Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Isartod

Isartod

Titel: Isartod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kämmerer
Vom Netzwerk:
Om. Freiheit und Natur. Trotz des Autorauschens von Straßen und Isarbrücken.
    An der Isar war es so, als wär das alles gar nicht da: das Massige, Wuselnde, Laute. Hier war jeder für sich. Eigene Gedanken, eigene Wirkung, eigene Kraftfelder aus Erfahrungen, Werten, Wünschen. Er sah es jedem an, der ihm entgegenkam. Er spürte es, und es störte ihn nicht. Anders als in der U-Bahn oder der Tram oder der Fußgängerzone, wo sich alles überlagerte, ihn bedrängte.
    Fast Brudermühlbrücke. Erst der Verkehrslärm machte ihn darauf aufmerksam. Er blieb stehen, beobachtete Bajazzo, der im Isarkies durchs flache Wasser tappste. Ja, warm heute. Die Luft war schwer. Vom Schlachthofviertel zog ein süßer Duft herüber. Im Hochsommer lag der Geruch von Fleisch und Blut manchmal bleischwer über dem Viertel.
    GESCHÄFTSLEUTE UNTER SICH
    Patzer saß im Vorzimmer von Anwalt Dr. Robert Steinle. »Fünf Minuten«, hatte seine Sekretärin gesagt. Jetzt waren schon zwölf Minuten um, sagte Patzers Breitling. Er gähnte. Bisschen viel zurzeit. Er sah nach draußen auf die Brienner Straße. Weiche Nachmittagssonne. Drüben am Karolinenplatz warf der Obelisk einen langen Schatten. Eigentlich wollte er noch bei seinem Autohändler am Odeonsplatz vorbeischauen und ein bisschen Stress machen. Sein Aston Martin hatte fast so viele Macken wie früher der Jaguar. Er sah wieder auf die Uhr. 16:17. Verdammt, Steinle konnte ihn doch nicht warten lassen wie irgendeinen seiner Mandanten.
    Endlich öffnete sich die schallisolierte Tür. »Dr. Patzer, Dr. Steinle wäre jetzt so weit«, sagte die alterslose Platinblonde vollständig tonlos.
    Patzer lächelte sie schmal an, sah auf ihre perfekten Beine in den blickdichten silbergrauen Strümpfen. Dann auf ihre Hände. Altersflecken. »Beine dreißig, Hände sechzig«, schoss es ihm durch den Kopf. »Also fünfundvierzig.«
    »Was erheitert dich so?«, fragte Steinle und deutete auf den Sessel vor seinem ausladenden Schreibtisch. »Was darf ich dir anbieten: Kaffee, Cognac, Zigarre?«
    »Danke, nix. Du wolltest, dass ich komme?«
    »Ja, wir müssen reden. Was hast du mit der Sache mit deinem Schwiegervater zu tun?«
    »Nix. Hab ich dir doch schon am Telefon gesagt.«
    »Vorhin hat Freddi angerufen. Die Kripo war bei ihm. Die Hallmeier hat ihn auf der Burg gesehen. Hast du was mit dem Tod vom alten Edi zu tun?«
    »Nein. Aber ich hatte mit dem alten Herrn kürzlich noch eine lebhafte Diskussion gehabt wegen der Geschichte mit der Folterlady. Die vom Burgfest. Er hat mich angerufen. Er war panisch wegen der Zeitung. Ich hab ihm ein bisschen Dampf gemacht. Wegen ISARIA . Aber er war immer noch dagegen. Der sture Hund. Was seine Politikspezln jetzt sicher anders sehen. Wo die Frau aufgetaucht ist.«
    »Ich versteh das schon richtig: Du hast das so eingefädelt? Dass die Leiche auftaucht …«
    »Nein, natürlich nicht. Das ist Künstlerpech. Ich dachte, die Gute geht durchs Wehr und taucht nur noch in Kleinteilen auf. Wenn überhaupt.«
    »Patzer, hör auf, mich zu verarschen. Und als ich dir gesagt habe, dass Edi sein Testament ändern lässt, habe ich nicht gemeint, dass du ihm Freddi schickst, damit der ihn aus dem Turmfenster stürzt! Du hast ihm doch Freddi geschickt?«
    »Nein. Doch. Ja. Aber er musste sowieso zu ihm wegen des Festes. Bei der Gelegenheit sollte er ihm ein bisschen Druck machen.«
    »Ein bisschen Druck …? Jetzt ist er tot!«
    »Freddi hat damit nichts zu tun! Glaub mir. Die Tür war zu. Der Alte hatte sich eingeschlossen. Der Schlüssel steckte innen. Sagt die Polizei.«
    Steinle schmunzelte. »Er sitzt da oben und will sich umbringen, und dann kommt der Killer und kann nicht zur Tür rein.«
    Steinle haute mit der flachen Hand auf den Tisch, dass die Whiskykaraffe klirrte. Lachte laut auf. »Das ist einfach gut! Zu gut!«
    Patzer nickte. »Ja, es ist gut, sehr gut sogar. Seine Tochter erbt jetzt alles.«
    »Die ihren Besitz natürlich von ihrem Mann verwalten lässt.«
    »Selbstverständlich.«
    »Tja, Patzer. Schön wär’s. Ich muss dich leider enttäuschen, er hat sein Testament noch geändert. Er war gestern am späten Nachmittag noch bei mir. Ohne Termin. Sehr in Eile.«
    »Warum hast du mich nicht angerufen?«
    »Was hätte das gebracht? Du hättest es nicht verhindern können. Ich informiere dich jetzt!«
    Patzer beruhigte sich. »Okay, er hat es geändert. Formsache. Du hast ja die Unterlagen.« Er grinste. Steinle auch. Patzer schüttelte langsam den Kopf. »Das

Weitere Kostenlose Bücher