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Isarbrodeln

Isarbrodeln

Titel: Isarbrodeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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allen Rettungsversuchen zum Trotz auf dem Tisch und dem neuen japanischen Seidenmorgenmantel, den er vor einem Monat für den Fall einer Übernachtung hier bei Monika gebunkert hatte. »Herrschaftszeiten, noch mal!«, fluchte er laut. »Verdammter Mist! Schau dir doch bloß diese Sauerei an. Der reinste Erdbeertsunami. Warum muss so was eigentlich immer mir passieren?«
    »Weil kein anderer Mensch auf dieser Welt so viel Marmelade auf seine Semmel packen würde«, erwiderte Monika und schüttelte lachend ihre lange, dunkle Lockenpracht.
    »Alles klar. Ich gehe duschen. Dann können wir los. Den Morgenmantel lege ich zu deiner Wäsche. Wenn den jemals irgendwer wieder sauber bekommt, dann bist du es. Bis gleich.« Er stürmte eilig aus der Küche, noch ehe ihn Monika zum vierhundertdreiundzwanzigsten Mal genervt auffordern konnte, seine Wäsche gefälligst selbst zu waschen. Hundertprozentig dicht gefolgt von dem vierhundertdreiundzwanzigsten Hinweis darauf, dass er schließlich verdammt noch mal selbst auch eine Waschmaschine habe.
    Eine halbe Stunde später standen sie in der Haustür unten in ›Monikas kleiner Kneipe‹, bereit, dem feinen Nieselregen draußen die Stirn zu bieten. Unter Monikas großem Schirm natürlich. Max hatte die Enden seiner neuen, dunkelblauen Anzughose in die hohen, hellgrünen Gummistiefel gestopft, in denen er Monika manchmal bei der Gartenarbeit hinter ihrem Haus half. Und über das fesche neue Jackett hatte er ein altes, durchsichtiges Regencape von Monika gestreift, das ihm genau betrachtet gut zwei Nummern zu klein war. Monika hatte sich längst abgewöhnt, gegen seine beizeiten mehr als unmöglichen Outfits zu protestieren. Es würde sowieso nur Streit geben. Also nahm sie seinen außerordentlich schlechten bis nicht vorhandenen Geschmack mit buddhistischer Gelassenheit hin und dachte sich ihren Teil. Meistens zumindest.
    Um die restlichen Katergeister aus ihren Köpfen zu vertreiben, entschlossen sie sich, vor ihrem geplanten Danksagungsbesuch bei Giovanni noch einen kleinen Ausnüchterungsspaziergang zu unternehmen. Und so marschierten sie zunächst durch Matsch und Pfützen isaraufwärts, bis zur Holzbrücke seitlich der Floßlände. Dort überquerten sie den mit braunem Schlamm und Regenwasser angefüllten Fluss, beobachteten eine Weile lang mit staunenden Augen die starke Strömung, in der etliche kahle Äste und sogar ein paar ganze Baumstämme flussabwärts trieben, und liefen dann auf der anderen Seite zurück. Am Tierpark vorbei.
    Das erste zarte Grün schmückte schon überall die Büsche und Bäume. Gänseblümchen, Löwenzahn und blühender Bärlauch standen am Wegesrand. Der Winter war endgültig vorbei. Und auch wenn der Himmel im Moment überhaupt nicht danach aussah, der Sommer ließ bestimmt nicht mehr lange auf sich warten. Dann war es endlich wieder so weit. Baden gehen, in den nahe gelegenen Bergen wandern, und die schönen Biergärten in der bayrischen Landeshauptstadt und darum herum besuchen.
    Um kurz vor zehn erreichten sie Giovannis Restaurant. Der Eingang war verschlossen.
    »Nur noch zwei Stunden bis zum Mittagessen. Sie müssten doch längst da sein«, wunderte sich Monika.
    »Wo du recht hast, hast du recht, meine blauäugige Schönheit«, schnurrte Max. »Lass uns zur Rückseite gehen. Da lässt Giovanni meistens auf, wenn er nicht da ist. Damit seine Leute reinkommen.«
    »Okay.« Sie grinste erfreut und etwas verlegen zugleich. Wie immer, wenn er ihr seine kleinen Komplimente machte.
    Als sie hinter dem Haus bei der weit geöffneten Küchentür ankamen, hörten sie drinnen jemanden leise schluchzen und vor sich hinjammern.
    »Hallo, Clara, Giovanni? Seid ihr da?«, rief Max, während er eintrat.
    »Hier bin ich. Helft mir doch!«, bekam er jetzt etwas lauter zur Antwort.
    Clara, dachte er. Hört sich ganz so an, als wäre sie vorne im Gastraum. Merkwürdig. Was ist nur mit ihr? Ist sie gestürzt und kommt nicht mehr hoch? Aber wo ist Giovanni? Der müsste doch bei ihr sein. Sein Auto ist auf jeden Fall da. Langsam, Raintaler. Hier ist Vorsicht geboten. Das Ganze riecht nach Gefahr. Er bedeutete Monika, leise mit ihm an den sauber geputzten Gasherden, Arbeitsplatten und Vorratsregalen der Küche vorbeizuschleichen. Dann kamen sie hinter dem Tresen an. Und blieben wie angewurzelt stehen. Vor ihnen eröffnete sich ein Bild des totalen Chaos. Etliche Tische und Stühle lagen umgeworfen da. Andere standen noch. Dazwischen waren überall Scherben, Blumen

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