Isarbrodeln
zartgrüne Wälder und zaghaft blühende Fluren den Isarkanal hinuntertrieben. »Hoffentlich trägt dieses Floß uns alle. Nicht dass heute auch noch jemand absäuft. Das wäre wirklich der absolute Abschuss.«
»Keine Angst, Josef. Die Dinger sind absolut stabil.« Georg stand auf einmal hinter ihnen. Sie drehten sich zu ihm um. »Das haben mir alle möglichen Verantwortlichen glaubhaft versichert«, fuhr er fort. »Ihr wisst ja, was für eine Panik ich auf dem Wasser habe, weil ich nicht schwimmen kann. Aber selbst ich traue diesen dicken Fichten hier.« Zum Beweis trat er mit dem Absatz seines rechten Stiefels kräftig auf einen der dicken geschälten Baumstämme unter ihnen.
»Na, wenn der Chef selbst das sagt, muss es ja stimmen.« Josef grinste. Dann hob er seinen Maßkrug und stieß mit seinen beiden Freunden und Vereinskameraden an.
»Absolut super übrigens, Schorsch, wie du Clara geholfen hast. Alleine hätte sie die ganze Organisation in den letzten Tagen bestimmt nicht geschafft«, lobte ihn Max, nachdem sie getrunken hatten.
»Ach, das war doch gar nichts. Das war ich unserem ehemaligen Torschützenkönig doch schuldig. Passt schon.« Georg errötete, sah verlegen zur Seite und trank gleich noch einen Schluck Bier.
»Sieh mal an. Unser Wohltäter wird rot«, neckte ihn Josef. »Ich finde es aber auch super, was du für Giovanni und Clara getan hast, Schorsch«, fuhr er ernst fort. »Und ich denke, wer Gutes tut, soll auch ruhig darüber reden.«
»Finde ich auch, Josef.« Max erhob sich und streckte seinen Krug in die Höhe. »Auf Giovanni und auf unseren guten Schorsch, der das alles hier organisiert hat!«, rief er den Anwesenden entgegen.
»Jawohl. Auf Giovanni. Danke Schorsch! Super!«, kam es gedämpft aus gut fünfzig Mündern zurück.
»Und auf unsere tapfere Clara!« Georg hob sein Glas in Richtung der seit dem Begräbnis unentwegt mit den Tränen kämpfenden Witwe. Dann tranken alle.
Bis kurz vor der Anlegepause bei Straßlach hatte jeder seine zwei bis drei Maß intus, und die Gesellschaft wurde langsam lauter. Die Musiker in ihren dunkelbraunen Hirschledernen und weißen Trachtenhemden waren inzwischen bei italienischen Schlagern aus den Siebzigern und Achtzigern angelangt.
»Ja, Herrschaftszeiten. Jetzt wird es sogar noch lustig, obwohl es so traurig ist«, stellte Josef fest, der, inzwischen schon reichlich angetrunken, neben Clara und Monika saß.
»Mein Giovanni hat sich das auch so gewünscht«, erwiderte Clara. »In seinem Testament steht extra, dass niemand weinen soll. Seine ganzen Freunde sollen lieber ein fröhliches Fest feiern. Aber ich muss trotzdem immerzu weinen.« Sie holte ein frisches Tempotaschentuch aus ihrer Handtasche und schnäuzte kräftig hinein.
»Typisch Giovanni. Er wollte für die anderen immer nur das Beste. Und jetzt will er das sogar noch über den Tod hinaus.« Max war gerade mit frischem Bier bei der kleinen Gruppe angelangt und blickte nachdenklich zum Ufer hinüber. Monika half ihm die Gläser abzustellen, umarmte ihn, gab ihm ein Küsschen und strich ihm wortlos zärtlich über die Wange.
Während sie beim Wirt im Mühltal anlegten, winkte ihnen der kleine, dicke Franz Wurmdobler im dunkelgrauen Anzug mit seiner sportlich schlanken Sandra im schwarzen Minikleid vom Lokal aus zu. Er war gleich nach der Beisetzung noch kurz ins Büro geeilt, um den narbengesichtigen Ganoven zu verhören, den seine Kollegen gestern aus der ›Bar Verona‹ mitgenommen hatten. Aber der hatte kein Wort gesagt. Weder über Giovanni noch über den Verbleib seiner Kumpels. Egal. Wegen versuchten Totschlags an Max kriegen wir dich sowieso dran, hatte sich Franz gesagt, ihn wieder in seine Zelle zurückgeschickt, Sandra abgeholt und war so schnell wie möglich mit ihr im Taxi hierher gefahren.
»Spät kommen sie, doch sie kommen. Servus, Franzi. Hallo, Sandra«, begrüßte Max die beiden leicht lallend, als er sich im Biergarten der bayrischen Traditionsgaststätte neben seinen einseitig blauäugigen Exkollegen und dessen fesche Frau setzte.
Die üppigen Vorspeisen für alle standen schon auf den Tischen bereit. Bayrisch, deftig, gut.
»Ich weiß, ich weiß, Max. Aber ich habe es einfach nicht früher geschafft. Und dann wollte unser Spezi von gestern, der übrigens Mario Albertini heißt, nicht ein Wort reden. Er scheint stumm wie ein Fisch zu sein«, raunte Franz, während er gierig auf den frischen Obatzten in der Mitte des Tisches schielte. »Nicht mal zum Essen
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