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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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unterhalten: das Wissen zweier Welten, Mut, Entschlossenheit und Glauben. Er versetzte die Luftmassen zur richtigen Zeit in Drehung, noch bevor sie selbst es aus eigener Kraft vermochten. Er lenkte sie und umfing sie mit unsichtbaren Händen, ehe sie wild davonwirbeln konnten. Und er benutzte sie als Schild und als mächtige Waffe, bevor sie selbst ihr blindes Zerstörungswerk antraten.
    Das Auge des Sturms befand sich unmittelbar über dem Stab. Nur eine frische Brise bewegte die Regenumhänge der drei Gefährten, die Hautfalten Din-Mikkiths und das Gefieder seines eingeschüchterten Papageis. Der Himmel über ihnen war blau. Chaos dagegen tobte im Umkreis von nur wenigen hundert Fuß. Eisige Hagelschauer schlugen auf den Glühenden Berg und seinen Wächter. Die feurige Gestalt war das einzige Licht in dem nachtschwarzen Zyklon und das Leuchten wurde schwächer.
    Yonathan bemerkte, dass der Wächter langsamer vorrückte. Bald fielen die vorher zornig stampfenden Schritte schwerfällig und tappend aus. Schließlich blieb der Hüter stehen. Er war klein geworden, kleiner noch als Din-Mikkith.
    Keuchend zügelte Yonathan den Strom der Kraft, die er quälend lange in den Stab hatte fließen lassen. Er verschloss das Loch in den Wolken und ließ den Wirbelsturm frei. Ohne die Zufuhr frischer Kaltluft verlor er schnell an Wildheit und löste sich nach einer kurzen Phase des Wütens westlich des Glühenden Berges auf.
    Es regnete noch immer, aber mit der für diese Tageszeit angemessenen Stärke. Yonathan war auf die Knie niedergesunken. Erst jetzt spürte er, wie viel Kraft ihn der Sturm wirklich gekostet hatte. Vor seinen Augen tanzten leuchtende Punkte. Sein Atem ging schwer.
    »Was ist mit dem Wächter«, brachte er schließlich hervor. »Ist er…?«
    »Nichts weiter, nur eine Bimssteinpuppe«, rief ihm Yomi aus einiger Entfernung zu.
    Yonathan warf den Kopf hoch und erkannte die schwarze Figur in Yomis Armen. Es sah wirklich aus, als trüge der Seemann ein Spielzeug, nicht größer als ein vierjähriges Kind.
    »Yo!«, schrie er aus voller Kehle. »Was machst du da? Lass sofort die Finger davon!«
    »Yonathan«, erwiderte Yomi in einem leicht beleidigten Tonfall. Er stand vielleicht hundertfünfzig Fuß von den Gefährten entfernt, aber seine Stimme trug am Berghang erstaunlich weit. »Ich bin doch kein kleiner Junge, dem man ein Spielzeug verbieten muss. Das Ding hier ist unheimlich harmlos, glaub mir.«
    Noch während Yomi die Ungefährlichkeit des erstarrten Hüters pries, begann sich ein roter Fleck über dem Herzen der »Puppe« zu bilden.
    »Sofort weg damit, Yomi! Und dann komm her!«, rief Yonathan. Er quälte sich auf die Beine.
    Der Seemann beeilte sich nun der Aufforderung nachzukommen. Mit einem Ruck setzte er die schwarze Figur ab, sodass sie umstürzte. Ihr linker Arm brach dabei ab.
    »Sie ist auf einmal unheimlich heiß geworden«, entschuldigte er seine Ungeschicklichkeit.
    »Schon gut. Geh endlich zurück, schnell«, drängte Yonathan, während er selbst auf sie zueilte. Ein karminroter, zäher Strom ergoss sich aus ihrem Armstumpf. Als Yonathan seinen Freund erreichte, schob er ihn in Richtung auf das Versteck der Gefährten und rief: »Bleibt alle hinter den Felsen. Der Kampf ist noch nicht vorbei.«
    Der Stabträger ließ wieder die blaue Aura aufleuchten. Der eisige Wirbelsturm hatte den Wächter zwar erkalten lassen, aber das Auge lebte noch immer. Es würde ihn innerhalb kürzester Zeit wiedererwecken. Yonathan musste schnell handeln.
    Mit erhobenem Stab taumelte er auf die Figur zu, die erneut zu glühen begonnen hatte, aber ruhig dalag. Noch einmal brauche ich Kraft, flehte er; aber er stolperte und fiel hin. Während Yonathan sich aufraffte, sah er, wie die glühende Figur sich bewegte.
    Der abgebrochene Arm war nachgewachsen, oder besser: nachgeflossen. Sie erhob sich – schwerfällig; die Glut strahlte Hitze ab und die Luft waberte um sie herum.
    Alles, was er an Energie besaß, sammelte Yonathan für den letzten Kraftakt. Kein Feuerball diesmal, beschwor er sich selbst. Nur jetzt kannst du ihm nahe genug kommen. Endlich stand er schwankend vor der kleinen Gestalt. Sie schien zu ihm aufzublicken, wirkte nun fast wie ein schutzloses Kind. Ein stummer Hilferuf drang zu Yonathan, ein Gefühl des Mitleids hemmte seine Entschlossenheit. Er zögerte, machte sich klar, dass auch dies nur eine List des Auges war.
    Dann blähte sich die blaue Aura um den Richter und der Stab sauste

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