Isartod
Schauer über den Rücken.
»He, if waf?«
Hummel erstarrte. Dieses Lispeln! Der Fette! Jakko! Hummel lächelte ihn an. Jakko lächelte auch.
»Hi. Ftarke Mufik, die ihr macht, ehrlich«, begrüßte Jakko ihn.
»Danke. Danke, ich bin der Hum…, äh, Hubsi. Ich bin der Schlagzeuger. Ich vertret ’nen Freund. Und du passt auf, dass nix passiert? Nicht sehr spannend, was?«
»Aber die Kohle if gut. Wenn man jetft noch rauchen könnte.«
»Es wird doch irgendwo eine Raucherecke geben. Ich lös dich einen Moment ab. Na komm, zisch los.«
»Echt? Hey! Fuper.« Jakko fummelte aus seinem Wams den Tabakbeutel heraus und zog ab.
»Das war fast zu einfach«, dachte Hummel und platzierte sich vor der Tür. Eine Minute stand er da und beobachtete das Treiben auf dem Hof. Niemand nahm Notiz von ihm. Er probierte noch mal Dosis Handynummer. Nichts. Er warf den Rest der Semmel weg und öffnete die schwere Holztür.
Als sie hinter ihm ins Schloss fiel, wurde ihm etwas mulmig. Schummerlicht. Hummel schlich den Gang entlang zu einer großen Flügeltür. Lauschte. Nichts. Öffnete sie. Ein Ächzen, als würde das Gebäude einstürzen. Das Kaminzimmer. Er sah die vielen Gläser. Es roch nach Zigarren und Whisky. Aber wo waren sie hin? Er hatte sie doch reingehen sehen. Plötzlich hörte er ein Geräusch. Ihm blieb fast das Herz stehen. Er drehte sich um und brachte dabei ein Schälchen mit Erdnüssen zu Fall. Mit einem lauten Klirren zerplatzte es auf dem Steinboden. Hummel erstarrte.
SCHNAPSIDEE (20:51)
Dosi hielt den Atem an. Was war das? Sie war von dem Klirren aufgewacht. Alle Glieder schmerzten. Wäre die Situation nicht so unangenehm, hätte sie fast was Komisches. Dosi steckte fest, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie atmete flach, der Schweiß lief ihr an der Stirn hinab, sie musste aufs Klo.
Jetzt hörte sie das Quietschen der schweren Holztür des Kaminzimmers, das Schloss schnappte zu. Höchste Zeit, hier rauszukommen! Sie drückte gegen die spanische Tür. Die klemmte und war erstaunlich stabil. Eine Panikwelle durchlief ihren Körper. Sie holte ihr Handy aus der Schürze. Sie musste Hummel zu Hilfe holen. Kein Empfang. »Cool bleiben, Dosi!«, sagte sie sich. Sie ließ das Display aufleuchten und strahlte die Fuge der Tür an. Im blauen Licht sah sie den Schnappverschluss. Jetzt verstand sie. Mit Druck ging die Tür nicht auf. Sie zog den Bauch ein und den Türrahmen zu sich heran und ließ ihn zurückschnalzen. Ohne Widerstand schwang die Tür auf. Dosi verlor das Gleichgewicht, stolperte nach vorn ins Kaminzimmer und blieb einen Moment benommen auf dem dicken Teppich liegen.
UNTER KUTTEN (20:53)
Hummel war gar nicht weit entfernt, nur ein paar Räume weiter. Auch der große Burgsaal war leer. Er schloss die Augen, drehte sich, bis er sicher war, und horchte. Ja, Stimmen. Die schmale Tür. Er horchte am Türblatt. Die Tür ließ sich geräuschlos öffnen.
Stufen hinab in ein Gewölbe. Für einen Weinkellerdeutlich zu warm. Er stieg die steile Treppe hinab und sah in dem Kellergewölbe einen großen runden Tisch, um den zehn Personen saßen. Sie waren in schwarze Kutten gehüllt. Wie ein Geheimbund. Fasziniert sah Hummel nach unten. Er war keine fünf Meter Luftlinie vom Tisch entfernt, zwei Meter über dem Boden auf einem Treppenabsatz. Er drückte sich in eine Wandnische. Punktstrahler beleuchteten die Tischplatte.
Eine der Kutten hat das Wort. »Meine lieben Freunde. Nach unserem kleinen Aperitif freue ich mich, dass wir die von Graf von Haslbeck initiierte Tradition der Großen Zehn weiterpflegen. Ich werde von nun an den Vorsitz übernehmen und darf euch versprechen, dass die grundlegenden Absprachen weiterhin Bestand haben. Ich komme damit zum ersten und wichtigsten Tagesordnungspunkt: ISARIA . Die Finanzierung steht, aber die Araber wollen eine definitive Entscheidung, sonst ziehen sie ihr Angebot zurück. Sie sitzen draußen in ihrem Beduinenzelt und warten auf unsere Ansage. Dann unterschreiben sie.«
»Ich kann keine definitive Zusage geben«, bemerkte einer der Angesprochenen. »Das wird ganz simpel laufen. Der Bund Naturschutz mobilisiert alles, was er hat, um das zu verhindern, sobald es öffentlich wird. Und dann wird sich der Herr Umweltminister genau überlegen, was er tut, wenn er wiedergewählt werden will.«
»Dann gibt es folgende Möglichkeit: Wir finanzieren im Gegenzug ein Umweltschutzprojekt woanders im Landkreis München. Im Perlacher Forst gibt es ein Waldstück, auf dem früher
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