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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Sethurs Worten überhaupt nicht, aber Bar-Hazzat wartete, und mit jedem Augenblick, der verstrich, wurde die Gefahr entdeckt zu werden größer. So nickte er nur, legte seine ganze Kraft in die Erwiderung des Händedrucks und deutete mit dem Kopf den Gang hinauf.
    Die Wache am Ende der dritten Halle erwies sich als besonders starrköpfig. Es war nur ein einziger Mann, aber er hatte das Gewicht von dreien. Yonathan schätzte die Größe des Soldaten auf neun Fuß.
    »Nein«, sagte der Hüne zum wiederholten Mal. Sethur hatte bereits die ganze Litanei abgespult, die bei den anderen Wachen so wunderbar funktioniert hatte.
    »Ich verstehe ja Euren Befehl«, versuchte Bar-Hazzats oberster Jäger es jetzt auf die einfühlsame Art, »aber es nützt nichts, wenn ich allein zu Ihm hinaufgehe. Mein Begleiter hier hat wichtige Informationen über den siebten Richter. Er kennt ihn so genau wie kein Zweiter. Nur er kann Ihm das geben, was Er benötigt.«
    »Ich habe keinen Befehl«, antwortete der Riese stur.
    »Kann er lesen?«, flüsterte Yonathan Sethur ins Ohr, ohne den Blick von dem waffenstarrenden Riesen zu nehmen.
    Sethur drehte sich irritiert zu Yonathan um. »Kann ich mir nicht vorstellen. Aber wieso…«
    »Ich habe hier den Befehl, den Ihr braucht«, sagte Yonathan zu dem unerbittlichen Wachmann. Er zog unter seinem grünen Umhang ein zusammengerolltes Stück Pergament hervor und streckte es ihm entgegen.
    Dieser jedoch starrte geraume Zeit auf das Schriftstück, ohne sich recht entscheiden zu können, ob er es berühren sollte oder lieber nicht.
    »Nehmt es ruhig und schaut es Euch an«, ermunterte Yonathan den Riesen.
    Zögernd hob dieser die Hand, griff nach dem Pergament und entrollte es mit ungeschickten Fingern.
    Yonathan war sich sicher, dass der Mann wirklich nicht lesen konnte, aber bei diesem Schriftstück spielte das auch keine Rolle. Goel hatte es ihm beim Abschied aus Gan Mischpad überreicht und seitdem hatte er sich immer wieder gefragt, wozu es ihm wohl einmal nützen könnte. Jetzt wusste er es. Äußerlich unbeteiligt beobachtete Yonathan die Wirkung des wundersamen Schreibens.
    Der Wächter stand da wie angewurzelt. Nur seine Augen bewegten sich, verfolgten die Zeilen langsam und gründlich. Nach einer Weile wendete er das Blatt und wiederholte die Prozedur auf der Rückseite. Wenig später drehte er das Pergament erneut herum und setzte sein Studium fort. Diese Beschäftigung nahm ihn so sehr in Anspruch, dass er alles um sich herum vergaß – er ließ seinen Blick über die Seite wandern, drehte das Blatt- und so weiter und so weiter.
    Sethur schaute Yonathan ungläubig an, aber der zwinkerte nur mit dem rechten Auge und wies mit dem Kopf in den Gang hinein. Ungehindert schlüpften sie an dem Wachmann vorbei, der gerade auf Seite dreiundvierzig des Passierscheins angelangt war.
    Nun wurde der Gang steiler, die Windung enger. Es gab Abzweigungen, in die Sethur hin und wieder einbog. Bald hatte Yonathan jede Orientierung verloren. Diesen Weg konnten sich wohl nur wenige merken – vermutlich durften und wollten ihn auch nur wenige gehen.
    Gerade öffnete Sethur wieder eine verborgene Tür, die sich mittels eines geheimnisvollen Mechanismus zur Seite schieben ließ. Dies war nicht der erste Durchgang dieser Art, aber Yonathan hoffte inständig, dass es der letzte sein würde. Seine Beine schmerzten von dem langen Anstieg, die lastende Atmosphäre im Schwarzen Turm bedrückte ihn. Er wollte endlich die Auseinandersetzung mit Bar-Hazzat. Auch wenn er immer noch nicht genau wusste, wie er den dunklen Herrscher besiegen konnte, hatte er das Warten doch gründlich satt.
    Mit einem Mal endete der Gang. Sethur blieb stehen und zeigte schweigend auf die schwarze Wand, in die eine sechseckige Tür eingelassen war. Dahinter befindet sich das Turmzimmer, sollte diese Geste wohl heißen. Und dann nickte er auffordernd: Bist du bereit, Yonathan?
    Yonathan antwortete ihm stumm in der gleichen Weise: Ich bin bereit.
    Der Flur vor dem höchsten Raum Neschans wurde von einem blassen, rötlichen Schimmer beleuchtet, dessen Quelle nicht auszumachen war. Das schwache Licht spielte auf der großen sechseckigen Platte aus glattem schwarzem Lavagestein, die sich deutlich von der rauen Wand abzeichnete.
    Sethur stellte sich genau davor und bedeutete Yonathan, was zu tun war: Wenn die Tür aufschwingt, dann tauschen wir die Plätze.
    Yonathan nickte abermals. Sie hatten alles durchgesprochen. Bis zu dieser Tür wusste er,

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