Isarbrodeln
lieber alle zusammen Monikas Geburtstag feiern. Ich sperre die Tür zu und hole den Champagner. Die anderen Gäste sind sowieso schon weg. Was meint ihr?«
»Ich habe ganz sicher nichts dagegen«, antwortete Max. »Und Moni hat, wie gesagt, auch Zeit. Stimmt’s, Moni?«
»Absolut!« Das Geburtstagskind nickte in bester Feierlaune.
»Gut, dann machen wir es jetzt so, wie ich sage, Giovanni. Sperr du zu und setz dich schon mal mit der Flasche zu unseren Freunden«, ordnete Clara an. Sie gab ihrem Angetrauten ein geschwindes Küsschen auf die Wange. »Und ich gehe kurz nach hinten und mache uns noch ein paar feine kleine Häppchen dazu«, fuhr sie dann fort. »Na los! Hopp, hopp!«
»Einer feschen Sizilianerin widerspricht man besser nicht, mein Freund. Also komm lieber mit«, klärte Max Giovanni auf und grinste Clara breit ins Gesicht.
Die grinste mindestens genauso breit zurück und verschwand in der Küche. Hoffentlich kommen diese miesen Kerle nicht zurück, um sich zu rächen, dachte sie, während sie frischen Hummersalat, jungen Pecorino und den edlen Parmaschinken für ganz besondere Gelegenheiten aus dem Kühlschrank nahm. Max kann ja nicht die ganze Zeit auf uns aufpassen.
2
»Na, das war doch mal wieder eine notte italiana vom Feinsten.« Max schaufelte mit einem großen Esslöffel Unmengen von Monikas selbst gemachter Erdbeermarmelade auf seine Semmel. Er war gestern mit zu ihr gegangen und hatte nach längerer Zeit mal wieder hier übernachtet. Schließlich musste ja irgendwer das reichlich angeheiterte Geburtstagskind ins Bett bringen. Und dann waren ihm die restlichen zwei Kilometer bis zu seiner Wohnung wegen seines eigenen Suri einfach zu weit gewesen.
»Stimmt«, erwiderte Monika, die ihm gegenüber an ihrem kleinen, weißen Küchentisch saß. »Und meine Kopfschmerzen sind auch vom Feinsten. Wie viele Flaschen Champagner haben wir eigentlich geleert?« Sie legte stöhnend ihre Stirn in Falten.
»Keine Ahnung. Aber vier oder fünf waren es bestimmt. Wie es sich für einen ordentlichen Geburtstag gehört. Für alle Fälle habe ich heute Morgen schon mal eine halbe Blutdrucktablette mehr genommen. Wer weiß, was sonst noch passiert.« Max blickte wichtig drein und bediente sich immer weiter fleißig aus ihrem Marmeladentopf.
»Alter Paniker. Erst zu viel bechern, und dann soll am nächsten Tag auf einmal das Herz in Gefahr sein.« Sie verdrehte die Augen. Warum musste ich damals eigentlich ausgerechnet an den König der Hypochonder geraten, dachte sie.
Max sah das anders. »Ich bin halt einfach vorsichtig, Moni«, sagte er. »Da ist doch nichts dabei. Unser Heimweg war auf jeden Fall ziemlich lustig. Ich denke da nur an das Eingangsschild vom Tierpark, das du mit deinem Lippenstift beschmiert hast.«
»Was habe ich …?« Sie sah ihn ungläubig an.
»Nichts Schlimmes«, beruhigte er sie. »Du hast bloß ein fröhliches Grinsgesicht drauf gemalt. Und keine Angst. Ich bin ja nicht mehr bei der Polizei.«
»Vor dir hab ich auch keine Angst. Aber hoffentlich hat uns sonst niemand gesehen. Mensch, und Giovanni hat alles spendiert. Wahnsinn! Sollten wir später nicht kurz bei ihm vorbeischauen und uns noch mal bedanken?«
»Logisch, Moni. Wie du meinst.« Er wusste, dass das keine Frage war, sondern eine Feststellung. Die Sache war so oder so beschlossen. Egal, was er geantwortet hätte. Also konzentrierte er sich auf das Nächstliegende und hievte voller kindlicher Vorfreude die Semmelhälfte mit dem riesigen Marmeladenberg darauf mit der rechten Hand von seinem Teller hoch.
»Hoffentlich kann der sein Lokal heute überhaupt pünktlich aufmachen. Er wird doch sicher auch einen dicken Kopf haben, so ausgelassen, wie er gestern drauf war.« Monika stöhnte erneut. Ihr eigener dicker Kopf schien auch nicht gerade von schlechten Eltern zu sein.
»Stimmt«, bestätigte er. »Ich kenne seit letzter Nacht bestimmt sämtliche Arien aus allen italienischen Opern, die jemals geschrieben wurden.«
Die Semmelhälfte stand dabei nahezu freischwebend vor seinem Mund. Wie die Palette auf einer Gabelstaplergabel kurz vor dem Einschub ins Regalfach. Dann knickte sie ab. Einfach so. Ohne Vorwarnung. Ganz hinten. Genau dort, wo er sie die ganze Zeit über mit Daumen und Mittelfinger gehalten hatte. Er versuchte, die unaufhaltsam heruntertriefende Marmelade eilig von der Seite her mit der Zunge aufzufangen. Zum Teil gelang ihm das auch recht gut. Das meiste der klebrigen, roten Masse jedoch landete
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