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Isartod

Isartod

Titel: Isartod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kämmerer
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ihn beim Stadion in Fröttmaning. Wo waren Sie gestern Nacht?«
    »In Pasing. In einer Pension. Ich habe auf ihn gewartet.«
    »Und Ihr Mann?«
    »War in Zürich. Geschäftstermin. Er kam heute Vormittag zurück.«
    »Trauen Sie Ihrem Mann so was zu? Mord am Geliebten seiner Frau?«
    »Dazu müsste er eifersüchtig sein. Das ist er nicht. Ich bin die Konvention, die man in diesen Geschäftskreisen vorweisen muss.«
    Mader reichte ihr seine Karte. »Wenn Sie das Bedürfnis haben, mir was zu erzählen.«
    RACHE!
    Katrin war fest entschlossen. Sie wusste, dass ihr Mann dunkle Verbindungen hatte, dass es für ihn ein Leichtes wäre, einen Killer anzuheuern. Katrin brauchte keinen Bratenwender, um sich Zugang zu seinem Arbeitszimmer zu verschaffen, sie hatte einen Schlüssel. Sie durchwühlte seinen Schreibtisch, blätterte durch seinen Kalender. Eine Notiz im Mai stach ihr ins Auge: Steinle 21 76 55 55. Sie kannte Steinles Nummer. Das war sie nicht. Sie tippte die Nummer in Patzers Apparat. Ein blechernes Tonband: »Das Paradise Lost öffnet um neunzehn Uhr und hat bis drei Uhr auf. Sonntag Ruhetag.«
    Sie griff zum Telefon und wählte die Nummer der Auskunft. Kurz darauf hatte sie die Adresse der Kneipe. In Fröttmaning, wo Luigi gefunden wurde. Was machte ihr Mann in der Drecksgegend? Bestimmt nicht mitSteinle einen trinken gehen. Es war sicher ganz einfach: Den richtigen Kontakt kriegte man über die Leute, die sich auskennen mit Kriminellen. Steinle, der oft genug welche verteidigt. Wenn auch eher in einer anderen Liga.
    Katrin ging auf ihr Zimmer und zog sich um. Jetzt musste sie nur noch diesen Abendtermin hinter sich bringen. Häppchen für diese reizenden Banker, bevor sie in die Residenz zu ihrem Empfang weiterzogen. Da würde sie sich ausklinken. Sie hatte schon lange nicht mehr eine so schlimme Migräne wie heute.
    BAYERN 1
    »Du Arschloch!«, fluchte Dosi, als sie in der Abenddämmerung mit ihrem Ford Fiesta nach rechts aufs Bankett ausweichen muss, weil ihr hinter Hohenlinden ein roter Sportwagen mit Lichthupe beim Überholen entgegenkam. Die Wahnsinnigen auf der B 12! Der Schreck hatte sie aus ihren Gedanken gerissen. Aus düsteren Gedanken. Sie machte einen Kurztrip in ihre Vergangenheit. Dorthin, wo man nicht einen kühlen Schattenparkplatz in der Anonymität suchen konnte. Raus aus der Komfortzone. Wobei – wenn sie an Fränky dachte … Da wird auch die Großstadt zum Dorf. Er ließ sie nicht aus den Augen. Und jetzt noch das: Morgen hatte sie in Passau eine Verabredung mit ihrem Exmann. Na, zumindest ihre Eltern würden sich freuen. Sie stellte die Oldiesendung auf Bayern 1 lauter: Eloise in höchsten Tönen. Sie nahm einen großen Schluck aus der Colaflasche, die sie zwischen ihren Oberschenkel geparkt hatte.

PERLE IM MIST
    Paradise Lost. Auch das ist München. Allerletzte Ausfahrt quasi. Die Scheiben des Lokals waren mit schwarzer Folie beklebt. Die warf dicke Blasen. An der Fassade platzte der Putz großflächig ab und würde den Blick freigeben auf grünbraunen Stockschwamm, wenn es nicht schon dunkel wäre. Es war halb elf.
    Außen pfui, innen pfui. Ein stechend-säuerlicher Geruch. Der Boden klebte und war übersät mit Zigarettenstummeln und Scherben. Die Kneipe war locker gefüllt. Stammgäste stellten ihre pockennarbigen Gesichter und tätowierten Unterarme zur Schau. Ausschließlich Männer und fast nur dicke. Aus sarggroßen Boxen, die an massiven Ketten über dem Tresen hingen, dröhnte Motörhead . Lemmys Bassläufe pumpten Blei in den Raum. Schlagzeugtrommelfeuer, schneidende Gitarrenriffs, Lemmys unterirdische Stimme: »Ace of Spades, Ace of Spades …«
    Katrin stand unschlüssig im Windfang und wartete, bis sich ihre Augen an die Dunkelheit und ihre Ohren an den Lärm gewöhnt hatten. Sie nahm ihren Mut zusammen und suchte sich einen Tisch, von dem sie den Gastraum im Blick und niemanden im Rücken hatte. Bedienung gab’s nicht. Wusste sie natürlich nicht. Sie war etwas beunruhigt durch die vielen Augenpaare, die auf sie gerichtet waren. In ihrem beigen Cocktailkleid war sie einen Hauch overdressed.
    Es gibt immer einen Gentleman. Hier war es Jakko, ein tätowierter Schrank in Leder und Nieten. Sein Bierkessel spannte T-Shirt und Weste bedrohlich, seine Pausbackenwaren zwei zu lang gegrillte Scheiben Kalbskäse. Poren wie Granateinschläge.
    Bedächtig durchquerte Jakko den Gastraum. Stoppte vor Katrins Tisch. Sie musterte seine riesigen Hände, die er vor ihr auf der Tischplatte

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