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Isartod

Isartod

Titel: Isartod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Kämmerer
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grellen Himmel. Kinder rannten durch den sprühenden Regenbogen. Autofahrer hupten wild, das Ozon raubte ihnen den Verstand. Aus der S-Bahn quollen durchgeschwitzte Menschen. Die Obststände bewarben »Deutsche Erdbeeren!«. Aus Polen hingegen die Pfifferlinge. Die Kaufingerstraße war voll wie die Budengassen auf dem Oktoberfest.
    Wer schlau war, ging zum Baden, wie Zankl, der seine Frau tatsächlich glücklich gemacht hatte mit der Handtasche und jetzt um ein Uhr vor der Autobahnausfahrt Starnberg im Stau stand. Geschätzte vierzig Grad. Aber er war guter Dinge, und Connys Hand lag auf seinem nackten Oberschenkel. Alles war gut.
    Mader packte um zwei seine Sachen zusammen, um nach Waldeck aufzubrechen. Er nahm die Trambahn nach Grünwald. Die Hallmeier wollte ihn an der Endhaltestelle abholen. Als er ihr gesagt hatte, warum er bei dem Fest dabei sein wollte, war sie sehr angetan. Die Bürger lieben es, wenn sich die Polizei für ihre Interessen einsetzt. Mader hatte ihr natürlich nicht gesagt, dass Haslbecks Tod für ihn eindeutig in die Kategorie Selbstmord fiel und dass sie viel mehr an Patzer und seinen Geschäften interessiert waren. Aber das hing ja alles irgendwie zusammen.
    Hummel hatte um halb drei erfolgreich den Soundcheck absolviert und saß jetzt mit den anderen am Bühnenrand. Er trank Wasser, um einen klaren Kopf zu behalten. Wobei ein eiskaltes Bier jetzt eigentlich die richtige Belohnung für die schweißtreibende Aufbauarbeitgewesen wäre. Aber er war ja nicht zum Vergnügen hier.
    Dosi hatte sich während des Soundchecks schon ein bisschen mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht. Sie hatte sich Hummels Halstuch ausgeliehen und es zum Kopftuch umfunktioniert. Ihre roten Haare waren doch ein bisschen auffällig. Aber von Patzer war momentan weit und breit nichts zu sehen. Doch sie musste auf der Hut sein.
    Patzer und Steinle waren bestens gelaunt. Die Gespräche mit den Scheichs in dem eiskalt temperierten Besprechungsraum im Bayerischen Hof waren hervorragend gelaufen. Sie traten gerade auf den brütend heißen Promenadeplatz hinaus. Der Aston Martin stand bereit. Sie stiegen ein, und Patzer ließ den Motor aufheulen.
    FESTLICH (16:39)
    Das Fest war in vollem Gange. Die Luft war erfüllt mit dem Duft von Gegrilltem, dem Klacken der Steinkrüge und einem rauschenden Stimmengewirr. Gaukler zeigten ihre Kunststücke, ein Feuerschlucker jagte Flammen hoch in den Himmel. Die Band hatte gerade Pause. Irgendwo leierte ein Leierkasten. Vor zehn Minuten war die arabische Delegation eingetroffen. Patzer hatte sie über den Hof zur Turnierwiese geführt, wo sie in einem großen Zelt ein gewaltiges Büfett erwartete. Steinle war ganz in schwarzem Samt erschienen, Patzer trug Hermelinweiß.
    ALLE WASSER (18:35)
    »Mann, Dosi, das ist ein Knochenbrecherjob«, sagte Hummel zu Dosi nach dem zweiten Set.
    »Nicht nur auf der Bühne«, antwortete Dosi. »Hier gibt’s Gäste, die willst du nicht wirklich treffen. Komm, wir sehen uns jetzt mal um. Mich interessiert das Arbeitszimmer vom alten Haslbeck.«
    »Willst du wieder das Schloss knacken wie bei der Metzgerei?«, fragte Hummel.
    »Wir knacken heute gar nichts. Ich hab einen Schlüssel. Frag mich nicht, woher, okay?«
    Der Wohntrakt war ein bisschen abgelegen. Hier waren keine Gäste. Dosi sperrte die Eingangstür auf, und sie verschwanden beide in dem zweistöckigen Gebäude.
    »Ich hab zehn Minuten«, sagte Hummel, »dann muss ich wieder auf die Bühne.«
    Sie gingen durch die Zimmer, die erstaunlich zurückhaltend eingerichtet waren. Kein Prunk, sondern sehr bodenständig, fast wie in einem Bauernhaus. Helles Holz, Parkett und gekalkte Wände. Im Luxus hatte der Graf ganz offensichtlich nicht gelebt. Sie betraten das Arbeitszimmer. Auch hier alles ordentlich. Dosi setzte sich an den Schreibtisch und zog die Schublade auf. Hummel checkte währenddessen die Regale mit den Leitz-Ordnern. Dosi fand in der Schreibtischschublade nur ein paar Briefe, Rechnungen, ein Etui mit einem schönen Füller, einen Siegelring und Siegellack. Ein Notizbuch. Sie blätterte darin. Ein paar Telefonnummern. Nur Vornamen. Vielleicht interessant. Dosi steckte es in die Schürze.
    »Und, hast du was?«, fragte Hummel.
    »Nein, ich glaub, hier erfahren wir nichts.«
    SPANISCH (18:55)
    Dosi suchte sich ein stilles Plätzchen und studierte das Notizbuch. Ein Namenskürzel verwunderte sie: EVH . Eduard von Haslbeck? Daneben mehrere Nummern und ein Name: Katrin-Amalie. Hieß seine Tochter

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