Isartod
lassen. Er kann doch nicht einfach …«
»Patzer, ganz ruhig. Er wird morgen zu mir kommen, ich sprech das alles mit ihm durch, und dann reden wir beide. Ich krieg das hin.«
»Okay. Halt mich auf dem Laufenden.«
ABSPANN
Mader lag auf dem Sofa. Er tanzte mit Catherine in einem Ballsaal. Das Orchester spielte nur für sie. Bajazzo lag zu seinen Füßen eingerollt. Wunderte sich, was sein Herrchen mit den Füßen machte.
Dosi saß vor dem Fernseher mit einer Tüte Paprikachips und trank Weißbier aus der Flasche. Sie sah sich einen Elvis-Film auf DVD an. Elvis bereits leicht übergewichtig in dem Streifen. Gefiel ihr.
Zankl hatte seine Frau zum Abendessen zum Thailänder eingeladen und orderte gerade die zweite Flasche Wein, um sich in Stimmung zu bringen und nachher Conny sein Geschenk zu überreichen. Nuit Noire. Conny sah verstohlen auf die Uhr. Morgen hat sie um acht Uhr Unterricht …
Und Hummel? Na klar.
Liebes Tagebuch,
den ganzen Tag irgendwelche blöden Hinweise von Leuten, die die Frau angeblich schon mal gesehen haben. Zwischen Viechtach und Aschaffenburg. Zur selben Zeit. Na klar. Das ist so ein Phänomen, sobald man ein Fahndungsfoto in der Zeitung hat, mit einer Frau, die einigermaßen hübsch ist.
Mittags war ich mit Zankl auf eine Leberkässemmel am Marienplatz. Ich hatte mir gerade meine weiße 501 mit süßem Senf versaut, und da hab ich Zankl gefragt, ob er noch ein paar Minuten mitkommt zum Hugendubel. »Konkurrenzcheck.« Hat er irgendwie nicht darauf reagiert. Auf das Wort. In den Buchladen ist er aber mitgegangen. Und hat sich gleich lustig gemacht über die Berge von Krimis, die es da gibt. Und über Umschlagtexte wie den hier:
Kröger ermittelte am liebsten allein. Doch der brutale Serienkiller in Berlin bringt Kröger an seine Grenzen. Vierzehn Opfer in den Herrentoiletten der U-Bahn! Warum hinterlässt der Killer am Tatort stets ein Kalenderblatt mit einem Sudoku? Kröger steht vor einem Rätsel, das selbst er nicht lösen kann. Doch da erscheint die attraktive Dagmar Schöne vom Landeskriminalamt …
Und Zankl: »Wahnsinn! U-Bahn-Klo. In Berlin. Eh schon Selbstmord!« Na ja, danach sind wir zurück in die Ettstraße, und ich hab’s ihm gesagt. Leider hat er gleich die K.o.-Frage gestellt: »Wie soll das Buch denn heißen?« Ja, verdammt, wie soll das Buch eigentlich heißen?
Ein guter Titel muss kurz sein. Und alles muss drin sein. Herz, Soul, Fantasie, auch was Grobes, Bodenständiges, eine Prise Intellekt. Letzte Ausfahrt Fröttmaning . Das hat doch was. Das Amerikanische so anzitieren. Wie Shaftlaufe ich als einsamer Detective durch die maroden Kulissen einer zerstörten Vorstadt. Atemlos, wehender Mantel, Magazin leergeschossen, aber kein Gedanke daran, aufzugeben. Ich kann es mir genau vorstellen. Im Schatten der Allianz-Arena. Letzte Ausfahrt Fröttmaning . Das ist wie Musik. Als Soundtrack das Rauschen der nahen Autobahn und Issac Heyes.
WAS HEISST SCHON FALL?
Dosi hatte es nicht länger in ihrer stickigen und lauten Miniwohnung ausgehalten und war bereits im Büro. Als sie mit einem Kaffee vor sich den Rechner hochfuhr, steckte Mader seinen Kopf zur Tür herein.
»Doris, ich hätte da was Schönes für Sie. Frisch reingekommen. Ein Todesfall in Grünwald. Sie können das doch mit den Gespickten.«
Dosi nickte, hocherfreut. Ihr erster Fall! Was heißt schon Fall? Denn der erschloss sich nicht wirklich aus Maders Kurzzusammenfassung: Da war ein Grünwalder Graf aus dem Turmfenster seiner Burg gefallen. Vermutlich Selbstmord. Aber Mader wollte sichergehen, dass kein Fremdverschulden vorlag. Zumal die Haushälterin, die den Burgherrn gefunden hat, jemanden zur möglichen Todeszeit auf dem Burghof gesehen hat. Aber wo was passiert ist, haben die Leute immer was gesehen.
»Warum glauben Sie, dass ich mir einen Selbstmord ansehen soll?«, fragte Dosi.
»So ein Gefühl. Isartal. Die bessere Gesellschaft. Unsere Wasserleiche. Schauen Sie es sich einfach mal an.«
DIE ALTEN RITTERSLEUT
Dosi staunte nicht schlecht, als sie das gewaltige Anwesen von Eduard von Haslbeck sah. Knirschend kam ihr Wagen auf dem Kies des Burghofs zum Stehen. Schroffe Mauern im Schatten des Hangwalds. Fröstelnd zog Dosi den Reißverschluss ihrer Jacke zu und sah sich um. Burg Waldeck war imposant, keine Frage. Ein bisschen der Lack ab. Rissiger Putz, an manchen Stellen blankes Mauerwerk. Ein mächtiger Turm. Dort rot-weiße Bänder. Der Fundort, wo der Hausherr so unglücklich die
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