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Isartod

Isartod

Titel: Isartod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kämmerer
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Lyoner, Regensburger, Wollwürste, Brühpolnische, Knackwürste, Pfefferbeißer, Kaminwurzen, Chilipeitschen, Bauernseufzer, saure Zipfel, Leberwürste, Blutwürste.
    In der Metzgerei war viel los. Hinter der langen Glasvitrine zählte Dosi fünf Verkäufer. Goldgrube.
    »Was darf’s sein?«
    Sie sah auf. Ein sechster Mann.
    »Äh ja, eine Scheibe Stuttgarter und 200 Gramm Bierschinken.«
    Als sie den Aufschnitt hatte, fragte sie: »Ist der Chef da?«
    »Steht vor Ihnen. Freddi Miller.«
    »Kann ich Sie kurz sprechen? Eine etwas umfangreichere Bestellung. Sie machen auch Partyservice?«
    »Ja. Kommen Sie.«
    Sie gingen nach hinten. Buchhaltungsbüro. Freddi deutete auf einen Stuhl. »Setzen Sie sich. Um wie viele Personen geht’s?«
    »Eine. Graf von Haslbeck. Sagt Ihnen der Name was?«
    »Warum?«
    »Ich bin von der Kripo.«
    »Ausweis.«
    Kriegte er. Dann fragte sie ganz direkt: »Waren Sie gestern auf Burg Waldeck?«
    »Ja.«
    Dosi führte ein kurzes, knackiges Verhör. Die Worte flogen wie Tischtennisbälle hin und her, der Metzger war sich seiner Sache völlig sicher. Er hatte eine Verabredung, konnte aber nicht in den Turm hinauf, wo der Graf abends für gewöhnlich weilte und sich seinen Opern via Kopfhörer widmete und nicht auf Klopfen oder Handy reagierte, sodass Miller angesichts der verschlossenen Tür unverrichteter Dinge wieder abziehen musste.
    Na, die Besprechung war ja jetzt hinfällig geworden. Es wäre um das Catering für das Burgfest Anfang Juni gegangen.
    »Sagen Sie, Herr Miller, im Februar oder März, hatten Sie da auch eine Lieferung? Steckerlfisch und Hendl?«
    »An Haslbeck? Nein. Und Steckerlfisch führen wir nicht. Wieso?«
    »Nur so. Können Sie sich vorstellen, dass er sich selbst hinabgestürzt hat?«
    »Ich weiß nicht. Klar, es gab Gerede wegen der Finanzen. Nein, eigentlich nicht. Der Graf war keiner, der aus dem Fenster springt.«
    Auf dem Weg ins Präsidium dachte Dosi über Miller nach. Interessant. Ziemlich abgebrüht. Aber seine Geschichte klang plausibel. Doch irgendwie war der eine Nummer zu cool. Vielleicht hatte er es schon gewusst?
    Wahrscheinlich war es ganz einfach. Der Graf hatte eine Depression, weil er sich sein schönes Schlösschen nicht mehr leisten konnte, seine Frau war schon im Jenseits, und da beschloss er, sie zu besuchen. Dauerhaft. Der Gedanke war wunderbar einfach und komplett logisch. Aber auch enttäuschend. Wenn gleich der erste Fall gar kein Fall war. Aber irgendwas war faul. Lauter komische Leute. Und sie musste rauskriegen, ob jemand Steckerlfisch im Februar oder März auf die Burg geliefert hatte. Dosi hatte es sich in den Kopf gesetzt, dass die Frau in der Isar vor ihrem Ableben auf der Burg war. Fleischers These von der Streckbank. Wo gibt’s denn so was schon? Am Mittleren Ring merkte sie, dass sie ihre Wurst liegen gelassen hatte. 4,50 Euro so zum Fenster raus!
    NED SO SPIESSIG
    Dosi erstattete Rapport bei ihren Kollegen. Teilweise. Den Gedanken, dass die Burg gar nicht weit entfernt ist vom Fundort der Wasserleiche, behielt sie erst mal für sich. Zankl und Hummel waren gereizt wegen der vielen Hinweise von Leuten, die behaupten, die Frau auf dem Foto gesehen zu haben. Wenigstens lohnte sich Zankls Kontakt zu Gaby. Sie hatte ihm eine Liste mit Agenturen gemailt, die solche speziellen Dienste anboten. Überschaubar.
    »Sehr gut«, sagte Mader, »Ihre Freundin ist sehr hilfsbereit.« Er grinste. »Ich bin gespannt, was die Überprüfung der Agenturen ergibt. Bleiben Sie dran. Hummel, Sie bearbeiten die Hinweise zur Wasserleiche. Doris, Sie recherchieren mal, was dieser Haslbeck so gemacht hat. Aber steigen Sie nicht zu tief ein. Vermutlich ist das ein Selbstmord, sonst nichts.«
    KOSTBARE STUNDE
    Mader dachte nach. Konnte er am besten alleine, also mit Bajazzo. Die wichtigste Zeit eines Arbeitstags war für ihn Mittag. Nicht wegen der Kantine. Nein. Die typische Mittagsstunde sah so aus: Nach dem Essen stieg er mit Bajazzo in die nahe 19er-Tram. Bis zum Max- II -Denkmal im Lehel, dann zu Fuß zur Museumsinsel, über den Kabelsteg, die Isar entlang. Durch die Isarauen bis zur Reichenbachbrücke. In der Fraunhoferstraße in die Tram 27 zum Stachus und zurück ins Büro. Kostbare Stunde. Wertvolle Gedanken. Berufliche und private. Bei jedem Wetter. Bajazzo bewegte sich, machte sein Geschäft, Mader spürte die Sonne, den Regen, den Wind im Gesicht. Es faszinierte ihn immer wieder, wie man mitten in der Großstadt so ganz bei sich sein konnte. Ohne

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