Isarbrodeln
Wolldecke zurück. »Wollen Sie gleich ans Ufer oder fahren Sie noch mit bis zur Endstation?«
»Ich fahre weiter«, entschied Franz. »Ich brauche aber dringend einen Schnaps. Mir ist saukalt.«
»Sowieso. Kommt sofort«, entgegnete der Mann vom Ruder.
»Also doch der Franzi. Hab ich’s nicht gesagt? Wie du siehst, habe ich wieder mal recht gehabt, Max.« Josef, der die Rettungsaktion gemeinsam mit Max beobachtet hatte, schaute seinem Vereinskameraden mit einem überlegenen Besserwisserblick ins Gesicht.
»Stimmt, Josef«, erwiderte Max und grinste. »Der gute Herr Wurmdobler schafft es wirklich immer wieder, sich in Schwierigkeiten zu bringen.«
Sie gingen gemeinsam zu Franz hinüber, der inzwischen einen doppelten Obstler in der Hand hielt und gerade zum Trinken ansetzen wollte.
»Schäm dich, Franzi!«, rief Josef. »Sich als Erwachsener derart nass zu machen!«
»Herrschaftszeiten. Wie hast du das bloß wieder geschafft, Herr Hauptkommissar?« Max, der inzwischen zunehmend Mühe hatte, sein Gleichgewicht zu halten, trank einen Schluck aus seinem Maßkrug und schüttelte den Kopf.
»Was weiß denn ich, verdammte Scheiße. Ich stand da vorne am Rand, und auf einmal bin ich ausgerutscht und schon war es passiert.« Franz schluckte zackig seinen Schnaps und bat um einen weiteren.
»Unglaublich. Reicht dir dein blaues Auge denn nicht?« Max konnte nicht mehr anders. Er begann lauthals zu lachen.
Solange, bis das halbe Floß mitlachte – Giovanni möge allen verzeihen – und mit ausgestreckten Fingern auf Franz zeigte. Der ließ sich aber nicht im Geringsten provozieren. Er kuschelte sich in seine warme Decke, während Sandra seine nasse Kleidung auf der Bierbank zum Trocknen ausbreitete, und trank weiter Obstler. Und siehe da. Nach dem fünften Doppelten sah die Welt schon wieder viel rosiger aus.
Um vier Uhr nachmittags war die Endstation München Thalkirchen erreicht. Es hatte keine weiteren Reinfälle in den Isarkanal gegeben, obwohl das wiederum fast an ein Wunder grenzte. Fakt war nämlich, dass einige Vereinskameraden des Verstorbenen eine regelrechte Druckbetankung mit dem auf dem Floß dargebotenen bayrischen Hopfentee vorgenommen hatten und längst außerstande waren, auch nur einen Schritt geradeaus zu gehen. Wie sie es die ganze Zeit über geschafft hatten, nicht wie Franz von Bord zu kippen, konnte sich im Nachhinein niemand erklären. Sie selbst eingeschlossen, vorausgesetzt, sie wären in der Lage gewesen, sich überhaupt noch etwas zu erklären. Zum Beispiel, warum tagsüber die Sonne schien und nachts nicht. Oder warum eins und eins zwingend zwei ergab.
Nachdem alle anderen auf dem Nachhauseweg waren, begleiteten der nasse Franz in seiner Decke, seine fesche Frau Sandra, der lange Georg, der betrunkene Max und die schöne Monika die traurige Clara noch zu ihrer Wohnung. Sie gingen die paar Meter zu Fuß. Es war zwar noch hell, aber es hatte doch merklich abgekühlt, und so legten sie einen Zahn zu, damit sie nicht froren. Als sie vor dem ›Da Giovanni‹ angelangt waren, fragte Clara, ob sie alle noch einen Espresso bei ihr trinken wollten.
»Lieb von dir, Clara«, sagte Max inzwischen gewaltig schwankend. »Aber ich glaube, Moni und ich gehen jetzt besser heim. Ich sehe teilweise schon doppelt, und Moni muss ihren Laden gleich aufsperren. Und dabei werde ich ihr selbstverständlich helfen. Ehrensache. Nach dem ganzen Trubel kann sie meine Hilfe bestimmt bestens gebrauchen.«
»Da muss ich dir ausnahmsweise recht geben, Max«, stimmte ihm Monika zu. »Obwohl. Wenn ich dich so anschaue. Eine große Hilfe wirst du mir heute wohl nicht mehr sein. Vielleicht wollen Franzi, Sandra und Schorsch ja noch einen Kaffee, Clara?«
»Ich hätte gerne einen. Und Sandra bestimmt auch«, meinte Franz immer noch zitternd. »Und umziehen kann ich mich bei dir doch bestimmt auch, oder Clara?«
»Aber sicher, Franzi. Kein Problem.«
»Und ich bin bekanntermaßen sowieso Espressofan«, meinte Georg und hakte sich bei Clara unter.
»Na wunderbar«, freute die sich. »Kommt alle rein.«
»Bis bald, ihr zwei«, wandte sie sich dann noch zum Abschied an Max und Monika. »Und vielen Dank noch mal für eure Hilfe. Max, kann sein, dass dich mein Vater morgen noch mal anruft. Wegen der Suche nach dem Täter. Du kannst ja einfach so tun, als würde dich seine Meinung interessieren. Und wenn er dich dann treffen will, sagst du, dass du keine Zeit hättest, weil du arbeiten müsstest. Okay?«
»Irgendwie in
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