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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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hatten sich auf dem Rückweg vom Rosengarten ganz auf ihr Gespräch konzentriert. Der weiße Marmorstaub, der Haare, Gesichter und Kleidung mit einer feinen Schicht bedeckte, war ihnen gar nicht aufgefallen.
    Goel hatte Yonathan erklärt, warum Haschevet den weißen Rosen von Aschereis Strauch nichts anhaben konnte. »Beide sind Schöpfungen Yehwohs, Werke des Lichts«, hatte der alte Mann erklärt. »So wie ein Licht ein anderes nur verstärken kann, so kann sich das Koach nicht gegen irgendeine andere Äußerung der göttlichen Macht wenden. Außerdem habe ich dir die Rosen feierlich übergeben. Sie sind unzerstörbar, solange du lebst.«
    »Und das Gleiche gilt, wenn ich sie jemand anderem anvertraue?«
    »So ist es.«
    »Aber wie können mir die Rosen dabei helfen, die sechs Augen Bar-Hazzats unschädlich zu machen?«
    »Das musst du selbst herausfinden, Geschan.«
    »Vielen Dank für die Hilfe.«
    »Was ›Hilfe‹ anbelangt, vermute ich doch, dass diese schon auf dem Weg hierher ist.«
    »Du weißt von Gimbar und Felin?«
    »Sagen wir, ich habe es geahnt.«
    Viel mehr war auf dem Heimweg nicht aus dem alten Richter herauszubekommen. Yonathan hatte über alldem völlig Bithyas Sinn für Sauberkeit und Ordnung vergessen, was nicht ohne Folgen geblieben war. Das Mädchen half dem alten Sorgan und seiner Frau Balina bei den täglichen Arbeiten, die in und um das Haus der Richter Neschans anfielen. Sie tat es freiwillig, und manchmal glaubte Yonathan, nur deshalb, um ihn herumdirigieren zu können.
    Bald nach dem Mittagessen traf Gimbar ein. Yonathan freute sich jedes Mal sehr seinen alten Gefährten wieder zu sehen, der ihn vor Jahren auf der Reise zum Garten der Weisheit begleitet hatte. Da die Geschichte dieses Abenteuers mittlerweile Gegenstand vieler Lieder und Erzählungen geworden war, kannte auf Neschan inzwischen jedes Kind den kleinen, muskulösen Mann, der seine ersten dreiundzwanzig Lebensjahre unter Piraten verbracht hatte. Zudem war er der einzige Mensch, der sich zweier Leben erfreuen durfte: Ein Pfeil der Häscher Sethurs hatte ihn damals getötet, als er sich schützend vor Yonathan warf. Doch die Kraft Haschevets hatte ihn wieder aus dem Todesschlaf zurückgeholt. Seit dieser Zeit trug Gimbar das Mal Haschevets auf der Brust, ein eingebranntes Adlergesicht.
    »Wie geht es Schelima und den Kindern?«, begrüßte Yonathan den jungen dunkelhaarigen Mann mit der auffallenden Hakennase.
    »Prächtig!«, antwortete Gimbar und zeigte sein strahlendes Lächeln. »Meine Frau blüht schöner als jede Blume, der kleine Schelibar erprobt zur Zeit die nervliche Belastbarkeit seines Vaters mit nächtlichen Lärmattacken, und meine Große, Aischa, lernt gerade, wie man in Farbtröge steigt und über Stoffballen wandelt.«
    »Das Familienleben ist wirklich ein Segen!«
    »Ich wusste, dass du kein Mitleid mit mir haben würdest.«
    Etwa zwei Stunden später erreichte auch Felin das Haus der Richter. Er hatte sich kaum verändert: Sein hochgewachsener schlanker Körper bewegte sich noch mit derselben Geschmeidigkeit, die Yonathan schon immer an ihm bewundert hatte; an seinem Sattel hing der alte Langbogen und auf dem Rücken trug er das mächtige Schwert Bar-Schevet, das längst schon genauso zu ihm gehörte wie seine traurigen Augen.
    Das Wiedersehen mit dem Sohn des cedanischen Kaisers Zirgis versetzte Yonathan in eine ganz besondere Hochstimmung. Dies bedeutete aber nicht, dass er die Freundschaft Gimbars weniger schätzte. Der Freund wohnte sozusagen in unmittelbarer Nachbarschaft des Gartens, sodass man sich mehrmals im Jahr sehen konnte. Den schweigsamen Prinzen dagegen hatte Yonathan nicht mehr zu Gesicht bekommen, seit Gimbar vor drei Jahren Schelima geheiratet und die Leitung von Baltans Handelskontor in Ganor übernommen hatte.
    »So fügt sich denn alles zusammen«, sagte Goel, nachdem Yonathan und Felin sich umarmt und eine Weile einfach nur dagestanden waren, schweigend, als wollten sie sich von der Gegenwart des anderen völlig durchdringen lassen.
    Felin blickte Goel fragend an.
    »Erinnert ihr euch nicht mehr?« Der sechste Richter lächelte geheimnisvoll. »Damals, als ihr drei zusammen mit Yomi und Yehsir in den Garten der Weisheit kamt, erhielt jeder von euch eine Berufung.«
    »Ich kann mich noch sehr gut entsinnen«, warf Gimbar ein. »Als wäre es gestern gewesen. ›Diene Yehwoh und seinem siebten Richter, denn das ist, was dir bestimmt wurde‹, hattet Ihr zu mir gesagt.«
    Felin nickte.

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