musikvernarrter, fünf Jahre älterer Freund aus dem Süden so oft er konnte dabei. Auch zuhause bei Giovanni und seiner früheren Frau Maria nahe Pesaro waren Max und Monika des Öfteren zu Gast gewesen. Der Wirt besaß dort eine wunderschöne Villa mit riesigem Pool unter Olivenbäumen und Palmen. Ein einziger Traum. Das Haus lag kurz vor Urbino, auf dem Gipfel eines Weinbergs mitten in den weitläufigen Hügeln der Marken. Jedes Mal gab es tolles Essen, tollen Wein und tolles Wetter. Einfach herrlich.
Übermorgen würde er für ein paar Tage mit Giovanni an den Walchensee zum Angeln fahren. Er freute sich schon auf ihren kleinen Männerurlaub. Normalerweise wurde dabei nur geschwiegen und Bier getrunken. Traumhaft.
Von Maria hatte sich Giovanni vor einigen Jahren getrennt, nachdem sie mit einem jungen Kellner aus Rom fremdgegangen war. Doch seit zwei Jahren gab es eine neue Liebe an seiner Seite. Clara, eine sehr hübsche, temperamentvolle Sizilianerin, die ihn schon nach kurzer Zeit wie eine Gouvernante in seinem eigenen Lokal herumkommandierte. Giovanni hatte sie gleich vom Fleck weg geheiratet. Besser Feuer unterm Hintern als alleine bis ins Grab, hatte er zuvor einmal beim Bier zu Max gesagt. Da könntest du recht haben, hatte der ihm damals geantwortet und dabei leicht resigniert an Monikas standhafte Weigerung, ihn zu heiraten, gedacht. Er hatte sie schon mehrmals gefragt, aber sie wollte ihre Freiheit einfach nicht aufgeben.
»Verschwindet endlich. Idioten!«, hörten Max und Monika jetzt die Stimme ihres Freundes laut vom Tresen her.
»Du bist der Idiot, Giovanni. Nur du!«, erwiderte eine andere Stimme mindestens genauso laut.
Sie drehten sich überrascht um und sahen Giovanni mit zwei jungen Burschen streiten. Der Größere mit den kurz geschorenen, schwarzen Haaren hatte einen Baseballschläger in der rechten Hand und klopfte damit bedrohlich in die offene Innenfläche seiner linken. Der kleine, langhaarige Lockenkopf neben ihm lehnte provozierend lässig mit den Händen in den Hosentaschen an der Wand.
»Haut schon ab!« Giovanni streckte den Arm aus und wies ihnen ärgerlich die Tür. Doch sie dachten gar nicht daran zu gehen. Ganz im Gegenteil. Der mollige Kleinere blieb stehen, wo er stand, und der schmale Größere trat sogar noch einen Schritt näher an die Theke heran.
Hey, Burschen, das reicht jetzt aber wirklich, dachte Max. »Ich glaube, ich schau da mal hin, Moni. Oder?« Er sah das Geburtstagskind fragend an.
»Tu das, Max«, sagte sie.
»Aber was, wenn es Verwandte sind, die ich noch nicht kenne? Dann störe ich doch nur.«
»Mag sein. Aber du kannst ja auf jeden Fall mal freundlich fragen, was los ist.«
»Da hast du natürlich recht.« Er stand auf, rollte kurz seine Schultern in den Gelenken, drückte sein Kreuz durch und machte sich auf
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