Isau, Ralf - Neschan 03
Schlacht schon gefordert hatte.
»Wir müssen etwas unternehmen, Garmok!«, schrie Yonathan gegen die brausende Luft an. »Wie steht es mit deinem unüberwindlichen Drachenfeuer? Kannst du etwas für die Stadt tun?«
Da Garmok sein Tempo gedrosselt hatte und nun hoch über der Stadt kreiste, verstand er die Frage gut. Er lachte, dass man glauben konnte, er müsse Geröll hervorwürgen. Ungestüm warf er den Kopf zurück und dröhnte: »Ich werde ihnen gehörig einheizen! Ein ganz besonderer Tag wird dies werden. Wart’s nur ab.«
Zuerst säuberte Garmok den Himmel über der Stadt. Durch seinen Körperumfang war er zwar nicht so manövrierfähig wie die fliegenden Ungeheuer Temánahs, aber dafür reichte das Drachenfeuer sehr weit. Der lange, bewegliche Hals Garmoks richtete sich immer wieder auf neue Luftkämpfer und sein feuriger Atem verwandelte die Widersacher in zu Boden stürzende Fackeln. Dabei ließ es sich nicht vermeiden, dass weitere Brände in der Stadt entstanden, aber die Bevölkerung jubelte trotzdem, als sie der unerwarteten Hilfe gewahr wurde.
Temánahs Luftstreitkräfte existierten bald nicht mehr. Nur wenige der üblen Wesen hatten entkommen können. Garmok suchte sich deshalb unter dem Fußvolk des Südreiches ein neues Betätigungsfeld. Er ging zum Tiefflug über.
Selbst Gimbar hatte inzwischen bemerkt, dass die ungewöhnlichen Manöver des Drachen kein normaler Landeanflug sein konnten. Wie auch die anderen Gefährten reckte er den Kopf aus dem Reisesack und verfolgte das unglaubliche Geschehen. Garmok fegte die Heerscharen mit seinen Flammen hinweg, eine Feuerwalze donnerte über den Boden. Im Kreise fliegend nahm er immer dieselbe Route: Beim Osttor, wo kurz zuvor Bomas gestorben war, versengte er einige der wild kreischenden Südländer, flussabwärts schwebend steckte er ein paar Schiffe in Brand, um beim Westtor die nächste Gruppe von Feinden einzuäschern. Dann fing er seine Runde wieder von vorne an.
Allmählich lichteten sich die Reihen Temánahs. Die Südländer zogen sich zurück, oder besser: Sie flüchteten in Panik. Viele Kämpfer wurden von Garmok direkt in die Sümpfe getrieben – sie sollten nie mehr daraus auftauchen. Im Osten Cedanors gab es bald keine Gegner mehr, und von den Zinnen der Westmauer aus konnte man mitverfolgen, wie ein Teil des Angriffsheeres nach Südwesten strebte, um sich zu sammeln. Der Ring der Belagerer war dank der Hilfe des Drachen stark ausgedünnt.
»Ich glaube, das reicht vorerst«, bremste Yonathan Garmoks Eifer, indem er sich wieder der Gedankensprache bediente.
»Ist es Unzufriedenheit, die dich mir Einhalt gebieten lässt?«, erkundigte sich der Drache besorgt.
»Nein, Garmok. Du hast getan, was getan werden musste. Temánahs Generäle wissen jetzt – und das sollte sie eine Weile beschäftigen –, dass sie gegen ein allesverzehrendes Drachenfeuer kämpfen müssen.«
»Nein, nicht alles vermag es zu zerstören: Du hast die Rose Aschereis vergessen.«
Yonathan lächelte. »Das ist richtig, Garmok. Aber wir müssen wohl nicht befürchten, dass uns das Südlandheer mit Blumen bewerfen wird. Bring uns nun rasch zum Palastberg.«
Als Garmok über dem Sedin-Palast kreiste, meldeten sich seine Gedanken erneut.
»Gutes Festhalten wird vonnöten sein!«
»Willst du damit andeuten, dass wir gehörig durchgeschüttelt werden können?«, erkundigte sich Yonathan vorsichtig.
»Mit solcher Bequemlichkeit wie beim letzten Mal kann die Landung jedenfalls nicht erfolgen. Der Park auf dem Palastberg ist von geringer Größe. Das erfordert eine andere Landetechnik.«
»Ich ahne Schlimmes. Gebrauche bitte deine Stimme, um die anderen zu warnen.«
Garmok rief, wie gewünscht, seinen übrigen Passagieren einige Sicherheitshinweise zu. Dann setzte er zur Landung an. In einer weiten Schleife näherte er sich dem Palastberg und schoss mit beängstigender Geschwindigkeit auf den Großen Kubus zu. Beim Absacken hinter der Palastmauer entwurzelte er zwei ehrwürdige Kastanien. Erschreckte Menschen rannten davon oder warfen sich bäuchlings zu Boden. Dicht vor dem würfelförmigen Hauptgebäude stemmte sich der Drache mit weit ausgebreiteten Schwingen in den Wind. Den langen Hals hochgereckt, die Klauen zum Aufsetzen bereit, begannen seine riesigen Flügel im schnellen Rhythmus zu schlagen – Helme, eiserne Schilde und anderes Kriegsgerät wirbelten wie Herbstlaub durch den Park. Die von dem heftigen Abbremsmanöver schon arg gebeutelten Drachenreiter
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