Isartod
besonders Scheußliches aussuchen. Wenn er denn tatsächlich dabei sein sollte.
MAGST A BIER?
»Magst a Bier?«, hatte Hummel Mike im Ampere gefragt.
»Ja, logisch«, hatte Mike geantwortet.
Hummel erledigte das Geschäftliche gleich. Als er die Plastikbecher durch den vollen Laden bugsierte, hatte er bereits ein schlechtes Gewissen. Aber man kann nicht immer nett sein, entschuldigte er sich bei sich selbst. Jetzt stand er vorne am Bühnenrand und sah sich Last Temptation an, eine Jethro-Tull-Reinkarnation. Auf Art-Rock stand Hummel so gar nicht. Aber Mike fuhr voll drauf ab. Technisch war die Band ja nicht schlecht, aber komplett seelenlos. Seele – Soul. Ist halt ein Unterschied. Hummel plagten nicht nur die gniedelnde Musik und sein schlechtes Gewissen, sondern auch seine Blase und sein Darm.Er überlegte, ob er die Becher im Gedränge verwechselt hatte. Er wusste nicht mehr genau, welchen Becher er in der linken Hand und welchen in der rechten gehalten hatte. Das Ziehen im Unterleib war jedenfalls deutlich zu spüren. Was, wenn ihm gleich ein Taifun durch seine Gedärm wirbelte? Geschähe ihm eigentlich recht! Oder war das nur ein psychosomatisches Blubbern?
STREICHELZOO
Vormittags im Präsidium. Hummel schrieb einen Bericht. Dosi trudelte ein.
»Servus, Hummel. Und wie war’s gestern?«
»Ich hab Durchfall.«
»Was?«
»Nur ein Scherz. Alles nach Plan. Zum Glück war das Konzert schon fast vorbei, als es losging. Sonst hätte ich ein noch schlechteres Gewissen.« Er gab ihr das Fläschchen Laxopront.
Sie steckte es mit einem Grinsen ein. »Sehr gut. Ähm, ja, schlechtes Gewissen … Ich bin gestern aus dem Café marschiert, ohne zu zahlen. Sorry, ich war mit meinen Gedanken woanders.« Sie zog einen Zwanziger raus.
Hummel winkte ab. »Lass mal. Nächstes Mal zahlst du. Im Centrale. «
Die Tür von Maders Büro ging auf. Auftritt Zankl. Bestens gelaunt.
»Alles klar bei dir?«, fragte Hummel.
»Ja, danke.« Er deutete mit den Augenbrauen zu Dosi.
Die hatte schon verstanden und nahm ihre Jacke vom Haken. »Ich hab noch was zu erledigen.«
Hummel haute auf den Tisch, als Dosi draußen war. »Hey, Zankl, du bist echt ein Kotzbrocken!«
Zankl schüttelte den Kopf. »Was willst du? Soll jeder wissen, dass ich im August eine dreiwöchige Fertilitätskur mache?«
»Eine was?«
»Eine Kur, die die richtigen Voraussetzungen zum Kinderkriegen schafft, weil offenbar nicht nur ich, sondern auch mein Sperma unter diesem Job, den vielen Überstunden, dem Stress, der schlechten Ernährung leidet. Weil meine Eier im Moment etwas schwach auf der Brust sind und meine Frau unbedingt ein Kind möchte. Ein Wunsch, den ich ihr im Moment nicht erfüllen kann. Soll ich das alles meiner lieben Kollegin auf die Nase binden? Es reicht mir schon, wenn ich bei Mader wegen drei Wochen Urlaub am Stück betteln muss.«
Hummel war ernsthaft erschüttert. »Sorry, ich hatte keine Ahnung.«
»Jetzt hast du eine. Und unser Mimöschen ist beleidigt abgezogen.«
»Wenn Dosi eins nicht ist, dann ein Mimöschen. Du bist echt grob zu ihr. Oft. Meistens.«
»Tut mir leid.«
»Das musst du ihr sagen.«
»Ich weiß. Was machen wir denn jetzt wegen des Burgfests? Geht da was mit deiner Band?«
»Ich versuch’s.«
»Mir wär’s am liebsten, wir machen das ohne Dosi.«
»Mann, Zankl, langsam hab ich keine Lust mehr. Du bist jetzt gefälligst mal nett zu ihr! Das mein ich ernst.«
Zankl brütete dumpf vor sich hin. Als Dosi wieder auftauchte, quetschte er heraus: »Tut mir leid wegen vorhin.Ging nicht gegen dich. Privatsache. Ich geh im August drei Wochen auf Kur. Was Gesundheitliches.«
»Ist okay, du musst mir nix erklären.« Sie sah ihm in die Augen. »Waffenstillstand.«
»Waffenstillstand«, bestätigte Zankl.
»Ich geh mal Kaffee holen«, sagte Dosi. »Wer will noch einen?«
»Danke, ich hab schon«, sagte Hummel.
»Du, Zankl?«
»Ich, äh, ja, gerne. Milch und Zucker.«
Als sie draußen war, dreht sich Zankl zu Hummel. »Himmel, Hummel! Was soll das werden? Sind wir jetzt im Streichelzoo?«
»So, da kommt der Kaffee«, kündigte sich Dosi an. »Wohl bekomm’s!«
»Danke«, murmelte Zankl und trank. Ja, stark war er, der Kaffee.
Zwei Stunden später stöhnte Zankl auf und stürmte zu Tür raus.
Hummel starrte Dosi an. Dann den Kaffeebecher.
Sie sah fragend zurück. »Is was?«
Er schüttelte den Kopf. Kurz darauf war Zankl wieder da. Blass und nassgeschwitzt. »Ich meld mich ab. Durchfall.«
»Na, dann
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